||» Rezension «|| Frei für die Liebe [von Emma S. Rose]
Emma S. Rose
Contemporary || New Adult
Einzelband
Wie schnell musst du laufen, um deiner Vergangenheit zu entkommen?
Ein Neuanfang ist alles, was Ava im Sinn hat, als sie quer durchs Land reist, um ihr Studium anzutreten. Viele Jahre hat sie sich auf genau diesen Moment gefreut, wenn ihre Wunden die Chance bekommen, endgültig zu heilen. Als sie direkt an ihrem ersten Tag ungeplant auf einer Party landet und dort dem attraktiven Gus gegenübersteht, ahnt sie nicht, dass ihre zurückhaltende Art seine Neugierde weckt. Während sie noch versucht, sich in ihrem neuen Leben zu orientieren, setzt er alles daran, ihr Vertrauen zu gewinnen. Schon bald befindet sie sich in einem inneren Widerstreit:Wie viel kann sie von sich preisgeben, ohne ihre schrecklichen Geheimnisse zu verraten? Und hat sie ihre Vergangenheit wirklich hinter sich gelassen, oder drohen ihre Dämonen schon längst, sie wieder zu verschlingen?
(c) by Emma S. Rose
Tja ich bekomme immer wieder Buchtipps zugetragen, bei denen ich skeptisch bin. Gerade im Bereich von Selfpublishing-Büchern halte ich mich aufgrund schlechter Erfahrungen gern zurück. Doch nachdem meine liebste Susi (» magische Momente «) soooo davon geschwärmt hat und einfach nicht lockerließ, dachte ich mir, ich geb dem Buch mal eine Chance. Inzwischen habe ich es beenden und habe mir eine eigene Meinung dazu bilden können. Jetzt die große Frage: wer behielt recht? Susi mit ihrer Lobeshymne oder ich mit meinen Zweifeln? Diese Frage und noch ganz viel mehr beantworte ich jetzt. Falls ihr also neugierig seid, wie es mir gefallen hat, bleibt gerne dran. Ich wünsche euch viel Spaß ♥
Wenn wir uns einmal kurz den Klappentext anschauen, wird klar, dass dieses Buch eine recht gewöhnliche Grundidee beinhaltet. Etliche, um nicht zu sagen, unzählige New Adult Romane drehen sich um genau diese Thematik. Im ersten Moment absolut nichts negatives; denn wenn die Umsetzung gelungen ist, kann selbst die platteste Idee ein Highlight werden. Mein erster Eindruck, der während des Einstiegs entstand, sagte mir aber leider, dass es wohl kaum mehr als ganz nett werden würde. Alles war sehr vorhersehbar und nur wenig einnehmend. Auch emotional wollte mich das Geschehen nicht so recht berühren und ich sah bereits eine sehr langatmige Lesezeit auf mich zukommen. Umso größer war die Überraschung dann aber, als ich mich urplötzlich unglaublich gefangen und emotional gefesselt fühlte. Das Ganze hat sich überhaupt nicht angekündigt und war somit ein eher schleichender Prozess. Ab dem zweiten Drittel konnte und wollte ich meinen eReader einfach nicht mehr aus den Händen legen und hab in jeder freien Sekunde dazu gegriffen, nur um zu erfahren, wie es mit Ava und Gus weitergeht. Diese Spannung auf der Gefühlsebene hat mich gänzlich umgehauen, weil ich das in diesem Ausmaß noch nie erlebt hatte.
Zugegeben, richtig spannend im herkömmlichen Sinne war es nicht, aber allein diese Authensität und die Lebendigkeit der Figuren machten das Buch zu einem Pageturner. Die Geschichte verlief absolut glaubhaft und nachvollziehbar und auch wenn die Vorhersehbarkeit nicht schönzureden ist, war es gerade dieser Punkt, der mir Herzrasen bescherte. Ich wusste ganz genau, was noch kommen würde – der große Twist quasi – aber ich wusste nicht, wann es geschieht und ich wollte um jeden Preis verhindern, dass Ava das alles durchmachen muss. Kennt ihr das, wenn etwas unweigerlich passieren muss, ihr aber furchtbare Angst vor dem Moment, in dem es geschieht, habt? So erging es mir hier. Ich habe spätestens ab der zweiten Hälfte derart mitgefiebert und mitgefühlt, dass es nicht nur das Herz der Figuren war, das so zerschmettert wurde, sondern auch meins. Selten habe ich so mitgelitten wie mit Ava und Gus und das muss wirklich etwas heißen. Einzig und allein zwei-drei kleinere Plots waren in meinen Augen unnötig und sorgten nur für zusätzliches, klischeehaftes Drama, was das Buch überhaupt nicht gebraucht hätte. Es hätte auch einfach so wunderbar funktioniert.
Das Ende war meines Erachtens nach absolut gelungen und rundete diese emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle gänzlich ab. Ich bin froh, dass sich die Autorin nicht zu viel Zeit nach dem großen Twist-Point gelassen hat sondern relativ schnell dann zum Ende kam und lediglich der Epilog noch ein wenig mehr verriet. Das war perfekt gelöst und lässt mich zufrieden und glücklich zurück.
Allgemein hat Emma S. Rose hier bewiesen, was für ein unglaubliches Talent sie hat. Nicht nur, dass die Recherche für das Buch zeitaufwendig und anspruchsvoll gewesen sein muss; auch in Sachen Emotionalität macht man dieser Frau nichts vor. Sie schafft es mit bloßen Worten, den Leser in ihren Bann zu ziehen und die Gefühle der Protagonisten und auch der Nebenfiguren enorm stark und äußerst authentisch zu transportieren. Sie ermöglichte es mir, ein Teil der Geschichte zu sein und hautnah mitzuerleben, was Ava und Gus auf ihrem Weg zum Glück alles bewältigen müssen. Und trotz diesem Schmerz, dem Leid, dem Hoffen und Bangen gibt es trotzdem einen so lockerleichten Lesefluss, dass man diese 436 Seiten binnen kürzester Zeit inhaliert hat. Der Schreibstil ist im Grunde nichts besonderes, aber er ist absolut echt, atmosphärisch und haucht dem Buch eine riesige Portion Leben ein.
