||» Rezension «|| Boston Nights – Wahres Verlangen [von Samantha Young]
– Wahres Verlangen –
Samantha Young
Übersetzer: Nicole Hölsken
New Adult
Einzelband
Nicht nur die Welt, sondern das gesamte Universum hat sich gegen sie verschworen. Auf jeden Fall kommt es Ava so vor. Denn ihr Sitznachbar ist der arrogante Schotte, der sie am Flughafen fast über den Haufen gerannt hat. Während des Fluges wünscht sie sich noch Abstand, doch abends im Hotelzimmer kann sie Caleb nicht nah genug sein. Dennoch ist sein Angebot, eine lockere Affäre zu beginnen, mehr als unverschämt. Empört lässt Ava ihn abblitzen. Als sie ihm erneut über den Weg läuft, muss sie immer noch an den besten One-Night-Stand ihres Lebens denken. Warum also nicht Calebs Vorschlag zustimmen und unverbindlichen Spaß haben. Immerhin besteht nicht die Gefahr, ihr Herz zu verlieren, oder?
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Bevor ich überhaupt irgendwas über das Buch wusste, fiel mir das traumhaft schöne Cover auf. Da ich aber durch „Play On“, was ich nie beendet habe, kein großer Fan von Samantha Young bin, blieb es vorerst nur ein Wunschlisten-Buch. Doch nachdem es mir immer öfters bei Instagram über den Weg lief und mir auch der Klappentext zugetragen wurde, war ich doch zu neugierig, um nicht mal einen Blick reinzuwerfen. Also spontan und ohne große Hoffnung angefragt und tatsächlich den Zuschlag bekommen. Vielen Dank an dieser Stelle. ♥ Ich hab mich sehr gefreut! Ob das Kapitel Samantha Young mit „Boston Nights“ nun für mich endet oder doch eher beginnt, das erzähle ich euch jetzt. Viel Spaß.
Schon während des Einstiegs passiert ein Großteil von dem, was der Klappentext verrät. Wir lernen Ava, die Protagonistin, also am Flughafen kennen und erleben sie nicht unbedingt von ihrer besten Seite. Ihr abgekämpftes, zickiges und teils nervenaufreibendes Verhalten zieht sich über mehrere Kapitel und es wird dem Leser alles andere als leicht gemacht, sie zu mögen. Zwar erklärte sich vieles im Laufe der Geschichte, doch in den Momenten fragte ich mich ständig, was denn mit ihr los ist. Pampige Antworten, nicht nachvollziehbare Handlungen, übertriebene Reaktionen und eine allgemein sehr negative Ausstrahlung erschwerte es enorm, sich auf weitere Szenen mit Ava zu freuen.
Erst einige Zeit später fand ich einen Draht zu ihr, der sich aber weiterhin nur zögerlich aufbaute und ständig gefährlich ins Wanken geriet. Trotz steigendem Tiefgang und abfallendem Gezicke, gab es immer noch einige Passagen, in denen man schlicht den Kopf über sie schütteln muss. Keine, oder nur wenig Einsicht sorgte dafür, dass sie quasi blind war für gewisse Tatsachen und auch das zerrte an meinen Nerven. Für eine erwachsene, mitten im Leben stehende Frau war sie stellenweise doch sehr naiv; was wieder in purem Kontrast zu ihrem Auftreten stand. Ava neigt zu zu viel Selbstsicherheit und bekam dadurch manchmal einen beinah arroganten Zug. Das alles schmeichelte ihr nur wenig. Allerdings gab es auch Lichtblicke; wie beispielsweise ihre bedingungslose Liebe zu ihrer besten Freundin und ihr selbstloses Verhalten ihr gegenüber. Um es mal auf den Punkt zu bringen: das rettete Ava wirklich den Hintern. Ohne Harper hätte sie es viel schwerer gehabt, mich überhaupt zu erreichen; doch so klappte es überraschend gut. Ab dem zweiten Drittel besserte sich unser Verhältnis dann zusehends, bis es gen Ende wirklich gut war. Trotzdem hat es mir viel zu lange gedauert, bis ich sie mochte; immerhin war da schon der Großteil der Geschichte vergangen. Dass ich aber irgendwie doch mit ihr mitgefiebert habe, kann ich nicht leugnen – denn so groß unsere Probleme auch waren; ich gönnte ihr durchaus ihr Glück. Ganz seltsam, was ich da für diese Figur empfand; da kann ja nicht alles an ihr schlecht gewesen sein.
Mein Highlight in Sachen Charaktere war Ava also nicht; dafür glänzte Caleb auf ganzer Linie. Dieser ungehobelte Schotte mit seinem Wikinger-Aussehen, dem einzigartigem Anti-Charme und seinen Seitenhiebe gegen Ava war herrlich zu verfolgen und machten ihn von der ersten Sekunde an sympathisch. Er war also der Beweis, dass man nicht furchtbar nett sein muss, um den Leser bzw. mich zu begeistern; denn er schaffte es trotz allem problemlos. Vielleicht stimmte bei ihm auch einfach die Chemie deutlich besser als bei Ava. Oder ob er wohl den Hot-Guy-Bonus hatte? Wir werden es nie erfahren; aber Fakt ist, dass Caleb eine echte Bereicherung und quasi die Rettung für diese Geschichte war. Tiefgang, Humor, Attraktivität, Cleverness und ein souveränes Auftreten machten ihn aus und besonders seine Vergangenheit berührte mich zutiefst.
