||» Rezension «|| Ophelia Scale 01: die Welt wird brennen [von Lena Kiefer]

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4. Dezember 2022 0 Von Patchis Books
OPHELIA SCALE
– die Welt wird brennen –
Lena Kiefer
Dystopie
Band 1 von 3
Ophelia Scale – Trilogie
» Band 2 + 3 sind bereits erschienen «
464 Seiten
18. März 2019
cbt Verlag
Hardcover
18,00€
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#werbung #rezensionsexemplar

Hoffnung ist stärker als Hass, Liebe ist stärker als Furcht

Die 18-jährige Ophelia Scale lebt im England einer nicht zu fernen Zukunft, in dem Technologie per Gesetz vom Regenten verboten ist. Die technikbegeisterte und mutige Kämpferin Ophelia hat sich dem Widerstand angeschlossen und wird auserkoren, sich beim royalen Geheimdienst zu bewerben. Gelingt es ihr, sich in dem harten Wettkampf durchzusetzen, wird sie als eine der Leibwachen in der Position sein, ein Attentat auf den Herrscher zu verüben. Doch im Schloss angekommen, verliebt sie sich unsterblich in den geheimnisvollen Lucien – den Bruder des Regenten. Und nun muss Ophelia sich entscheiden zwischen Loyalität und Verrat, Liebe und Hass …

(c) by cbt Verlag

Vor etwas mehr als 3 Jahren hab ich Ophelia Scale bereits kennengelernt, und war damals restlos begeistert von der Geschichte. Irgendwie kam es aber nie dazu, dass ich nach Band 2 gegriffen habe und inzwischen sind meine Erinnerungen an die Geschehnisse wirklich verblasst. Also hieß es: Reread! Da vor nicht allzu langer Zeit das Hörbuch zum Auftakt erschienen ist, dachte ich mir, warum nicht? Also hab ich mir das Buch dieses Mal vorlesen lassen und konnte damit ganz nebenbei meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Heute möchte ich euch gern verraten, ob es mir auch heute noch so gut gefällt, wie damals. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension. ♥

