||» Rezension «|| Like Water in your hands [von Mehwish Sohail]

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13. Februar 2022 0 Von Patchis Books
LIKE WATER IN YOUR HANDS
Mehwish Sohail
New Adult
Band 1 von 3
Like This – Reihe
416 Seiten
24. November 2021
Lyx Verlag
Paperback
12,90€
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#werbung #rezensionsexemplar


Die 19-jährige Arwa ist gerade erst für ihr Studium nach Wien gezogen. Aber statt Freundschaften zu knüpfen, verliert sie sich in ihrer Kunst und meidet den Kontakt zu anderen, wo sie nur kann. Das ändert sich, als sie auf Tariq trifft, der vom ersten Augenblick an nie gekannte Gefühle in ihr weckt. Doch Tariq, dem es zunehmend schwerer fällt, die Traditionen seiner Familie mit dem Wunsch nach Freiheit zu vereinbaren, kämpft gegen seine eigenen Dämonen. Und je näher sich Arwa und Tariq kommen, desto klarer wird, dass ihre Liebe nur eine Chance hat, wenn sie sich ein für alle Mal ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft stellen …

(c) by Lyx Verlag

Ich weiß tatsächlich noch ganz genau, wann der Entschluss gefallen ist, dieses Buch zu kaufen. Ich war nämlich bei Instagram unterwegs und jemand hatte in seiner Rezension geschrieben, dass der Mental Health Aspekt in noch keiner anderen Geschichte so gut ausgearbeitet und umgesetzt wurde, wie in „Like Water in your hands“. Das war für mich der ausschlaggebende Grund, wieso ich es mir bestellt habe. Heute kann ich euch derweil nun auch verraten, ob ich mich der Meinung anschließe, oder ob es mir anders erging. Und natürlich alles weitere zu meiner Meinung. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt jetzt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension.

Die Idee hinter dieser Story hatte mich von Anfang an in ihren Bann gezogen. Mir gefiel der Grundgedanke, dass sich zwei verlorene Seelen annähern und sich gegenseitig vielleicht wieder zurück ins Leben verhelfen können. Zwei Menschen, die mit ihren inneren Dämonen kämpfen, sich einander anvertrauen und die Dunkelheit gemeinsam hinter sich zurücklassen. Ich versprach mir enorm viel Tiefgang, einen verantwortungsbewussten und authentischen Umgang mit den psychischen Problemen und ganz viel Gefühl. Auf die Umsetzung war ich also echt gespannt – und ich freute mich darauf, das Abenteuer, dass sich Leben nennt, gemeinsam mit Arwa und Tariq zu bestreiten.
Der Einstieg in die Geschichte fällt auch nicht weiter schwer. Von Sekunde Eins an herrscht eine sehr dichte, bedrückende Stimmung, die einen sofort für sich einnimmt. Wir lernen die beiden Protagonisten kennen, beschäftigen uns viel mit ihrem kulturellen Hintergrund und bekommen so die Möglichkeit, eine innige Verbindung zu ihnen aufzubauen. Ein wirklicher Spannungsbogen bleibt währendessen aber aus. Im Grunde verläuft die Handlung sehr gediegen, ohne viel Tempo, dafür mit umso mehr Schmerz, Leid und Kummer. Selbst das Drama bleibt größtenteils aus; was ich grundsätzlich keineswegs schlecht fand, denn die realistische Abwicklung der Geschichte braucht gar keine unnötigen Konflikte. Sie funktioniert auch so. Trotzdem hatte ich, von Zeit zu Zeit das Gefühl, dass das einfach nicht mein Vibe ist. Es geht viel um Herkunft, um die Frage nach danach, wo man hingehört. Anfangs mochte das noch sehr interessant gewesen sein, weil man unheimlich viel über die Traditionen lernt, über den Zusammenhalt von Familie und Freunden – aber auf Dauer fehlte mir einfach der Bezug dazu. Auch kam ich den Figuren nicht nahe genug, um mich in diese Situation hineinversetzen zu können; um irgendwie nachzuempfinden, was sie bewegt.
Der Mental Health Faktor, der bei beiden Protagonisten ein wichtiger Punkt ist, war dagegen wiederum extrem gut ausgearbeitet und umgesetzt. Es war 100% glaubhaft, wie Arwa und auch Tariq auf gewisse Situationen reagieren und das ganze wirkte auf ganzer Linie echt. Doch so sehr ich den verantwortungsbewussten Umgang damit auch schätze, wie gut sich die Autorin damit auseinandergesetzt hat; im Verlauf des zweiten und auch des letzten Drittels war die Stimmung, die herrschte, nur schwer erträglich. Die Atmosphäre ist, genau wie an Anfang bedrückend, fast niederschmetternd und je weiter man liest, umso mehr erlischt die Hoffnung darauf, dass sich daran etwas ändern könnte. Versteht mich nicht falsch, ich wollte keine 180Grad-Wendung der Figuren haben, aber mir schien es, als gäbe es so gar kein Licht am Ende des Tunnels für sie. Es war einfach immer traurig, immer deprimierend, immer so unglaublich schwer. Es fehlte die Leichtigkeit. Die schönen Momente, die es braucht, um das Geschehen aufzulockern – doch jede Szene war durchzogen von Traurigkeit. Ich hatte darauf gehofft, dass sich die Figuren gemeinsam „retten“, aber das blieb leider, komplett aus.
Gerade gen Ende wurde es immer schwieriger, sich selbst nicht hängen zu lassen. Ich fühlte mich vom Geschehen, den Gedanken der Figuren und von ihren Gesprächen so runtergezogen und musste immer wieder eine Pause einlegen um durchzuatmen. Es ging, auf den allerletzten Seiten kurzzeitig aufwärts, was die Stimmung anbelangt, aber das machte alles andere eben nicht wieder wett. Ich hätte mir mehr Happy End gewünscht, mehr Aufschlüsselung der ganzen Problematik und mehr Leichtigkeit. Doch selbst, als im Grunde alles irgendwie gut war, war da keine Freude in mir, weil mein ganzes Herz belagert war von den deprimierten Vibes der vorangegegangenen Stunden. Auch war mir der Schlussteil zu schnell abgehandelt, was ebenfalls für einen gewissen Frust bei mir sorgte. Da wäre definitiv noch Luft nach oben gewesen, um noch näher auf alles eingehen zu können. Aber leider war das nicht der Fall.

