||» Rezension «|| Someone New [von Laura Kneidl]
Laura Kneidl
New Adult
Band 1 von 3
Someone-Reihe
Ich mache mir ständig Gedanken darum, was andere Menschen von mir denken. Wen sie in mir sehen. Aber nicht bei dir. Bei dir kann ich ganz ich selbst sein.
Als Micah auf ihren neuen Nachbarn trifft, kann sie es nicht glauben: Es ist ausgerechnet Julian, der wenige Wochen zuvor ihretwegen seinen Job verloren hat. Micah fühlt sich schrecklich, vor allem, weil Julian kühl und abweisend zu ihr ist und ihr nicht mal die Gelegenheit gibt, sich zu entschuldigen. Doch gleichzeitig fasziniert Micah seine undurchdringliche Art, und sie will ihn unbedingt näher kennenlernen. Dabei findet sie heraus, dass Julian nicht nur sie, sondern alle Menschen auf Abstand hält. Denn er hat ein Geheimnis, das die Art, wie sie ihn sieht, für immer verändern könnte …
(c) by Lyx Verlag
Wer mich bereits länger verfolgt, der weiß, dass ich das Buch direkt am Erscheinungstag begonnen habe. Leider aber gab es damals eine regelrechte Krise auf Instagram und jeder, der nicht vollauf begeistert war, wurde beschimpft, beleidigt und boykottiert. Mich hat das enorm runter gezogen Anfang 2019 und so hab ich das Buch mies gelaunt wieder ins Regal gestellt, ohne es je beendet zu haben. Nun aber war es doch an der Zeit, zu erfahren, wie es mit Micah und Julian weitergeht. Also hab ich mir das Buch erneut geschnappt und von vorn begonnen. Heute kann ich euch verraten, ob ich zu damals zu denen gehört hätte, die angegangen wurden – oder ob ich durch eine 5*+ Rezension davon verschont geblieben wäre. (das, meine Lieben, ist mitunter das traurigste, was ich je geschrieben habe. Als dürfte man in den Sozialen Medien keine eigene Meinung mehr haben. Aber gut. Toxisch eben.) Falls ihr mehr wissen möchtet, bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension.
Der Sprung in die Geschichte entpuppte sich als äußerst einfach, offenbart aber auch schnell, worauf wir uns als Leser noch einstellen müssen. Zunächst lernen wir Micah kennen, oder Michaela, wie sie mit vollem Namen heißt. Die junge Frau tat mir von der ersten Sekunde an total leid, denn ihre Familie war alles andere als angenehm. Absolut abgehobene, versnobte, reiche Leute, die an Arroganz kaum zu überbieten sind. Und obwohl sie ihre Tochter ganz offensichtlich lieben und nur das Beste für sie wollen, wird es mit jedem Treffen schwerer, Mutter und Vater zu ertragen. Micah nimmt das aber zunächst erstmal recht locker, kann sich arrangieren und geht damit erstaunlich gut um. Ganz allgemein ist sie ein total angenehmer, sympathischer Mensch, der so gar nichts von dem glasierten Verhalten ihrer Eltern an den Tag legt. Ich schloss sie unmittelbar nach dem Kennenlernen ins Herz und fieberte und fühlte sehr gern mit ihr mit. Ich fühlte mich wohl an ihrer Seite und konnte mich für ihre Liebe zu Comics und der Kunst ganz allgemein schnell erwärmen. Sie bringt so viel Lebendigkeit mit, dass man meinen könnte, sie wahrhaftig als Freundin bei sich zu haben. Und apropos Freundin: Micah war ihren Liebsten gegenüber so liebevoll und herzlich, so loyal und hilfbereit. Bodenständigkeit, Authensität und Glaubwürdigkeit rundeten ihre positiven Eigenschaften schließlich ab. Aber so wie jeder normale Mensch hat auch sie ihre Fehler – und ihr größter war wahrscheinlich ihre Naivität und das fehlende Rückgrat ihrer Familie gegenüber. Sie musste erst noch einsehen, dass sie bei diesen Leuten auf Granit beisst und lernen, darauf zu pfeifen, was von ihr verlangt wird. Dieser Prozess ließ recht langsam ab, fast gediegen und ich hab lange drauf gewartet, dass sie endlich die Erleuchtung traf.
