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23. März 2021 0 Von Patchis Books

Achtung! Band 2 einer mehrteiligen Reihe. Spoiler zum Vorgänger sind möglich.
» hier « geht’s zur Rezension zum ersten Teil.

DIE CHRONIKEN VON ALICE
– die schwarze Königin –
Christina Henry
Übersetzer: Sigrun Zühlke
Fantasy || Horror
Band 1 von 6
336 Seiten
31. August 2020
Penhaligon Verlag
Hardcover
18,00€
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#werbung #rezensionsexemplar

Alice hat den Kampf gegen den Wahnsinn gewonnen – vorerst. Sie hat die Schandtaten des Kaninchens sowie den Blutdurst des Jabberwocks überlebt und will nun ein Versprechen einlösen: Jenny, die Tochter ihres Freundes Hatcher, zu finden. Doch Alice und Hatcher erwartet der nächste Albtraum. Sie müssen in das Reich der verrückten Weißen Königin vordringen, wo das wahre Spiel um das finstere Wunderland bereits begonnen hat. Jeder Zug führt Alice näher an ihre Bestimmung. Aber damit sie als Siegerin hervorgeht, muss sie nicht nur ihre neuen Kräfte zu beherrschen lernen, sondern herausfinden, was mit der rätselhaften Schwarzen Königin geschehen ist ..

(c) by Penhaligon

Dieser Nachfolger musste verhältnismäßig lange darauf warten, von mir gelesen zu werden. Doch wie es oft der Fall ist, so wollte ich auch hier in der entsprechenden Stimmung sein. Ich weiß noch genau, wie eigen Band 1 war und das zum falschen Zeitpunkt zu lesen, wäre einfach fatal für diese Rezension gewesen. Nun aber verlangte mein innerer Monk nach einer gruseligen, außergewöhnlichen und verworrenen Geschichte und da war ich mir sicher: nichts passt besser als die Chroniken von Alice. Ob meine Erwartungen erfüllt wurden, oder ob dieser Nachfolger doch hinter dem Reihen-Auftakt zurückbleibt, und noch vieles mehr, verrate ich euch jetzt in aller Ausführlichkeit. Falls ihr also neugierig seid, bleibt gerne dran. Viel Spaß. ♥

Der Einstieg in diese düstere Welt macht schon deutlich, wieso sich diese Märchen-Adaption so sehr von dem, was ich bisher so gelesen habe, anhebt. Der Schreibstil von Christina Henry ist eine gelungene Mischung aus kindlicher Naivität, gruseligen Beschreibungen und herrlich verworrenen Szenen. Die Autorin erzählt die Geschichte, wie Alice es tun würde. Als würde uns Alice in all ihrer blühenden Fantasie ganz aufgeregt berichten, was sie erlebte. Manchmal fast ein wenig zusammenhanglos, aber am Ende doch stimmig. Zugegeben, ich hab ein wenig Zeit gebraucht, um mich wieder daran zu gewöhnen, doch war das erstmal geschafft, so fand ich den Stil von Seite zu Seite passender. Er harmoniert so schön mit der Handlung und verleiht ihr nochmal einen ganz besonderen Charakter. Ich kam, nach den kurzen Start-Schwierigkeiten, sehr schnell und leicht voran und konnte mich so auch gut zurechtfinden. Ich war Teil des Ganzen, inmitten dieser unrealistischen Welt voller Monster, Abenteuer und Spannung. Ich kann nicht behaupten, dass der Stil sehr einfach gewesen wäre und ich kann mir gut vorstellen, dass er dem ein oder anderen nicht zusagen wird; aber ich für meinen Teil fand ihn nahezu genial. Er hatte was poetisches an sich und es gab einige Zitate, die mir ins Auge stachen, obwohl eben auch die verwirrende, verworrene Atmosphäre stets mitschwingt. Die Wörter wiederholen sich; Beschreibungen ebenso und manchmal braucht es ein wenig Konzentration, um der Erzählweise folgen zu können. Lässt man sich aber darauf ein, erwartet einen eine völlig neue, brutale und gruselige Welt.
Wir lesen dabei lediglich aus Alice’s Sicht. Und obwohl ich durchaus ein Fan von mehreren Perspektiven bin, fand ich es hier deutlich passender, sich auf Alice zu beschränken. Durch den Stil, der so sehr nach der unerfahrenen Alice klingt, erlebt sie als Charakter und die Story ganz allgemein einen Aufschwung und erhält dadurch unheimlich viel Lebendigkeit und Authenzität.

