||» Rezension «|| Herz aus Schatten [von Laura Kneidl]
Laura Kneidl
Romantasy || Urban Fantasy
Einzelband
Gefangen in der Dunkelheit befreist du aus der Finsternis mein Herz aus Schatten
Kayla hat ihre Angst bezwungen! Sie hat einen Schattenwolf gezähmt, der nun an sie gebunden ist. Als Bändigerin ist es ihre Aufgabe, die Stadt Praha mithilfe ihres Monsters gegen die dunklen Kreaturen zu verteidigen, die jenseits der Stadtmauer in den Wäldern lauern und nach dem Blut der letzten verbliebenen Menschen gieren. Doch dann geschieht das Unfassbare: Ihr Schattenwolf verwandelt sich in einen jungen Mann! Einen attraktiven, eindeutig menschlichen Mann, der sich nicht an seine Vergangenheit erinnern kann – und den die Dunkelheit immer wieder einzuholen droht …
(c) by Lyx Verlag
Das Buch stand bereits in der alten Auflage auf meiner Wunschliste; doch mit der Neuauflage des Lyx Verlags wanderte es automatisch um ein paar Plätze nach oben. Trotzdem war ich noch etwas zurückhaltend; unsicher, ob mir die Geschichte wirklich gefallen wird. Dann hab ich das Buch zum Geburtstag geschenkt bekommen und konnte mich endlich selbst überzeugen. Bin ich vielleicht nicht doch zu alt für diese Storyline? Ich wollte es unbedingt wissen! Und so hab ich nach nur kurzer Zeit nach dem Buch gegriffen und kann euch heute auch schon berichten, ob mich Kayla und ihr Schicksal begeistern konnte, oder ob meine Zweifel doch berechtigt waren. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt jetzt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension.
Laura Kneidl entführt uns hier in eine Fantasy-Version von Prag, wo Kayla und ihre Freunde die Stadt vor den Monstern, die außerhalb der Mauer ihr Unwesen treiben, beschützen. Die ganze Idee hatte mich bereits vom ersten Satz an: Prag, Monster, Bändiger, Internats-Vibes. Was will man mehr? Ich freute mich unglaublich auf eine vielschichtige, abwechslungsreiche und vor allem spannende Storyline, mit neuartigen Fantasy-Elementen und vielleicht sogar mit einem schönen Anteil Romance. Leider aber schienen meine Erwartungen an der ein oder anderen Stelle zu hoch. Aber fangen wir vorn an:
Der Einstieg in die Geschichte barg keinerlei nennenswerte Probleme. Das Kennenlernen mit Kayla gestaltete sich als leicht; ebenso wie auch die Begebenheiten sehr verständlich dargestellt wurden und direkt ein klares Bild der einzelnen Szenen hervorrief. Dabei wirkt die Stimmung von Anfang an recht düster und bedrohlich, und dementsprechend einnehmend. Ich war neugierig, aber auch fasziniert; wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht und welche Hürden Kayla noch zu meistern hat. Es war spannend und mitreißend, temporeich und voller interessanter Faktoren. Das Geschehen warf so viele Fragen auf; so viele Möglichkeiten für den weiteren Verlauf, dass das einfach gut werden musste. Allerdings verlor sich die Spannung nach dem phänomenalen Einstieg so ein wenig. Die wichtigsten, offenen Fragen wurden erstmal an den Rand gedrängt, und sich stattdessen viel mit Nebensächlichkeiten beschäftigt. Damit will ich nicht sagen, dass die Handlung auf der Stelle trat; es ging durchaus vorwärts; aber irgendwie längst nicht mehr so fesselnd. Wir begleiten Kayla im Umgang mit ihrem Schattenwolf, werfen einzelne Blicke auf das Geschehen an der Schule und die üblichen Streitereien unter Schülern und erfahren auch mehr über die Verbindungen der einzelnen Figuren. Nur reichte das längst nicht mehr aus, um Tempo zu erzeugen. Hier und da wurde mal eine rasantere Szene platziert, damit wenigstens ein wenig Tempo entstand; aber gerade wegen des starken Einstiegs war das Abflachen nur umso deutlicher.