Die Charaktere. Jetzt habe ich ja bereits erwähnt, dass ich zu den Protagonisten nicht die nötige Nähe aufbauen konnte, um mich in sie hineinversetzen zu können. Und dazu stehe ich. Aber ich kann auch nicht behaupten, dass ich nicht mochte. Arwa und Tariq sind zwei sehr ähnliche Figuren, die dementsprechend gut miteinander harmonieren und sich permanent auf Augenhöhe begegnen. Sie leiden beide sehr; haben ihre Probleme, ihre Schwachstellen und ihre Sorgen und eben weil diese Ähnlichkeit besteht, funktionieren sie als Protagonisten-Team nahezu perfekt. Es war fast, als wären sie eins, obwohl sie sich erst innerhalb des Buches kennenlernen. Vielleicht lag da schon mein erstes Problem. Neben den beiden spielen noch zahlreiche weitere Persönlichkeiten eine Rolle, die allesamt den selben kulturellen Background haben. Sie alle sind gleicher Herkunft und obwohl ich es zunächst toll fand, in diese Familien und in den Freundeskreis abzutauchen, fehlte mir es irgendwann an Vielfalt. Sicher, jeder hatte seine Päckchen zu tragen, jeder seine eigenen Ecken und Kanten und Charaktereigenschaften, aber im Gesamten waren sie mir alle zu ähnlich. Und so eben auch Arwa und Tariq.
Sie kommen zwar aus unterschiedlichen Familien, aber doch ticken sie irgendwie sehr gleich. Allerdings fand ich, dass die Lovestory zwischen ihnen durchaus ihre Momente hatte. Zum Teil fand ich es unheimlich schön, wie sie miteinander agiert haben, wie sie intuitiv wussten, was der andere grad brauchte – aber alles andere blieb, für mich, auf der Strecke. Arwa zu mögen ist anfangs sehr leicht, weil man zunächst erstmal vor allem Mitgefühl für sie hegt und mit ihr gemeinsam leidet. Später jedoch nahm ich sie stellenweise als sehr anstrengend wahr. Immer wieder die selben Gedankenspiralen – die zwar glaubhaft und echt, und typisch für ihre Verfassung waren, man aber nicht zahlreiche Male bis ins Detail lesen muss. So oft zog mich diese junge Frau mit sich in die Tiefe und während ich jedes Mal wieder auftauchen konnte, wenn ich das Buch zuschlug, verharrte sie dort unten. Da war kein „an die Oberfläche kommen“, sondern immer nur Rückschläge, Fehler, Versagen und Schmerz. Und das zu ertragen, war schwer. Ansonsten war Arwa aber eine durchaus sympathische Figur, deren Gefühle realistisch eingefangen und an den Leser transportiert wurden. Eine junge Frau, die nicht so recht weiß, wo sie hingehört und was sie noch alles ertragen kann, ehe sie gänzlich zerbricht. Durch ihre Vergangenheit ließ sich ihr Zustand gut nachvollziehen, erklärte so manch Handlung von ihr nochmal genauer und machte sie greifbar. Nur eben nicht weniger anstrengend.
Tariq hatte dagegen erstmal bessere Karten, denn seinen inneren Kampf erfahren wir erst später. So lernen wir ihn als sympathischen, liebenswerten jungen Mann kennen, der seiner Familie und Freunden loyal zur Seite steht und hilft, wo er kann. Mit seinem empathischen Auftreten, seinem großen Herzen und seinem Sinn dafür, immer das richtige zu sagen, war er mir bedeutend lieber, als Arwa. Doch dann kamen auch seine Geheimnisse ans Licht und es wurde zunehmend schwerer, sich ihm nah zu fühlen. Ich bin mir sicher, dass vieles auch meinem Unwissen geschuldet ist und dass ich in gewisser Weise selbst Schuld daran trage, aber mir fehlte die Nachvollziehbarkeit. Ich wurde gänzlich anders erzogen und die Welt von Tariq (und auch von Arwa) ist mir, bis vor diesem Buch komplett fremd gewesen. Ich gab mir ehrlich Mühe, mich in diese Situation, in der Tariq sich befindet, hineinzudenken, aber es misslang mir jedes Mal aufs Neue. Der Klappentext verrät ja bereits in etwa, worum es geht; Tariq verspürt einen großen Drang nach Freiheit. Und immer wieder dachte ich mir, er solle es doch einfach tun, wenn es ihn glücklich macht. Die Problematik mit den Traditionen war für mich als einfach zu weit weg, um nachvollziehbar zu sein. Leider.