Wie auch schon beim ersten Read des Buches kristallisiert sich auch bei diesem Mal wieder ganz klar und vor allem ganz früh heraus, dass Lena Kiefer einfach schreiben kann. Ihr Stil ist greifbar und lebendig, absolut verständlich und in jeder Hinsicht flüssig. Durch die Einfachheit des Schreibstils wirkt die Geschichte noch glaubhafter, als es ohnehin schon der Fall ist. Die Art und Weise, wie sie uns die zukünftige Welt näherbringt, ist fesselnd und mitreißend und scheint, durch die authentische Darstellung, gar nicht mal so abwegig zu sein. Wer sagt uns denn, dass das Leben in der Zukunft nicht genau so aussehen wird? Die Autorin hat das Grundkonzept jedenfalls so rund und stimmig ausgearbeitet, dass es durchaus vorstellbar ist, dass wir Menschen irgendwann wieder komplett ohne Technik auskommen müssen.
Schon der Einstieg macht aber klar, dass solch eine Welt nicht ohne Widerstand auskommt. Und damit beginnt auch schon die eigentliche Geschichte. Es wird sich nicht lange mit großartiger Einführung beschäftigt. Wir steigen in einem Moment in dieses Buch ein, der sich für die Protagonistin als sehr brenzlig herausstellt und haben damit von Anfang an Rasanz und Spannung im Spiel. Und auch das Kennenlernen mit Ophelia und den anderen Figuren findet eher nebenbei statt. Stattdessen konzentriert sich die Autorin voll darauf, nicht viel Zeit zu verschwenden, sondern das Geschehen aktiv voranzutreiben, und die Spannung von Seite zu Seite zu erhöhen.
Und das ist ihr auch durchweg gelungen. Vom ersten Moment an will man das Buch nicht mehr aus den Händen legen. Die Handlung zieht einen in seinen Bann und die Atmosphäre, die so aufgeladen und irgendwie düster wirkt, tut ihr übriges, um den Pageturner-Effekt zu garantieren. Durch den sehr lebendigen Schreibstil erhält auch das Geschehen selbst einiges an Lebendigkeit und macht es damit erst möglich, intensiv mitzufiebern und mitzufühlen. Dabei baut Lena Kiefer immer wieder Wendungen ein, die einen kurz aufkeuchen lassen, ehe man atemlos weiterlesen muss. Die Ausarbeitung ist so ausgeklügelt und genial, dass jede Überraschung die höchstmögliche Wirkung erzielt. Es Aufbau unterscheidet sich hier maßgeblich von anderen Dystopien, obwohl die Grundlinie natürlich schon ähnlich zu anderen Büchern aus dem Genre ist. Trotzdem ist es hier nicht so, dass sich der Spannungsbogen langsam aufbaut und dann am Ende in einem Inferno endet. Es ist mehr so, dass Lena Kiefer immer wieder kleine Feuerwerke zündet. Damit steht ein Tempo, das seinesgleichen sucht. Aber es ist nicht nur die Action und das, was Ophelia erlebt, was so begeistert. Auch auf der zwischenmenschlichen Ebene hat der erste Band hier bereits einiges zu bieten. Es geht um Freundschaft, um Vertrauen, um Liebe. Aber auch um Intrigen, Misstrauen und schwere Enttäuschungen. Und so ist das Werk selbst im Mittelteil, wo oft einfach eine gewisse Ruhe entsteht, vollgepackt mit spannenden Szenen, die interessant und mitreißend zu lesen sind.
Allerdings kein Vergleich zum letzten Drittel, denn dort spitzt sich die Lage, in der sich Ophelia befindet, nochmal enorm zu und damit setzt Lena Kiefer quasi ganz neue Maßstäbe. Wo ich zuvor schon immer wieder sprachlos war, was für ein Sog die Geschichte entwickelt hat, so hab ich mir echt nicht vorstellen können, dass das ganze nochmal getoppt werden könnte. Aber ich wurde eines Besseren belehrt. Was für ein fulminantes Finale, das unheimlich überraschend und zutiefst bewegend daherkommt. Alles bisher geschehene scheint ins Wanken zu geraten und ich konnte gar nicht schnell genug lesen, wie ich erfahren wollte, wie die Sache ausgeht. Und das, obwohl ich ja durch das Reread bereits wusste, was geschehen würde. Aber die Inszinierung ist derart genial, dass es jedes Mal aufs Neue ein Erlebnis ist, dieses Ende – bzw. das ganze Buch zu lesen.