Das ganze Potential, das zu Beginn geschaffen wurde, verpuffte immer mehr und alles, was Zündstoff bot, wurde nicht mehr weiter erwähnt. Zumindest über einen sehr langen Zeitraum hinweg. Dazu kommt, dass der Klappentext, den ich im Vorfeld zum Glück NICHT gelesen hatte, quasi die ganze Storyline spoilert. Für mich war wohl die größte Überraschung, als sich der Schattenwolf verwandelte, weil ich damit nicht gerechnet hatte. Es war eine Wendung, die wieder für ein wenig Schwung sorgte, der sich sogar über ein paar Kapitel halten konnte. Aber auch dann gab es wieder einen Fokus, der zu weit vom eigentlichen Geschehen entfernt war: die Liebesgeschichte. Auch damit wurde, um es böse auszudrücken, sehr viel Zeit verschwendet.
Gen Ende nimmt die Handlung definitiv nochmal Fahrt auf und gipfelt in einem sehr rasanten, actionreichen Schlusspart. Es gab die ein oder andere Wendung, die man mal mehr, mal weniger kommen gesehen hat und im Gesamten unterhalten die letzten Seiten enorm gut. Gerade auch, weil es sich um einen Einzelband handelt, packt Laura Kneidl nochmal alles in die Story, sodass keine Frage offen bleibt und das ganze stimmig und rund abschließt. Allerdings war da halt immer noch die Enttäuschung, dass der Verlauf des Buches nicht das war, was man sich aufgrund des Einstiegs ausgemalt hat. Man hätte mehr rausholen können.
Die Charaktere mochte ich dagegen sehr! Kayla zeigte sich von Anfang an als sehr sympathische, bodenständige und reife Protagonistin, die ein gutes Verständnis für Richtig und Falsch an den Tag legte und damit bereits zahlreiche Pluspunkte sammeln konnte. Mir fiel es überhaupt nicht schwer, mich mit ihr anzufreunden und so fieberte ich schon früh intensiv mit ihr mit. Als Tochter des Schulleiters hat sie keinen leichten Stand; weder bei ihren Klassenkameraden, noch ganz allgemein. Aber sie meistert ihre Aufgabe wirklich gut, und ist von vorn herein niemand, der allen gefallen muss; was es ihr – und mir als Leser – ebenfalls leichter machte. Kayla ist verantwortungsbewusst und loyal; aber manchmal auch ein typischer Teenager mit rebellischen Phasen und Trotz-Reaktionen. Für meinen Geschmack ist es Laura Kneidl perfekt gelungen, die Mischung zwischen ganz gewöhnlichem Mädchen und Bändigerin ausgewogen und glaubhaft zu gestalten. Und beide Facetten bergen eine Menge Greifbarkeit. Doch obwohl Kayla von Beginn an schon sehr reif wirkt, hat sie dennoch eine gewisse Entwicklung durchlebt, während der Geschichte. Sie wird erwachsener und lernt, Prioritäten zu setzen. Nicht alles, was sie sagte, tat und dachte, hätte ich genau so gemacht; doch im Endeffekt spielte das auch gar keine Rolle, denn ich nahm ihr jeden Gedankengang und jede Handlung zu 100% ab.
Neben Kayla gibt es auch einen männlichen Protagonisten – nämlich den Schattenwolf. Und auch hier nochmal: ich finde, der Klappentext spoilert viel zu sehr. Denn obwohl der Wolf schon früh auf der Bildfläche erscheint, spielt er doch erst recht spät eine tragende Rolle. Denn ab dem Moment, in dem er sich verwandelt, wechselt seine Aufgabe als Protagonist. Plötzlich ist er nicht mehr der unzähmbare Schattenwolf – das Monster; sondern der Love Interest. Und genau das stieß mir da doch sauer auf. Es wäre deutlich klüger gewesen, den Wendepunkt zu verschweigen; um dann eine möglichst große Überraschung zu erzeugen. Aber trotzdem noch ein paar Worte zum männlichen Protagonist: der Mann, der sich hinter dem Monster verbirgt ist ein erstaunlich zurückhaltender Charakter, der gar nicht mal so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, wie erwartet. Es war, für mich, total interessant, seinen Werdegang zu verfolgen; seine fehlenden Erinnerungen und seine Unsicherheit als Mensch. Als besonders attraktiv erschien er mir dabei nicht; weil mir persönlich einfach die Stärke fehlte; das selbstsichere Auftreten; die Männlichkeit. Trotzdem mochte ich ihn gerne; verfolgte ihn interessiert und war durchaus neugierig, was sich hinter seinem fehlenden Gedächtnis verbirgt. Dieser Mann bot als nicht nur eine spannende Entwicklung, sondern auch das Potential, für Überraschungen zu sorgen. Ich fieberte dem Moment wirklich entgegen, in dem er seine Erinnerungen wiederfindet. Im Gesamten war er also nicht perfekt; und für meinen Geschmack zu wenig im Vordergrund; aber dennoch ein vielschichtiger Kerl, der eine ganze Menge zu erzählen hat.