Der Schreibstil von Mehwish Sohail ist dagegen wirklich gelungen. Ich kam einerseits sehr schnell voran und rauschte regelrecht durch die Seiten; andererseits konnte ich mir jede Szene leicht vor Augen führen. Bildhaft erzählt sie uns von Wien, von psychischen Problemen, von Versagensängsten und Trauer – und verliert sich trotzdem nicht in den Details. Ich schwanke immer noch sehr, ob ich es gut finden soll, wie intensiv die Atmosphäre hier ausfällt, oder nicht. Anfangs habe ich es noch zutiefst bewundert, wie bedrückend die Geschichte auf mich wirkte, doch sich dauerhaft in so einer Stimmung aufzuhalten, tut nicht gut; niemandem. Im Grunde spricht es sehr für die Autorin, dass sie konstant dieses Hohe Niveau halten konnte; nur tat es der Geschichte eben keinen Gefallen, in meinen Augen.
Die Gliederung fand ich ebenfalls gelungen, und vor allem: außergewöhnlich. Wir lesen über einen wirklich langen Zeitraum nur aus der Sicht der weiblichen Protagonistin und kommen ihr so immer näher. Erst zur Mitte hin etwa, setzt eine weitere Perspektive ein; nämlich die vom männlichen Protagonisten. Ein guter Gedanke, der für Tariq zwar leider nicht ganz so gut war, aber mich im Gesamten doch wirklich überzeugen konnte.

„Like Water in your Hands“ von Mehwish Sohail war leider nicht das, was ich mir erhofft hatte. Die Geschichte beginnt sehr stark mit zwei interessanten, vermeindlich unterschiedlichen Persönlichkeiten und einer sehr dichten, bedrückenden Atmosphäre. Doch der weitere Verlauf der Handlung besticht leider nicht mehr. Die Stimmung wird zunehmend belastender und drückt einen regelrecht nieder; die Figuren verfangen sich in Gedankenspiralen und Ängsten und das Ende war kaum mehr als ein winziger Hoffnungsschimmer. Ich hätte mir so sehr gewünscht, dass dieses Buch ein Prozess ist, den wir miterleben dürfen – aber wir bewegen uns in den dunkelsten Phasen der Figuren einfach nur im Kreis.  Dazu kam, dass ich weder zu Arwa, noch zu Tariq eine richtige Verbindung aufbauen konnte und mich deshalb immer nur wie ein stummer Zuschauer am Rand des Spielfelds fühlte. Ich gebe zu, dass vieles vielleicht auch mir selbst geschuldet ist, weil ich mit dieser Kultur und deren Traditionen bisher nie auch nur ansatzweise in Berührung gekommen bin und ich deshalb vieles als nicht nachvollziehbar wahrnehmen konnte. Trotzdem glaube ich, dass da mehr Potential vorhanden gewesen wäre; nur leider nicht ausgeschöpft wurde. Allerdings möchte ich noch einmal hervorheben, wie fein der Umgang mit der mentalen Gesundheit war. Absolut glaubhaft und realistisch ausgearbeitet und toll eingefangen!

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Mehwish Sohail ist in Pakistan geboren und in der Steiermark aufgewachsen. Sie lebt und schreibt jetzt in Wien.

(c) by Lyx Verlag

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Lyx Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.