Julian begegnen wir auch schon sehr früh, aber erst einmal nur flüchtig, ehe er eine tragendere Rolle einnimmt. Und schon beim Kennenlernen wird klar, dass dieser Mann einigen Ballast auf seinen Schultern trägt. Und als wir dann einen Blick hinter die, für Distanz sorgende, Fassade werfen dürfen, offenbart sich erst das ganze Ausmaß an Schrecklichkeit. Julian verbirgt seine Emotionen und sein großes Herz nicht umsonst hinter meterdicken Mauern; er hat triftige Gründe dafür und sein ganzes Verhalten erschließt sich erst mit dem Lüften der Geheimnisse. Und gerade das Tempo, mit dem er sich öffnet – nämlich sehr langsam – gefiel mir unbeschreiblich gut. Auch dass nicht alles wie am Schnürchen läuft und er sich auch immer wieder zurückzieht, sprach für die Echtheit und Greifbarkeit seiner Person. Ebenso war er liebenswürdig, sympathisch und realistisch, humorvoll, großherzig und loyal.
Die Nebenrollen waren zwar nicht alle unheimlich toll, lieb und süß, aber dafür umso greifbarer ausgearbeitet. Es spricht ja auch definitiv für die Autorin, dass die Eltern genau die Gefühle in mir weckten, die beabsichtigt waren. Da war Unglaube, Hass, Wut, Zweifel und eine ganz starke Abneigung. Gleichzeitig gab es auch Charaktere, die so viel Positivität, Toleranz und Sympathie ausstrahlten. Man merkt also, es gab ein breites Spektrum an auftauchenden Persönlichkeiten und sicher ist für jeden Geschmack die perfekte Besetzung da.
Und wo wir bereits bei den Nebenrollen sind, gehen wir gleich einmal zu der Idee/Handlung über – denn die spielen da auch nochmal eine gewisse Rolle. Der Grundgedanke hinter diesem New Adult ist auf den ersten Blick nichts außergewöhnliches, allerdings merkt man schnell, dass hier eine Menge Tiefgang eingebaut wurde und wir uns doch immer mehr vom Einheitsbrei entfernen. Laura Kneidl hat einige tiefschürfende Themen eingebaut, die alle ganz deutliche Messages senden: so gibt es den Part der Homosexualität, ebenso spielt Übergewicht bzw. Body Shaming eine Rolle und über Rassismus wird ebenfalls kurzzeitig gesprochen. Zuletzt wird auch noch eine Teenie-Schwangerschaft thematisiert. Ich muss gestehen, dass ich im ersten Moment etwas überfordert war von all diesen Elementen und manches auch deutlich zu kurz kam. Doch in Anbetracht der Folgebände, kann ich damit doch ganz gut leben. Da die Nebenrollen hier, die mit eben jenen Problemen zu kämpfen habe, die ich gerade aufgezählt habe, in den kommenden zwei Teilen dann eine der Hauptrollen übernehmen, bin ich mir sicher, dass alles nochmal genauer und expliziter behandelt wird. Aber zurück zu „Someone New“:
Die Geschichte rund um Micah und Julian weist, wie schon angeteasert, erstmal kaum Besonderheiten auf: die junge Frau aus reichem Hause, die sich endlich von ihren Eltern abkapseln will, es aber nicht so recht schafft und der junge Mann aus scheinbar ärmlichen Verhältnissen, der durch einen blöden Zufall auf die Frau trifft und sie sich danach näherkommen. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Romanen spielt sich der hier eher langsam ab. Der Einstieg ist zwar noch recht turbulent, doch danach geht es Schritt für Schritt weiter und nichts wird überstürzt. Es fühlt sich echt an, die beiden auf ihrem Weg zu begleiten und obwohl eine gewisse Ruhe eingekehrt ist, bleibt es auf emotionaler Ebene doch spannend. Denn das Knistern zwischen Micah und Julian lässt sich nicht leugnen. Beide öffnen sich nach und nach, offenbaren ihre Geheimnisse und es wird nie langweilig. Es gab stets was zu erfahren oder zu entdecken und wenn gerade mal Flaute herrscht, dann wird auf den Wohlfühl-Faktor gesetzt. Es sind vor allen Dingen die Kleinigkeiten, die begeistern und die Geschichte erst richtig rund machen. So hab ich den Kater, der hier auftaucht unheimlich ins Herz geschlossen und auch das Kind der Teenie-Mutter ist herzallerliebst und zuckersüß. Das sind eben die kleinen Feinheiten gewesen, die den Lesespaß nochmal vergrößerten.
