||» Rezension «|| Du und ich – ein letztes Mal [von Lily Oliver]
Lily Oliver
New Adult
Einzelband
Manchmal musst du rückwärts lieben, um nach vorne zu sehen …
Vivi und Josh sind das perfekte Paar: Sie begegnen sich auf der Golden Gate Bridge, verlieben sich in New York und verloben sich unter der japanischen Kirschblüte. Doch aus großer Liebe wird nach und nach großer Schmerz, bis ihnen nur noch eines bleibt: einander loszulassen. Wehmütig und hoffnungsvoll zugleich beschließen sie, alles, was sie ein erstes Mal miteinander erlebt haben, ein letztes Mal zu tun. Die erste gemeinsame Nacht wird zur letzten, aus dem ersten Kuss wird ein Abschiedskuss. Beide müssen eine Antwort finden auf die Frage, warum ihre große Liebe nicht das große Glück bedeutet – bevor sie sich ein letztes Mal auf der Golden Gate Bridge treffen …
(c) by Knaur Verlag
Dieses Buch schwebte lange an meinem Radar vorbei, bis mich Lily Oliver persönlich anschrieb und fragte, ob ich nicht Lust hätte ihren neuen Roman zu lesen. Nach kurzer Recherche war klar: das klingt definitiv nach einer großartigen Storyline und nach einer regelrechten Innovation innerhalb des Genres. Also spontan zugesagt und nur kurze Zeit nach Erhalt des Buches begonnen in die Welt von Vivi und Josh abzutauchen. Heute kann ich euch auch endlich verraten, wie mir die Geschichte gefallen hat. Falls ihr also neugierig seid, bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension ♥
Lily Oliver entführt uns hier in eine sehr schmerzliche, beinah erdrückende Geschichte voller Leid, Kummer und Ängsten. Bereits auf den ersten Seiten schwingt schon eine ganz einzigartige, ungewohnt „schwere“ Stimmung mit und verstärkt sich im weiteren Verlauf sogar noch. Ich, für meinen Teil, kam wahnsinnig gut in das Buch rein – empfand den Einstieg als sehr leicht gemacht. Denn bevor die eigentliche Handlung beginnt, lernen wir zunächst erstmal die Protagonistin Vivi kennen, die beruflich in ihre alte Heimatstadt New York zurückkehrt. In die Stadt, in der sich ihr Leben damals komplett veränderte. Ich fand schnell einen Draht zu der erfolgreichen Karrierefrau und tat mir überhaupt nicht schwer, dem Geschehen zu folgen. Schwierig wurde es erst, als dann auch Josh ins Spiel kam. Denn Josh wirbelt kurz nach seinem ersten Auftritt eine ganze Menge alter Gefühle in Vivi auf. Und plötzlich, wie aus dem Nichts, ging es rapide bergab mit dem Buch. Nicht nur, dass die Geschichte immer schwerer und deprimierender wurde, auch die Handlungen und Gedankengänge der Figuren verloren für meinen Geschmack ein wenig die Bodenhaftung. Es war so schwer nachzuvollziehen was die zwei taten und welche Ziele sie dabei verfolgten. Im Grunde besteht die Handlung nämlich ab einem bestimmten Punkt nur noch daraus, dass sich Vivi und Josh gegenseitig, mit voller Absicht, wehtun. Immer wieder die gleichen Elemente, die sich wiederholten und allesamt nur auf Schmerz abzielten. Natürlich schwang irgendwo auch noch eine gewisse Spannung mit, immerhin wollen wir als Leser dann doch wissen, was damals geschah – wieso sich die Protagonisten getrennt haben. Aber der Weg dorthin war steinig. Alles zog sich wahnsinnig in die Länge; wirklich fesselnd wurde es durch die Wiederholungen auch nicht und mehr als einmal tritt man auf der Stelle. Dazu kommen unzählige Rückblicke in die Vergangenheit, die mal besser, mal schlechter als solche gekennzeichnet sind und deshalb stellenweise für Verwirrung sorgten. Es fiel mir so schwer, den Faden nicht aus den Augen zu verlieren, denn entgegen allen Erwartungen sind die Rückblicke nicht chronologisch geordnet, sondern eher willkürlich. Mal springen wir 5 Jahre in die Vergangenheit, dann wieder zurück in die Gegenwart, nur um wenige Seiten später dann in die Jugend von Josh und Vivi katapultiert zu werden. Ich versuchte also quasi in einer Tour, die einzelnen Geschehnisse zu ordnen; zu grübeln, was zu gewissen Zeitpunkten denn nun schon geschehen war und was erst noch kommen wird. Zwar liefert jeder Blick zurück eine gewisse Aufklärung und jede Menge Infos aus den jeweiligen Leben der Figuren, doch der Aufbau des Ganzen war mir viel zu kompliziert.