Die Figuren waren ja bereits bekannt; und egal wie viel Zeit auch verstrichen sein mag – eine Ophelia Scale vergisst man nicht. Schlagfertig, mutig und kämpferisch – aber doch so bodenständig, liebenswert und real. Und so erfüllte mich das Wiedersehen mit ihr mit größter Freude. Es ist aber längst nicht nur die Hauptfigur, sondern die gesamte Charaktergestaltung von Lena Kiefer, die überzeugt. Dadurch, dass wir hier auf wirklich viele Figuren treffen, könnte es durchaus schwierig sein, den Überblick zu behalten – aber auf dieses Problem stößt man erst gar nicht. Alle Beteiligten sind von ihren Persönlichkeiten her gut voneinander abgegrenzt, sodass Verwechslungen nur äußerst selten passieren können; wenn überhaupt. Mir gefiel die bunte Mischung, auf die wir hier treffen. Wir haben die klassischen Sympathie-Träger, die das Herz des Lesers im Sturm erobern. Wir haben die, die von vorn herein auf Distanz gehen und kaum Nähe zu lassen und wir haben die, die man binnen kürzester Zeit gefressen hat und am liebsten nie wiedersehen würde. Doch selbst innerhalb der einzelnen Kreise gleicht keine Figur der anderen. Jeder bringt eigene Wesenszüge und Ausstrahlung mit und wirkt so, nicht nur innerhalb des Buches, sondern vielmehr innerhalb des Genres, einzigartig.
Ophelia ist, wie gesagt, eine junge Frau, die man so schnell nicht vergisst. Durch die lebendige Erzählweise der Autorin kommt man den Protagonisten unheimlich nahe und lässt sich bedingungslos auf sie ein. Man fiebert mit Ophelia mit, leidet, hofft, bangt, freut sich, weint, ist geschockt. Ich konnte mich so gut mit ihr identifizieren, dass wir quasi eins waren und ich die Geschichte so noch intensiver, noch eindringlicher erleben konnte. Dabei ist sie eigentlich nicht einmal wirklich besonders – sondern eher bodenständig und alltäglich. Aber genau das macht sie wiederum zu einem Unikat und zu jemanden, zu dem man problemlos eine Verbindung aufbauen kann. In meiner vorherigen Rezension hab ich sie als eine gelungene Mischung aus Kämpferin, klugem Kopf und Herzensmensch beschrieben – und genau das möchte ich hier und heute genau so übernehmen. Denn neben all ihren Mut und ihrem starken Willen, besitzt sie auch eine gehörige Portion Gefühle. Sie macht sich damit verwundbar, aber es hält sie trotzdem nicht davon ab, zu lieben. Sie steht zu ihren Entscheidungen, auch wenn sie sich im Nachhinein als falsch erweisen. Aber niemals käme sie auf die Idee, sich selbst in ein besseres Licht zu rücken, indem sie leugnet. Sie ist und bleibt sich selbst treu, scheut aber nicht nicht davor zurück, Fehler einzusehen und darüber nachzudenken. Sie ist reif und erwachsen; bereit, sich auf neue Blickwinkel einzulassen und dazu zu lernen, und so entsteht auch noch eine deutliche Entwicklung ihrer Persönlichkeit.
Neben Ophelia spielen noch zahlreiche andere Figuren eine wesentliche Rolle. Aber keiner kam, meiner Meinung nach an sie heran. Sie alle sind wichtig für den Verlauf der Geschichte – keine Frage! Aber Ophelia stand für mich ganz oben, ganz allein auf dem Treppchen. Trotzdem muss ich noch ein paar Worte zu den „Neben“charakteren loswerden. Denn wo der eine sofort Liebenswürdigkeit ausstrahlt, zeigt sich im weiteren Verlauf dieses Auftakts, dass man sich durchaus auch mal auf den Holzweg befinden konnte als Leser. Nicht immer war der erste Eindruck richtig, und diese Undurchsichtigkeit begeisterte und erstaunte mich gleichermaßen. Ich fasste oft aufgrund positiver Ausstrahlung Vertrauen; musste aber über kurz oder lang einsehen, dass es nicht jeder verdient hatte. Und so birgt die Gestaltung der einzelnen Persönlichkeiten einen weiteren, interessanten Spannungspfad, den es zu ergründen gilt.

Auch beim Reread hat mich „Ophelia Scale 01: die Welt wird brennen“ von Lena Kiefer wieder restlos begeistert. Eine unheimlich ausgeklügelte Dystopie-Geschichte, die mit einer genialen Idee daherkommt und einige sehr überraschende Plots und unerwartete Wendungen zu bieten hat. In Sachen Spannung setzt die Autorin immer wieder noch eins drauf und feuert dabei schon vor dem Schlusspart immer wieder Feuerwerke ab, die einen sprachlos machen. Zwischen den Explosionen beschäftigt sich Lena Kiefer aber auch mit zwischenmenschlichen Interaktionen und lässt so ganz nebenbei auch noch eine enorme Menge Tiefgang entstehen, der berührt und nachdenklich macht. Die mehr als breit gefächerte Palette an Charakteren passt ebenso gut zur Handlung, wie der sehr alltägliche, fast jugendliche Schreibstil. Für mich auch im Jahr 2022 wieder ein absolutes Jahreshighlight, das einfach unsagbar viel Spaß machte und darüber hinaus auch noch mit Gefühl punktete.

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Lena Kiefer wurde 1984 geboren und war schon als Kind eine begeisterte Leserin und Geschichtenerfinderin. Einen Beruf daraus zu machen, kam ihr jedoch nicht in den Sinn. Nach der Schule verirrte sie sich in die Welt der Paragrafen, fand dann aber gerade noch rechtzeitig den Weg zurück zur Literatur und studierte Germanistik. Bald darauf reichte es ihr nicht mehr, die Geschichten anderer zu lesen – da wurde ihr klar, dass sie Autorin werden will. Heute lebt Lena Kiefer mit ihrem Mann in der Nähe von Bremen und schreibt in jeder freien und nicht freien Minute.

(c) by cbt Verlag

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim cbt Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.