||» Rezension «|| „Das Erbe von Carreg Cottage“ von Constanze Wilken
Titel: Das Erde von Carreg Cottage
Verlag: Goldmann-Verlag
Übersetzer: auf deutsch erschienen
Empfohlen für Erwachsene
Unverbindliche Preisempfehlung: 9.99€
Die 35-jährige Lili Gray steht vor dem Nichts, als sie ihr Café in einem
kleinen schottischen Küstenort schließen muss. Doch dann vermacht ihr
ein Unbekannter ein altes Haus auf der Halbinsel Llyn in Nordwales. Die
leicht verfallene Pilgerraststätte und der Garten an den Klippen ziehen
Lili sofort in ihren Bann. Von dort blickt sie auf die Insel Bardsey,
die eine unerklärliche Faszination auf sie ausübt. Aber Lilis
Anwesenheit scheint jemanden zu stören, und die junge Frau ahnt nicht,
wie sehr die Geschichte des Pilgerortes mit ihrer eigenen – und der des
unbekannten Gönners verbunden ist …
Am Anfang war ich ganz schön überrascht; das muss ich zugeben. Dass es historisch ist, war ja klar, doch dass ich dann auf das Jahr 618 treffe, war doch nicht zu erwarten. Es war auch mein erstes Buch, das so früh spielt, wodurch ich einige Zeit gebraucht habe um mich mit den damaligen Begebenheiten und vor allem den sehr eigenen Namen anzufreunden und da richtig durchzusteigen. Als ich dann aber an alles gewöhnt war, kam ich gut voran und konnte, zwar erst nach einigen Seiten, aber immerhin, auch mitfühlen und stieß auf sehr interessante Aspekte. Gerade dass die beiden Zeitebenen beide in den Einstieg integriert wurden, machte es mir etwas leichter. Kurz gesagt. Der Einstieg war also nicht ganz so simpel wie ich es aus meinen Jugendbüchern gewöhnt bin, aber da ich damit gerechnet hatte, ist es zu verschmerzen.
Den Charakteren stehe ich zwiegespalten gegenüber. Ich fand Meara, die Protagonistin von damals um so vieles echter und glaubhafter als Lili und auch viel interessanter und realistischer in Szene gesetzt. Meara war mir sehr sympathisch und ich habe mich stets gefreut, wenn die Kapitel wieder ihr gewidmet wurden. Ihr einfaches Leben und ihr außergewöhnlicher Beruf machten sie zu einer tollen Persönlichkeit und einer noch tolleren Buchfigur. Lili hingegen war mir zu distanziert und nicht immer ganz nachvollziehbar. Da spreche ich nämlich auf ihre Gefühlswelt an. Über 300 Seiten wird deutlich, dass sie für einen bestimmten Charakter schwärmt, dann aber plötzlich jegliche Empfindungen über Bord wirft und so ganz anders handelt, als man annehmen sollte. Für mich war aber nicht nur das ein Punkt, der mir nicht ganz einleuchten wollte, sondern auch die teilweise recht emotionslosen Reaktionen, die sie an den Tag legt. Ja, sie hatte durch ihre schwere, recht ausführlich dargestellte Vergangenheit allen Grund für Skepsis, aber für mich reichte das als Erklärung nicht aus. Wo andere (ich zum Beispiel) vor Angst gestorben wären, zuckt sie nur mit den Schultern – so als Beispiel. Ich kann und will da nicht näher eingehen, aber es fiel mir einfach schwer, sie wirklich lieb zu gewinnen. Klar, auch sie sammelte einige Sympathie-Punkte, gerade wie unglaublich liebevoll sie mit ihrem Hund Fizz umging,oder wie herzlich sie gegenüber Sarah war. Das zeugte schon davon, dass sie ihr Herz am rechten Fleck trug, aber es reichte einfach nicht aus, um mich für sich zu gewinnen. Nichts desto trotz durchlebte ich die Geschichte doch gern mit ihr, wenngleich mir, wie schon erwähnt, Meara die bessere Freundin wurde.
Die Nebenfiguren dagegen fand ich wieder toll. Wir treffen hier auf die unterschiedlichsten Persönlichkeiten; von der gläubigen Großmutter bishin zur quirligen Studentin ist wirklich alles vertreten und es macht einfach Spaß, ihnen allen immer mal wieder über den Weg zu laufen und ihren Dialogen zu folgen.