Der Schluss haute mich dann schließlich komplett aus den Socken. Ich hätte niemals – ich wiederhole: niemals!! – mit dieser Offenbarung gerechnet. Die ganze Auflösung der Geschichte überraschte und schockierte gleichermaßen. Dabei wurden so viele Hinweise im Laufe der Handlung verteilt, aber ich wäre trotzdem niemals auf die Lösung gekommen. Mir gefiel der Tiefsinn, diese immense Überraschung und die großen Gefühle, die zum Ende hin noch aufkamen. Auch dass sich Laura Kneidl mit einer solch schwierigen Thematik auseinandergesetzt hat und diese in ein Jugendbuch eingewoben hat, spielte dem Buch einen zusätzliches Pluspunkt ein.
Zum Schreibstil gibt’s dann letztlich auch nicht mehr allzu viel zu sagen. Da die Gefühle der Figuren mich problemlos erreichten und fast durchgehend ergreifen konnten, ist schon mal klar, dass Laura Kneidl sehr eingehend und berührend erzählt. Sie schreibt locker, aber atmosphärisch. Setzt auf Emotionen und Lebendigkeit. Ich kam unheimlich schnell und einfach durch das Buch, konnte mir einzelne Szenen aber wunderbar vor Augen führen und mich davon gefangen nehmen lassen. Gerade die Waage zu halten zwischen spannendem Tiefgang und Wohlfühl-Stimmung beherrscht sie sehr gut und kann beide Parts sehr schön in Worte fassen.
Gerade auch die Tatsache, dass rein aus Micah’s Sicht erzählt wurde, machte das Buch noch einmal spannender – denn genau so wie Micah selbst, können wir Leser Julian nur vor den Kopf schauen und wissen oft nicht so recht, woran er gerade denkt, was er fühlt und wieso er das tut, was er tut. Gefiel mir total gut und auch wenn ich sonst mehr der Fan von zwei Perspektiven bin, war es hier genau richtig.
„Someone New“ von Laura Kneidl hat wirklich das Potential fürs Highlight. Bis auf wenige kleinere Schwächen wie zum Beispiel die Flut an aufgegriffenen Themen ist das Buch nahezu perfekt. Mit einer super stimmigen, abwechlsungsreichen Atmosphäre, gepaart mit einer spannenden Handlung und undurchsichtigen Geheimnissen bringt das Buch alles mit, was ein tolles New Adult Werk haben muss. Zusätzliche Kleinigkeiten lockern den Lesefluss auf und bringen eine Menge Spaß. Für mich nur knapp am Highlight vorbei; aber eine 1000%ige Lese-Empfehlung für alle Fans des Genres und die, die es noch werden wollen. Hat extrem viel Spaß gemacht.
» » » Laura Kneidl « « «
Laura Kneidl schreibt Romane über alltägliche Herausforderungen, phantastische Welten und die Liebe. Sie wurde 1990 in Erlangen geboren und studierte Bibliotheks- und Informationsmanagement in Stuttgart. Inspiriert von ihren Lieblingsbüchern begann sie 2009 an ihrem ersten eigenen Roman zu arbeiten. Nach einem längeren Aufenthalt in Schottland lebt die Autorin heute in Leipzig, wo ihre Wohnung einer Bibliothek ähnelt. Sie ist auf Instagram (@laurakneidl) aktiv und tauscht sich dort gerne mit ihren Lesern aus.
(c) by Lyx Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Lyx Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.