Und ganz nebenbei ist Alice jemand wirklich einzigartiges. Nicht alles, was sie tut und denkt, leuchtet einem sofort ein; und auch ihre Selbstgespräche sind manchmal mehr anstrengend als informativ; aber das machte sie für mich schlussendlich aus. Sie ist keine „Massenware“, sondern ein besonderer Charakter mit einer durchdringenden Vergangenheit. Welche wiederum Spuren an ihr hinterlassen hat. Die junge Frau wirkt oft wie ein kleines Kind; total unerfahren und naiv und es war mir mehr als einmal ein Rätsel, woher sie ihren Mut und ihre Stärke nahm. Sie ist so unerschütterlich in dem, was sie bewältigen muss, dass es schon fast an Selbstmordgefährdung grenzt. Das ist es wohl auch, was sie so richtig hervorhebt: sie denkt oft nicht nach, sondern tut, was von ihr verlangt wird. Sie zweifelt auch mal, oder verspürt Angst, aber am Ende lässt sie sich von nichts aufhalten. Vor allem zu Beginn war sie noch recht unscheinbar und ruhig – verblasste ein wenig, neben dem großen, gefährlichen Hatcher – aber ihre Entwicklung ist bemerkenswert. Nicht herkömmlich.. es ist nicht so, als würde sie großartig reifen im Laufe der Zeit; doch sie lernte und begriff und fing irgendwann auch an, nachzudenken – und ihr Engagement war dahingehend wirklich toll dargestellt. Gen Ende fand dann auch der sehnsüchtig erwartete „Erwachsen-werden-Prozess“ statt und ich konnte mit einem guten Gefühl Abschied von ihr nehmen. Kurz um nochmal zusammengefasst: Alice so richtig greifen zu können, war mir auch in diesem Band nicht möglich, aber ich empfand sie dennoch als sehr authentische, extrem passende Protagonistin für diese Art von Geschichte und auch in Sachen Sympathie konnte sie glänzen. Ich fieberte, auch wenn sie so außergewöhnlich war, intensiv mit ihr mit und habe stets mit ihr mitfühlen können. Obwohl im Bereich Emotionen definitiv noch Luft nach oben gewesen wäre.
Hatcher spielt dieses Mal nur eine begrenzt wichtige Rolle. Anfangs ist er noch sehr präsent und zeigt sich dabei wieder nicht von seiner besten Seite. Für mich war er hier sehr, sehr, sehr distanziert und ich tat mir schwer, ihn überhaupt gern zu haben. Es schien mir auch fast so, als hätte es die Autorin bewusst darauf angelegt, ihn im Hintergrund zu halten. Er war halt da, ja – nahm aber keinen besonderen Stellenwert ein. Es ist für mich schwer, das, was ich denke zu erklären, ohne euch zuviel vorweg zu nehmen. Hatcher ist eben Hatcher – ein Mann (oder eher ein Monster), der immer wieder in eine Apathie verfällt und dann noch viel weiter weg erscheint. Seine Gefühle nahm ich ihm, genau so wie im ersten Band, nicht wirklich ab und dass Alice ihn so toll fand, macht es ihr nur unnötig schwer, bei mir sowas wie Nachvollziehbarkeit zu wecken. Ich war dann sogar ganz froh, als der männliche Protagonist vollends in den Hintergrund rückte. Zwar blieb er Thema, hatte aber eine zeitlang keine Auftritte mehr. Mir gefiel das besonders deshalb, weil das Augenmerk dann wieder auf Alice liegt und ich mir keine Gedanken darum mehr machen musste, was ich von Hatcher halten sollte. Er war ein Mensch aus Fleisch und Blut und auch sein Herz schlug für die richtigen Dinge. Aber das kam bei mir einfach nicht an. Leider.
Ansonsten gab es natürlich wieder so einige Nebenrollen, die von Christina Henry gut besetzt wurden. Die ganzen unheimlichen Gestalten, die Monster und Kreaturen – sie alle waren so bildhaft, dass ich manchmal glaubte, sie neben mir stehen zu haben. Und sie alle haben ihre Zweck voll und ganz erfüllt. Sie brachten Abwechslung, Spannung und Vielfalt in die Geschichte; auch wenn ich nach wie vor das Gefühl habe, dass in Band 1 einfach mehr los war – aber dazu nachher mehr.