Die Grund-Idee besteht durch die beiden Zeitebenen aus zwei Strängen, die später, gen Ende hin dann immer mehr miteinander verwoben werden und schließlich zusammenlaufen. Natürlich gibt es immer mal wieder kleine Nebenflüsse, die später dann natürlich auch zur Auflösung beitragen. Einmal erfahren wir eine Menge über die Begebenheiten aus der Zeit rund um den Glaubenskrieg aus der Zeit rund um 618. Ich bin ja immer offen für solche Geschichten, zumal sie meist eine Menge Spannung und vor allem auch Brutalität mitbringen; so auch hier. Letzteres hält sich zwar in Grenzen, doch ganz ohne geht es auch hier nicht. Die gesamte Geschichte rund um Meara fand ich einfach sehr einfallsreich und zeugt von ordentlich Recherche. Auch dass eine völlig normale, unbeteiligte Person die Hauptrolle spielt, fand ich gut gewählt, denn fiebert man mit den Unschuldigen grundsätzlich mehr mit, wenn sie in solch Kriege hinein gezogen werden, obwohl sie nichts damit zu tun haben – zumindest ergeht es mir so.
Die heutige Zeitebene mit Lili fand ich dagegen irgendwie nicht besonders spannend. Ich hatte eher das Gefühl, die Geschichte rund um die Erbin von Carreg Cottage käme vom Inhalt her keineswegs an die Ausschweifungen der anderen Zeitebene dran und müsse sich deswegen immer mal wieder im Kreis drehen um gleichauf zu bleiben. Es passiert 2-3x sogar ziemlich genau das selbe und dass Lili darauf beide Male so gleichgültig reagierte, machte die Sache nicht besser. Auch die einzelnen Hinweise, die sie immer mal wieder findet, ermutigten mich nicht, Rückschlüsse zu ziehen, weil sie einfach so nichtssagend blieben und ich nie auch nur den Hauch einer Ahnung hatte, was dahinter steckt. Klar, das große Ganze wurde auch mir schnell klar, aber es gibt ja noch mehr Hintergründe, die mir persönlich nicht genug angedeutet waren. Nichts desto trotz fand ich aber Lili’s Bemühungen, mehr über dieses Erbe herauszufinden, gut gewählt und durchaus sinnig. Alles in allem muss ich letztlich dann aber sagen, dass für mich die Auflösung auch nicht das war, was ich mir erhofft hatte. Dieser riesige Wow-Effekt blieb aus und selbst der „Aha-Moment“ war mir zu kurz und zu wenig und von zu weit hergeholt.
Ich vergebe liebgemeinte 3 von 5 Sternen und möchte trotz meiner Kritik eine Lese-Empfehlung aussprechen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass dieses Buch durchaus was für die Neulinge im historischen Bereich sein könnte. Für mich steht auf jeden Fall fest, dass ich der Autorin noch eine Chance geben möchte und ganz am Rande: 3 Sterne sind über dem Durchschnitt und sind keinesfalls eine schlechte Bewertung.
Nach dem Studium der Kunstgeschichte in Kiel ging Constanze Wilken nach
Wales, wo sie mehrere Jahre lebte und an ihrer Promotion arbeitete. In
Wales entstand die Idee zu ihrem ersten Roman. Neben dem Schreiben
bestimmt die Liebe zu Kunst und Antiquitäten das Schaffen der Autorin,
deren Recherchereisen sie quer durch Europa führen. Die Autorin lebt und
arbeitet mit ihrer Familie, ihren Hunden und Katzen, in der
Zurückgezogenheit ihrer nordfriesischen Heimat. Wales ist die zweite Heimat der Autorin und Schauplatz der aktuellen Romanreihe: Der Duft der Wildrose || Ein Sommer in Wales || Sturm über dem Meer
An dieser Stelle möchte ich noch einmal erwähnen, dass alle Rechte (Coverbild, Klappentext, etc.) beim Goldmann-Verlag liegen und mich außerdem herzlich dafür bedanken möchte, die Bilder und Texte verwenden zu dürfen. Desweiteren „Danke“ sagen möchte ich für die Bereitstellung dieses Rezensions-Exemplars.
Rezension entspricht meiner persönlichen Meinung und kann bei anderen
Bloggern oder Lesern wieder ganz anders ausfallen. Ich möchte darum
bitten, dies zu berücksichten.