||» Rezension «|| Solange der Regen fällt [von Christelle Zaurrini]

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30. Juni 2021 0 Von Patchis Books
SOLANGE DER REGEN FÄLLT
Christelle Zaurrini
Young Adult
Einzelband
360 Seiten
29. Mai 2021
Books on Demand
Taschenbuch
11,99€
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#werbung #rezensionsexemplar


Was, wenn sich der einzige Mensch, den du je wirklich geliebt hast, das Leben nimmt? Wenn du nie gelernt hast, mit deinen Gefühlen umzugehen und jetzt innerlich zerbrichst? Genau so ergeht es Ellie, als ihr Bruder James für immer geht. Der Schmerz droht sie zu ersticken, doch dann hört sie hinter einer Gartenmauer die Stimme eines jungen Mannes. Der ihr zuhört, ohne sie zu kennen. Der sie tröstet, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Miles schafft das, was sonst niemand kann: Bei ihm darf sie sie selbst sein. Doch würde sie ihm noch immer ihre tiefsten Geheimnisse anvertrauen, wenn die Mauer sie nicht mehr voneinander trennt und Ellie sich nicht länger verstecken kann?

(c) by Christelle Zaurrini

Vor etlichen Jahren schon habe ich Christelle durch ihren damaligen Youtube-Kanal kennengelernt und bin so dann auch auf ihr Debüt „Sommernachtswende“ aufmerksam geworden. Natürlich musste ich es damals lesen, nicht zuletzt auch aus dem Grunde, weil man seine Kollegen einfach unterstützt. Nun ist, relativ frisch, ein neues Buch von ihr erschienen und da kam sie sogar persönlich auf mich zu. Ein riesiges Danke für dein Vertrauen, liebe Christelle. Ich habe etwas länger zum Lesen gebraucht, aber einfach weil ich auf die richtige Stimmung warten wollte. Nun kenne ich aber die Geschichte rund um Ellie und Miles und möchte euch gern berichten, ob mich das Buch genau so begeistern konnte, wie das Debüt der Autorin, oder ob ich doch ein wenig was zu kritisieren habe. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt jetzt gerne dran. Viel Spaß bei der nachfolgenden Rezension ♥

Der Einstieg in diesen Roman fällt unwahrscheinlich leicht, denn die Autorin hat sich dafür entschieden, eine ganze Menge Emotionen in die ersten paar Kapitel zu packen. Schon der Prolog, der hier in Form eines Rückblicks in die Kindheit der Protagonistin auftrat, catchte mich binnen Sekunden. Man merkt richtig, wie schlecht es Ellie getroffen hat mit ihren Eltern und mein Mitgefühl war direkt geweckt. Kein Wunder also, dass ich rund das erste Drittel komplett gefesselt war und das Buch überhaupt nicht mehr aus den Händen legen wollte. Ich litt so sehr mit Ellie mit, verzweifelte mit ihr zusammen und spürte doch auch schon den ersten Funken Rebellion in ihr – und in mir. So was darf man sich nicht gefallen lassen; Eltern hin oder her. Als dann große Kehrtwende kommt, nämlich der Selbstmord der im Klappentext genannten Person, wird es nochmal ordentlich emotional und selbst mir standen kurzzeitig die Tränen in den Augen.
Leider war der weitere Verlauf, bzw. die Richtung, in die die Geschichte verläuft, nicht ganz das, was ich mir vorgestellt habe. Die Glaubwürdigkeit lässt nach, die Protagonistin wird zunehmend schwieriger und allgemein kehrt recht viel Ruhe ein, die gewisse Längen mit sich bringt. Gerade im mittleren Teil hätte ich mir mehr Spannung und mehr Plots gewünscht. So dümpfelt die Storyline mehr oder weniger nur so vor sich hin und bis auf die ein oder andere Stimmung kommt nur wenig auf, was mich hätte packen können. Der Sog, der nötig gewesen wäre, blieb aus. Dabei thematisiert die Autorin durchaus interessante Themen und greift topaktuelle Aspekte wie Mobbing auf. Das Potential war also definitiv gegeben und wurde, zumindest was das Hänseln betrifft, auch sehr gut ausgeschöpft. Es ist erschreckend zu beobachten, wie sehr die Opfer unter ihren Mobbern leiden und dies so intensiv und authentisch rüber zu bringen, muss gelobt werden. Im Gegenzug dazu fand ich wiederum das Verhalten von Ellie eher fragwürdig. Ehrlichkeit ist ein seltenes Gut in der heutigen Zeit und dass unsere Protagonistin es damit nicht so genau nimmt, ist ein deutlicher Minuspunkt. Gerade weil der Roman auch für jüngere Leser gedacht ist, finde ich die Moral nicht okay.
Dabei will ich überhaupt nicht sagen, dass das Buch bzw. die Handlung schlecht gewesen wäre. Es nahm nach dem sehr starken Einstieg einfach nur deutlich ab und überzeugte nicht mehr wie zu Beginn. Da der Kontrast zwischen Einstieg und weiterem Verlauf sehr groß war, fiel es mir natürlich umso deutlicher auf. Trotzdem wollte ich gern wissen, wie es mit der Lovestory weitergeht, ob Ellie und Miles jemals zusammenfinden; wenn ja: wie das erste Aufeinandertreffen aussehen würde, usw. Eine gewisse Grundspannung lässt sich dem Buch also nicht absprechen. Ich fand nur die Inszinierung und den Ablauf nicht optimal gelöst.
Besonders zum Ende hin fiel mir doch sehr stark auf, dass der Großteil des Dramas einfach von Ellie ausgeht und sie nicht so sehr Opfer ist, wie es dargestellt wurde. In manchen Punkten kam der Egoismus zu sehr durch und sie verlor einige Sympathiepunkte. Wie in jedem YA/NA-Buch kommt kurz vor Schluss eben auch nochmal der große Bruch – die Wendung; die für Drama sorgt und das Tempo erhöhen soll. Das ist Christelle auch gut gelungen, denn es wurde definitiv rasanter. Leider wieder auf Kosten der Protagonistin. Ich verstand diese junge Frau einfach nicht mehr und die ganze Sache ärgerte mich mehr, als dass sie mich unterhielt. Die großen Emotionen, die hätten während der Entspurt-Phase aufkommen sollen, vermisste ich ebenso schmerzlich. Es war ein ganz schönes Ende für die Geschichte, und ich konnte mit einem kleinen Lächeln aus dem Ganzen rausgehen, aber so manch Frage blieb meines Erachtens nach ungelöst. Und vor allem die Sache mit den Eltern hätte ich gern nochmal thematisiert gehabt, um meinen Seelenfrieden zu finden.