Dabei will ich den Geschehen die vereinzelten Überraschungen nicht absprechen, denn gerade was den Tiefgang betrifft, hat die Autorin einiges an Recherche-Arbeit geleistet und ganz offensichtlich viel Zeit in eben diesen Tiefgang investiert, aber am Drumherum scheitert es schlussendlich. Wenn man kaum was nachvollziehen kann, von dem was passiert, verliert man unweigerlich die Lust daran überhaupt noch zu erfahren, wie das ganze endet – und so erging es mir. Ich hab mich gerade durch das mittlere Drittel einfach nur gequält, weil entweder nichts passierte oder aber total absurde Situationen entstanden, die für mich weder was von Romantik hatten, noch von Spannung. Es war zum Teil einfach zu abgedreht.
Zum Ende hin schlüsselte sich dann so manches auf und auch die Einsicht der Figuren kam – aber für mich restlos zu spät. Und auch wenn zum Schluss einiges erklärt wurde und manches mehr Sinn ergab, änderte das nichts daran, dass mein Interesse am Finale schon in der Mitte des Buches erloschen war. Ich konnte, schlussendlich doch noch meinen Frieden finden mit Vivi und Josh und fand das Ende nicht komplett schlecht. Es war stimmig und beantwortete so gut wie alle offenen Fragen. Aber, wie ich immer zu sagen pflege: es riss das Ruder leider nicht mehr herum. Oder anders: es machte das Nicht-Nachvollziehbare nicht automatisch nachvollziehbar.
In Sachen Charaktere war es ein ähnliches Phänomen. Wo ich Vivi und Josh zu Beginn noch mochte und an sich als sehr interessant empfand, ging es mit jedem gelesenen Kapitel weiter bergab. Ich nahm den beiden auch die Emotionen immer weniger ab und spürte nicht die allseits vertraute und für einen Liebesroman so notwendige knisternde Atmosphäre. Ich muss zugeben, dass mir Josh, obwohl ich im Abschnitt vorher eher über ihn, als über Vivi hergezogen bin, noch um einiges lieber war. Er hatte Ecken und Kanten, war irgendwie sympathischer und obwohl auch seine Handlungen auf immer mehr Unverständnis bei mir stießen, war er durchaus ein liebenswerter Charakter mit einer mehr als spannenden Vorgeschichte. Was es so schwer machte, war die Tatsache, dass wir erst sehr spät überhaupt gesagt bekommen, wieso Josh so denkt und fühlt, wie er es tut. Ich kann darauf nicht näher eingehen ohne euch zu spoilern; aber so viel sei gesagt: es ist eine schlüssige Erklärung. Was hingegen weniger schlüssig war, war seine absolute Vernarrtheit. Okay, die zwei haben sich mal geliebt und dann getrennt – dass die Gefühle nicht automatisch mit dem Ende der Beziehung erlischen ist klar und so also auch ganz glaubhaft eingefangen; aber wieso denkt er, es wäre eine gute Idee, all das, was sie gemeinsam erlebt haben, nochmal zu erleben? Mir schien es fast, als hätte er sich von Vivi da hineindrängen lassen, ohne überhaupt darüber nachzudenken, was das für Auswirkungen und Konsequenzen haben würde. Josh war so sanftmütig, aber auch irgendwie recht launisch und flatterhaft. Mal scheint es, als hätte er nun endlich begriffen – dann wieder spielt er das Spiel weiter mit. Ihr merkt: was Josh bestrifft bin ich relativ zwiegespalten und kann meine Empfindungen nicht so richtig in Worte fassen. Ich mochte Josh im Groben und Ganzen sehr gerne; tat mir aber häufig schwer, ihn so richtig nachzuvollziehen.
Vivi hingegen war zwar anfangs noch ein Sympathieträger, entwickelte sich aber in eine Richtung, die mir gar nicht zusagte. Irgendwann, und das war schon recht früh, war sie für mich nur noch ein einziges Rätsel. Allein ihre und Gedanken und ihr Handeln stand in dermaßen krassen Kontrast, dass es überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, geschweige denn logisch gewesen wäre. Vivi wurde mit der Zeit immer unsympathischer, und das nicht nur Josh gegenüber. Sie verhielt sich wie ein kleines, bockiges Kind, das seinen Willen nicht durchsetzen kann und deshalb einfach rebelliert. Allein ihr Umgang mit ihrer Familie stieß mir mehr als sauer auf und als dann endlich, ziemlich spät, aufgedeckt wurde, was wirklich dahinter steckte, war es noch viel schrecklicher, welches Verhalten diese erwachsene Frau an den Tag legt. In ihren Job mag sie gut sein, aber in Sachen Sozialkompetenz versagt sie auf ganzer Linie. Freunden stößt sie vor den Kopf, Josh verletzt sie mit purer Absicht und ihre Familie wimmelt sie bei jedem Versuch, den sie an den Tag legen, immer wieder eiskalt ab. Mir ist durchaus klar, dass die Handlung genau so laufen musste, um die Geschichte am Laufen zu halten – aber wenn die positiven Eigenschaften beider Figuren immer mehr darunter leiden, sollte überdacht werden, ob das wirklich der richtige Weg ist. Ich jedenfalls konnte mit dieser Frau überhaupt nichts anfangen und jede Form der Nähe, die ich anfangs noch zu ihr verspürt habe, erlosch spätestens an dem Punkt, an dem sie anfing, sich Dinge vorzunehmen, nur um sie dann im nächsten Satz ganz anders zu machen. Sie harmonierte nicht – es wirkte, als würden Gedankenwelt und Handeln nicht eins sein und war nicht nur anstrengend, sondern stieß mir auch immer wieder sehr sauer auf.