Die Gliederung des Buches ist dabei ein weiterer Pluspunkt auf der bereits so langen Liste: Emma S. Rose erzählt die Geschichte sowohl aus Ava’s Sicht, als auch aus Gus‘ Sicht und bringt uns so die beiden Protagonisten noch näher. Außerdem erzeugte diese Art des Erzählens weitere emotionale Spannung, die mich noch stärker mitreißen, noch intensiver packen konnte.
Eben jene sind es auch, die der Geschichte den letzten Schliff geben. Ava und Gus sind zwei absolut authentische Persönlichkeiten, deren Glück mir über alles ging. Obwohl sie so verschieden sind, fällt es einem als Leser nicht schwer, ihnen nur das Beste zu wünschen.
Gus ist ein so bodenständiger, liebenswerter Charakter, welchen man binnen kürzester Zeit einfach ins Herz schließen muss. Endlich mal kein mysteriöser Bad Boy mit tausenden Geheimnissen – sondern ein offener und ehrlicher Kerl, der so fürsorglich und aufmerksam ist, dass man es kaum glauben kann. Immer wieder kam die Befürchtung auf, dass es irgendwann to much werden könnte mit seinem Kampf um Ava, doch das war zu keiner Sekunde der Fall. Im Gegenteil – es ist so schön, zu beobachten, wie Gus jede noch so kleine Regung wahrnimmt und darauf reagiert. Und auch wenn er auf den ersten Blick wirkt, merkt man doch, dass auch er Ecken und Kanten hat und Fehler macht. Das war es letztlich auch, was mich am meisten an ihm begeistert hat. Er ist so herrlich unperfekt perfekt.
Ava hat dagegen die absolute Arschkarte gezogen, was ihr Leben betrifft. Mit einer furchtbaren Vergangenheit bestraft, muss sie auch heute noch mit den Folgen davon kämpfen – und das nicht zu knapp. Durch jahrelange Misshandlung ist sie gezeichnet; hat ihr Selbstwertgefühl verloren und ist unsicher und scheu. Und genau das war es, was sie zu einer außergewöhnlichen Figur gemacht hat. Emma S. Rose hat es geschafft, diese zerbrochene Seele so realistisch und naturgetreu zu beschreiben; so absolut glaubhaft und so schmerzerfüllt, dass es einem im Herzen weh tut. Was Ava durchmachen musste, wünscht man nicht einmal seinen ärgsten Feinden. Man leidet einfach mit ihr; man versteht sie auf so vielen Ebenen und auch wenn man selbst niemals mit der Problematik in Verbindung kam, kann man sich problemlos in sie hinein versetzen. Unglaublich starke Persönlichkeit, deren Lachen mein Herz zum Schmelzen gebracht hat – weil es einfach so selten passiert.
Ava und Gus sind für sich einfach das Traumpaar und die perfekte Besetzung für „Frei für die Liebe“. Gus, der niemals aufgibt und Ava, die so dringend jemanden wie ihn braucht. Die Autorin hat ein wundervolles Paar geschaffen, das so liebenswürdig und süß ist; aber auch so gestraft von der Vergangenheit der weiblichen Akteurin. Und obwohl so viel Liebe in der Luft lag, sind wir immer noch meilenweit weg von kitschig oder übertrieben; es ist einfach echt und auf den Punkt. Danke, dass ich Ava und Gus; aber auch Leela, Leo und Melanie kennenlernen durfte; es war mir ein Vergnügen.
Habt ihr gemerkt, wie ich mich an dieser Rezension aufgehangen habe? Ich weiß nicht, wie oft ich Sätze löschen musste, manchmal ganze Abschnitte, ehe das nun geschriebene da stand. Und ich bin immer noch nicht zufrieden damit, denn es drückt meine Gefühle dem Buch gegenüber nicht gänzlich aus. „Frei für die Liebe“ ist kein perfekter New Adult Roman, weil der Einstieg und die ersten Seiten eher wenig fesselnd waren; und auch, weil es Passagen gibt, die für klischeehaftes Drama sorgen. Doch eigentlich ist es mit der Geschichte genau wie mit unseren Figuren: es gibt Ecken und Kanten, es gibt Höhen und Tiefen, aber wie bei Ava und Gus, macht das das Buch irgendwie doch wieder perfekt. Emma S. Rose hat eine emotionale Achterbahnfahrt mit mir unternommen und mich mit ihren Figuren und ihrem Schreibstil komplett gefangen genommen. Selbst die 0-8-15-Idee ist wahrlich gut umgesetzt und nur eine Nuance vom Highlight entfernt. Danke für dieses Lese-Erlebnis, liebe Autorin. Ich freue mich auf weitere Bücher aus ihrer Feder.
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Geboren und aufgewachsen ist Emma S. Rose im schönen Ostwestfalen. Im Mai 2014 verwirklichte sie ihren langgehegten Traum und veröffentlichte ihren Debütroman „Lina – Hoffnung auf Leben“. Seitdem schreibt sie fleißig an neuen Werken. Sie hat einen Master in Sozialer Arbeit gemacht und auch in dem Bereich gearbeitet, mittlerweile aber ist sie hauptberuflich Autorin. Sie lebt mit ihrer Familie in Paderborn.
(c) by Knaur
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne bei der Autorin bedanken: dafür alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.