Wie man jetzt wohl schon unschwer erkennen kann, gehörte die Protagonistin nicht unbedingt zu meinen Pluspunkten. Zu Beginn war die Hoffnung noch groß, immerhin mochte ich Ellie sehr und litt während des ersten Drittels massiv mit ihr mit. Dass dies zu einer Verbindung führt, ist nur logisch; doch leider ist ihre Entwicklung nicht das, was ich mir erhofft hatte. Zunächst schien sie noch das brave Mädchen, das alles tut, was Mama und Papa sagen. Umso mehr freute ich mich darauf, dass sie lernte, für sich einzustehen um den Eltern auch mal Kontra zu geben. Darauf, dass sie Selbstbewusstsein gewann und ihr Leben in die eigenen Hände nahm. Darauf, dass sie kapiert, dass sie mehr ist, als das, was ihre Eltern aus ihr machen. Ein eigenständiger Mensch mit Wünschen, Zielen und Vorstellungen. Stattdessen rückte die ganze Sache eher in den Hintergrund und das familiäre Umfeld von Ellie wurde zur Nebensache. Die Lovestory drängt sich mehr und mehr in den Fokus und Ellie benimmt sich nicht mehr wie eine junge Frau, sondern viel mehr wie ein Teenager. Trotzig, naiv und zum Teil richtig egoistisch. Sie verfließt fast in ihrem Selbstmitleid und stößt durchweg alle von sich, weil sie ja eh keiner versteht. Menschen, die sie lieben; die sie immer unterstützt haben und loyal an ihrer Seite standen. Menschen, die das Leben für sie überhaupt erst erträglich gemacht haben. Für mich ein Charakterzug, der nur wenig Sympathie weckt. Es wurde auch immer schlimmer mit ihren Verhalten; bis es dann am Ende soweit kam, dass ich sie nur noch schütteln wollte. So blind konnte man doch nicht sein, oder? Ihr Schutzmechanismus sich selbst gegenüber nahm sehr harte Züge an, was dazu führte, dass ich sie am Schluss überhaupt nicht mehr nachvollziehen konnte. All das Drama hätte so leicht verhindert werden können, wenn Ellie nur eine Spur reifer gewesen wäre. Und als es dann so schien, als hätte sie die Augen endlich geöffnet, verfiel sie wieder in alte Verhaltensmuster. Sehr schade. Ich hätte gern die Ellie vom Anfang behalten und mich damit arrangiert, dass sie eben nicht viel Rückgrat besitzt, als dass sie so eine Entwicklung durchleben musste.
Das männliche Gegenstück von der Protagonistin – Miles – war genau das: das Gegenteil von Ellie. Verantwortungsbewusst, loyal und großherzig. Ein junger Mann, der einiges an Last auf seinen Schultern trägt, aber eben viel reifer und bedachter damit umgeht. Während Ellie zickt, ist er der Ruhepol und damit der perfekte Ausgleich für den Leser. Ich hab Miles schon während den Chatverläufen und Telefonaten tief ins Herz geschlossen, doch mit jeder Seite, die verging, wurde er mir noch sympathischer. Ich hab mich jedes Mal, wenn er ins Spiel kam, so sehr gefreut und fieberte und fühlte deshalb wahnsinnig mit ihm mit. Für mich war er die Entschädigung für die schwierige Ellie und damit eine echte Bereicherung für die Geschichte. Miles ist sympathisch, authentisch, lebendig, greifbar, anziehend, liebenswert und erwachsen. Seine Gedankengänge und Handlungen waren stets zu 100% nachvollziehbar und selbst die Fehler, die er machte, fielen komplett glaubhaft aus. Wahrscheinlich hätte ich sie genau so gemacht, wie er und das verband mich wahnsinnig mit ihm. Lediglich die Tatsache, dass er, für mich, etwas besseres verdient hatte als Ellie, schmälerte meine Nähe zu ihm etwas.
Ansonsten gab es gar nicht so viele Nebenfiguren, was ich sehr begrüßte. Denn die, die es gab, waren sehr detaillreich und eingehend ausgearbeitet. Christelle Zaurrini hat sich viel Mühe mit der Charaktergestaltung gegeben, und das merkt man besonders an der besten Freundin von Ellie und der von Miles. Beide waren so unterschiedlich, aber trotzdem herrlich interessant. Zu beiden hatte ich klare Einstellungen und freute mich, wenn sie ihre Auftritte hatten. Wen ich gar nicht ab konnte, waren die Eltern – aber wie schon erwähnt nehmen die nicht allzu viel Platz innerhalb der Geschichte ein. Für mich waren das reine Unmenschen und auch dafür gilt mein Lob der Autorin – wer es schafft, bewusst so negative Gefühle in mir hervorzurufen, beweist definitiv Talent.