Randfiguren gab es verhältnismäßig wenige – doch trotzdem wissen sie zu gefallen. Ob es nun Stella, Ava’s Chefin, war oder Jamie, Caleb’s Bruder – sie alle waren ausreichend detailliert ausgearbeitet und dargestellt, allesamt greifbar und größtenteils sympathisch. Besonders positiv stach aber der „Bösewicht“ der Geschichte hervor. Perfekt getroffen und sämtliche negativen Eindrücke hervorrufend kommt dieser Charakter sehr gut zur Geltung und bringt Abwechslung mit sich.
Samantha Young hat einen ungemein leichten, lockeren und flüssigen Schreibstil. Sie erzählt die Geschichte ganz unaufgeregt, total lebendig und auf ganzer Linie glaubhaft. Schon in „Play On“ gefiel mir ihre Art des Schreibens sehr gut und das änderte sich auch in „Boston Nights“ nicht. Bildhaft, greifbar und emotional transportiert sie das Geschehen an den Leser und weiß ihn mit einer wunderbar angenehmen Atmosphäre einzuhüllen. Sie schafft es, sich als Teil des Ganzen zu fühlen, sich wunderbar wohl zu fühlen und der Handlung leicht folgen zu können.
Geschrieben ist das Buch übrigens rein aus Ava’s Sicht, was mir eindeutig gefallen hat. Es brachte, trotz meinen Differenzen mit ihr, die Protagonistin näher und ich glaube, das allein hat ihr noch mal gut getan.
Die Autorin legt es sicher nicht drauf an, das New Adult Genre zu revolutionieren; ihre Grundgedanken und Handlungen sind bekannt und sollen nicht durch Innovation und Frische überzeugen, sondern durch Gefühl, sympathische Figuren und einer heimeligen Atmosphäre – zumindest schätze ich sie so ein. Und genau da liegt der springende Punkt: „Boston Nights“ funktioniert. Trotz der allseits bekannten, stellenweise schon ausgelutschten Elemente unterhält Ava’s und Caleb’s Geschichte und fesselt. Ich fühlte mich wohl innerhalb des Geschehens, konnte mich treiben lassen und war sogar manchmal überrascht über gewisse Wendungen. Es gibt keinen großen Spannungsbogen, nur wenig actiongeladene Szenen und auch kein Wow-Effekt; aber es gibt Emotionen, und das ist wesentlich mehr wert als eine spektakuläre Handlung.
Der Einstieg in die Geschichte überzeugt nicht, anders lässt es sich nicht benennen. Zu viel Gezicke und Gezeter, zu viel Zufälle und zu wenig überzeugende Argumente, um am Ball bleiben zu wollen. Doch hat sich dieses Gefühl dann erstmal durch Erklärungen und Rückblicke in die Vergangenheiten der Figuren, verflüchtigt, erinnerte mich die Atmosphäre entfernt an Bücher wie Redwood Love, Prince of Passion; die ja auch alle von Gefühlen und Wohlfühl-Stimmung leben. Denn beides empfand ich als sehr intensiv und glaubwürdig eingefangen von Samantha Young und noch besser transportiert.
Der große Twist kam dann in Form einer überraschenden Wendung, die das Tempo ein erstes und letztes Mal ordentlich ankurbelte, die Geschichte mitreißender werden und die Action, die ansonsten ausblieb, kurzzeitig aufleben ließ. Unvorhersehbar, wie die Autorin schließlich alles auslöste bzw. wie sie diese Auflösung in Szene setzte. Ein Ende, mit dem man wohl nach dieser eher ruhigen Geschichte, definitiv nicht rechnet. Es hätte einige Wege gegeben, doch den, den Samantha Young hier wählte, war der mit Abstand richtigste. So wurde die Handlung rund, was mich sehr zufrieden auf darauf zurückblicken und beinahe vergessen lässt, dass ich und die Protagonistin nie beste Freunde wurden.
„Boston Nights – Wahres Verlangen“ ist ein Roman, der durch Gefühle, Tiefgang und Atmosphäre überzeugt. Ein sehr angenehmer, bildhafter Schreibstil leitet den Leser und begeistert durch jede Menge nachvollziehbaren Emotionen. Leider war der Einstieg eine absolute Geduldsprobe, da viel zu viel zufällig geschah und alles etwas unrealistisch und überspitzt daher kam. Die Probleme mit der Protagonistin mal ganz außen vor gelassen. Dafür durchleben wir ab den zweiten Drittel mit einem deutlichen Wohlfühl-Faktor Ava’s Geschichte und werden am Ende sogar noch mit einem einfallsreichen Finale überrascht. Kein Highlight, aber eine wunderbare Geschichte für zwischendurch. Ideal zum abschalten, sich treiben lassen, den Alltag hinter sich zu lassen und der Realität zu entfliehen.
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Samantha Young ist Schottin und hat in Edinburgh Geschichte studiert – viele gute Romanideen hatte sie während der Vorlesungen. „Ich nehme gerne Fakten aus Geschichte und Mythologie und lasse sie in meine Romane einfließen“, sagt die New York Times- und SPIEGEL-Bestsellerautorin.
(c) by mtb
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne bei mtb Verlag bedanken: dafür alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen, sowie für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars. Danke.
Liebe deine Rezension, denn sie spiegelt komplett meine Meinung wieder. 🙂
Oh das freut mich sehr, dass wir einer Meinung sind 🙂