Ansonsten gibt es nicht allzu viele Figuren, die eine wirkliche essentielle Rolle spielen. Die einzigen, die mir da in Erinnerung geblieben sind, ist die Familie von Vivi. Und sie drei hatten alle eines gemeinsam: sie genossen mein vollstes Mitleid. Egal wie oft Vivi sich auch daneben benahm, sie versuchten es immer und immer wieder – nur vergeblich. Ich verstand gar nicht, wie man so egoistisch sein konnte. Da kam der Vater und bat um ein Gespräch – um ein offensichtlich wichtiges Gespräch, aber Vivi war sich stets selbst am nächsten und vergraulte alle um sich herum. So kam auch, weder bei den Protagonisten noch bei den Nebenfiguren sowas wie Tiefgang ins Spiel. Sie hatten zwar alle eine Menge Emotionen in sich, doch wirklich glaubhaft und greifbar wirkten sie deshalb noch lange nicht.
Der Schreibstil von Lily Oliver konnte sich allerdings allemal sehen lassen. Schon auf den ersten Seiten erzeugt die Autorin eine wahnsinnig einnehmende, packende Atmosphäre und entführt uns mittels einer fast poetischen Sprache ins weit entfernte New York. Ich kam, nach minimaler Eingewöhnungszeit wirklich super schnell voran und konnte mir die einzelnen Örtlichkeiten und Begebenheiten kinderleicht vor Augen führen. Allgemein würde ich die Art, wie Lily Oliver erzählt als sehr bildhaft beschreiben, denn an Greifbarkeit und Intensität mangelt es dem Buch definitiv nicht. Wohingegen ich noch Luft nach oben sehe, ist die Aufteilung bzw. die Gliederung. Ich hatte es oben ja bereits thematisiert, aber auch hier nochmal: wir lesen aus beiden Protagonisten-Sichten, und das jeweils noch in unterschiedlichen Zeiten, die nicht chronologisch georndet sind. Ich hätte mir da irgendwo ein wenig mehr Gradlinigkeit gewünscht, um dem ganzen besser folgen zu können. Wirklich extrem schade, dass mich die Geschichte nicht begeistern konnte – eine, die mich mehr mitreißt, mit diesem Schreibstil und ein wenig mehr „roter Faden“ und das Highlight wäre absolut perfekt.
„Du und ich – ein letztes Mal“ von Lily Oliver begann wirklich sehr vielversprechend, entwickelte sich aber in rasanter Geschwindigkeit zum negativen. Weder konnte ich eine Verbindung zu den Charakteren aufbauen, noch empfand ich das Geschehen als besonders glaubwürdig. Hier stimmte meiner Meinung nach so einiges nicht, wodurch nicht nur Längen entstanden, sondern auch jede Form von Nachvollziehbarkeit verloren ging. Super schade, ich hatte mir aufgrund der innovativen Idee und der anfänglich so überzeugenden Atmosphäre viel mehr erhofft und wurde am Ende doch enttäuscht. Die ganze Handlung basiert, für meinen Geschmack nur darauf, dass sich die beiden Protagonisten, mal absichtlich, mal unabsichtlich weh tun und auf Dauer kratzte das sowohl an meiner psychischen Verfassung als auch an meinen Nerven. Lediglich der Schreibstil punktet, jedoch riss das das Ganze auch nicht mehr heraus.
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Lily Oliver ist das Pseudonym der Autorin Alana Falk, die mit sechzehn einige Monate eine Highschool besuchte und dabei ihre Liebe für die USA entdeckte. Ihre Reisen an Sehnsuchtsorte wie New York und Neuseeland bereichern ihr Schreiben. Mit ihrem Roman Cursed Kiss erreichte sie die SPIEGEL-Bestsellerliste.
(c) by Knaur Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Knaur Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.