Ansonsten treffen wir noch auf einige weitere Akteure, die alle ihren Teil zum Handlungsverlauf beitrugen. Wir haben den Vater von Kayla, der für mich eher als Antagonist fungierte. Wir haben Kayla’s besten Freund, der komplett menschlich war und mit ihrer Gabe nicht allzu viel anzufangen wusste; und wir haben den wahren Antagonisten, den ich von vorn herein bereits gefressen hatte. Mit seinem Benehmen erfüllte er seine Aufgabe, den Leser auf die Palme zu bringen, jedenfalls perfekt. Aber war wirklich jeder das, was er vorgab, zu sein? Diese Frage stellte ich mir im Verlauf der Geschichte gleich mehrere Male und ich kann so viel sagen: ich hab mich von dem ein oder anderen doch ganz schön blenden lassen.
So lässt sich nun sagen, dass Laura Kneidl’s Charaktergestaltung wirklich positiv ins Gewicht fällt. Sie verleiht jeder Figur ihre eigenen Wesenszüge und Eigenheiten, sodass sich alle sehr leicht vor Augen führen ließen und dementsprechend auch Emotionen im Leser hervorrufen konnten. Also genau das, was mir persönlich immer am wichtigsten ist. Tiefgang, Details und eine gute Portion Lebendigkeit gab’s für jeden einzelnen nochmal on top.
Der Schreibstil, mit dem uns die Autorin die Geschichte erzählt, lässt sich wunderbar leicht und locker lesen, kann aber auch eine sehr einnehmende Atmosphäre erzeugen, was sich besonders am Anfang deutlich zeigt. Ich konnte mir jede Szene sehr bildhaft vorstellen, und auch die Charaktere waren greifbar und realistisch dargestellt. Mittels einfachen Beschreibungen und geschickt platzierten Details erweckt Laura Kneidl die Geschehnisse zum Leben und reisst den Leser unumgänglich mit. Ich hätte mir an der ein oder anderen Stelle noch ein wenig mehr Schwung gewünscht – vor allem nach dem starken Einstieg und den eher unspektakulären letzten zwei Dritteln. Doch im Gesamten mag ich den Stil und die Art und Weise, wie die Autorin schreibt, sehr gerne. Und auch die beiden unterschiedlichen Perspektiven tun dem Roman unheimlich gut. Beide sind authentisch erzählt, und glaubhaft – und verleihen den jeweiligen Figuren nochmal eine gute Portion Nachvollziehbarkeit.
„Herz aus Schatten“ von Laura Kneidl startet enorm vielversprechend mit viel Action, Spannung, Düsternis und Tempo; flacht dann jedoch immer mehr ab. Für meinen Geschmack wurde sich viel mit Belanglosigkeiten beschäftigt und mit der Lovestory, sodass die eigentliche Geschichte etwas zu kurz kam. Ich hätte mir gewünscht, dass es die ein oder andere Wendung gegeben hätte – die ein oder andere Überraschung, die man so nicht kommen sieht. Dafür boten diese eher ruhigen zwei Drittel wieder genug Raum, damit sich die Figuren – sowohl Haupt- wie auch Nebenfiguren sehr stark entwickeln konnnten und sich in all ihrer Pracht zeigen konnten. Denn eins muss man Kayla & Co. lassen: sie alle waren wunderbare Charaktere, die es einem leicht machten, am Ball zu bleiben. Der Schluss lieferte dann leider auch nicht mehr das Highlight, das ich mir erhofft hatte; (immerhin handelt es sich um einen Einzelband!) aber es war doch rund und stimmig und brachte das Geschehene zufriedenstellend zu Ende. Für mich eine schöne Unterhaltung für Zwischendurch, aber nichts, was man um jeden Preis gelesen haben muss.
» » » Laura Kneidl « « «
Laura Kneidl schreibt Romane über alltägliche Herausforderungen, phantastische Welten und die Liebe. Sie wurde 1990 in Erlangen geboren und studierte Bibliotheks- und Informationsmanagement in Stuttgart. Inspiriert von ihren Lieblingsbüchern begann sie 2009 an ihrem ersten eigenen Roman zu arbeiten. Nach einem längeren Aufenthalt in Schottland lebt die Autorin heute in Leipzig, wo ihre Wohnung einer Bibliothek ähnelt. Sie ist auf Instagram (@laurakneidl) aktiv und tauscht sich dort gerne mit ihren Lesern aus. Weitere Informationen unter: www.laura-kneidl.de
(c) by Lyx Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Lyx Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.