Ebenso überzeugend war der Schreibstil. Christelle Zaurrini schreibt sehr flüssig und alltäglich, sie greift auf bodenständige Beschreibungen zurück und zaubert deshalb oft klare Bilder vor die inneren Augen der Leser. Ich konnte mich vom Lesefluss wunderbar leicht mitreißen lassen und ich fühlte mich größtenteils wohl innerhalb der Handlung. Einzig und allein in Sachen Atmosphäre sah ich noch ein wenig Luft nach oben. Die Geschichte konnte mich nicht so sehr für sich einnehmen, wie ich es mir erhofft hatte. Gerade in den ruhigen Phasen zur Mitte hin, hätte man mit einem stimmungsvollen Ambiente einiges rausreißen können; was aber leider nicht der Fall war. Dennoch mochte ich die Dialoge zwischen den Figuren, fand das Mobbing sehr intensiv dargestellt und verspürte auch, was das Thema betraf, einige tiefgreifende Emotionen. Durch meine Antipathie gegenüber der Hauptfigur kamen allerdings nicht alle Gefühle vollständig bei mir an. Trotzdem erkennt man schon am Einstieg, dass das Potential definitiv da war und die Autorin ebenso glasklar Talent dafür besitzt.

„Solange der Regen fällt“ von Christelle Zaurrini ist anfangs eine wahnsinnig emotionale Angelegenheit, die total mitreißen kann. Leider verläuft sich dieses Hochgefühl recht flott und die Richtung, die die Geschichte einschlägt, begeisterte mich längst nicht mehr so sehr. Vor allem Ellie machte es mir schwer, sie zu mögen und vor allem: nachzuvollziehen. Ihr Verhalten leuchtete mir oft nicht wirklich ein und vermieste mir zum Teil fast ein wenig den Lesespaß. Trotzdem kann und will ich dem Buch eine gewisse Grundspannung nicht absprechen, denn die Neugier, wie es mit den Protagonisten weitergeht und wie das ein oder andere offensichtliche insziniert wurde, war definitiv da. Schade fand ich nur, dass die familiären Probleme von Ellie nicht mehr zur Sprache kommen und der Schluss deshalb nicht 100% rund rüber kam. Alles in allem eine süße Unterhaltung für Zwischendurch, die nicht absolut perfekt war, aber für ein paar schöne Lesestunden sorgt.

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Christelle Zaurrini wurde 1992 in Luxemburg geboren und lebt heute mit Freund, Kater und Hund in der schönen Eifel.
Die meisten Autoren schreiben schon seit ihrer Kindheit. Bei Christelle war dies anders. Sie lernte erst spät, wie schön das geschriebene Wort sein kann. In welche Welten es die Leser entführen kann. Schnell nachdem sie die ersten Bücher verschlungen hat, begann sie erste Texte zu schreiben und veröffentlichte 2015 ihren ersten Roman. Liebe ist stets der wichtigste Begleiter ihrer Protagonisten. Auch, wenn diese das nicht immer sofort einsehen wollen.

(c) by Christelle Zaurrini

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne bei Christelle Zaurrini bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen. Sowie natürlich auch für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.