Die Idee von Band 1 fand ich vom Prinzip her unglaublich gut. Eine so düstere Märchen-Adaption gab es, meiner Meinung nach, noch nie und die ganzen abwechslungsreichen, aber alle gleichermaßen verstörenden Begegnungen von Alice haben mir unheimlich viel Spaß gemacht. Es war die perfekte Mischung aus Brutalität und Horror und genau darauf hoffte ich in dieser Fortsetzung auch wieder. Leider vergeblich. Der Einstieg war zwar nicht weiter schwer und man kommt auch, trotz gewisser Zwischenheit, schnell wieder ins Geschehen rein; aber wirklich viel passiert erstmal nicht. Es dauert eine geraume Weile, bis überhaupt mal ein wenig Schwung in die Sache kommt und selbst dann kann dieser zweite Band keinesfalls mehr mit seinem Vorgänger mithalten. Es ist hier eher wie eine lange; nein eine seeeehr lange Reise, die anstatt mit Geschehnissen mit vielen Gedanken gefüllt ist. Das Tempo wurde quasi komplett rausgenommen und die Geschichte dümpelt sehr viel vor sich hin. Erst ab der Mitte gibt es dann auch wieder den ein oder anderen gruseligen Moment, und die ein oder andere ungewöhnliche Begegnung. Aber wo waren Figuren wie die Raupe, Grinser, das Walross? Genau solche Kreaturen hab ich hier schmerzlich vermisst. Es mangelte an Action, Spannung und Brutalität – eben an allem, was Band 1 ausmachte. Ebenso auch an Parallelen zum originalen Vorbild von Lewis Carroll. Heißt jetzt nicht, dass mir dieser Band hier nicht gefiel, es war nur eine ein ständiges Warten darauf, die Vibes von „Finsternis im Wunderland“ wieder zu spüren; und die Enttäuschung am Ende, dass sich die beiden Geschichten kaum miteinander vergleichen lassen.
Hier ist es eher eine ruhige Handlung, die immer wieder gespickt ist mit seltsamen Begegnungen. Eine Handlung, die geprägt ist von der Frage, wem kann Alice vertrauen und wem nicht? Was ist echt, und was Fiktion? Ist diese ewige Reise auch irgendwann mal zu Ende? Erreicht Alice ihr Ziel? Dabei hat sich Christina Henry wirklich ein paar spannende Elemente einfallen lassen, die trotz aller Ruhe eine gewisse Neugier in mir wecken konnten. Sie verstärken den Eindruck der ungewöhnlichen Welt, in der Alice sich befindet und heben das Buch doch nochmal auf eine höhere Stufe. Ich hatte immerhin Spaß beim Lesen, war größtenteils gefesselt und hab mich auch immerhin ein paar Mal gruseln können. Die Spannung war da, aber die entlud sich einfach nicht so richtig. Man fiebert auf den großen Moment, indem sich das Potential entfaltet hin, wird aber, im Großen und Ganzen enttäuscht.
Und genau so wie in Band 1 war auch in Band 2 das Ende nicht das, was der Verlauf der Handlung verspricht. Es gab zwar die Action und das Tempo, das so lange gefehlt hat; aber am Schluss war doch vieles zu einfach gelöst. Der große Kampf, der große Showdown – das war binnen kürzester Zeit abgehandelt und wenig spektakulär. Sehr schade; ich hab mir für das Ende der Dilogie (obwohl es noch einen dritten Band in Form von 4 Kurzgeschichten gibt) einfach viel mehr gewünscht.

„Die Chroniken von Alice 2: die schwarze Königin“ von Christina Henry blieb jetzt rückblickend doch hinter seinem Vorgänger zurück. Die Geschichte dümpelt hier wahnsinnig lange vor sich hin und bis auf ein paar kuriose Begegnungen und sehr vielen Gedanken passiert nicht wirklich was. Erst ab der Hälfte, wenn nicht sogar im letzten Drittel kommt ein wenig Tempo ins Spiel und die Handlung nimmt etwas Fahrt auf. Trotzdem gar kein Vergleich zu der abwechslungsreichen Vielfalt aus Band 1 und deshalb in gewisser Weise enttäuschend. Trotzdem hatte ich Spaß, diese spezielle Welt zu betreten und Alice auf ihrer Reise und ihrer Suche nach Antworten zu begleiten. Auch der ein oder Grusel-Moment kam zustande. Aber es reichte einfach nicht, um mich restlos zu packen. Schade. Trotzdem möchte ich gern an der Reihe dran bleiben und freue mich sogar schon auf die Kurzgeschichten.

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Die Amerikanerin Christina Henry ist als Fantasyautorin bekannt für ihre finsteren Neuerzählungen von literarischen Klassikern wie »Alice im Wunderland«, »Peter Pan« oder »Die kleine Meerjungfrau« sowie für ihre Bestsellerreihe »Black Wings«. Christina Henry liebt Langstreckenläufe, Bücher sowie Samurai- und Zombiefilme. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Chicago.

(c) by Penhaligon

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne bei der Agentur Penhaligon Verlag bedanken: dafür alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen und natürlich auch für die Bereistellung dieses Rezensionsexemplar.