||» Rezension «|| Nebelschimmer [von Anya Omah]
Anya Omah
New Adult
Band 2 von 3
Sturm – Trilogie
432 Seiten
Zwei Herzen
Damals: Calla und Jasper. Sie waren das perfekte Pärchen. Das, von dem alle dachten, es würde für immer zusammenbleiben. Doch manchmal hat das Leben andere Pläne. Manchmal muss man schwere Entscheidungen treffen. Und manchmal führen einen diese Entscheidungen weit weg von zu Hause …
Tausend Bruchstücke
Heute: Nach über einem Jahr – einem schrecklichen, schmerzhaften Jahr – ist Calla zurück in Deutschland. Endlich wieder zu Hause. Endlich wieder ihre Freundinnen umarmen. Einziger Minuspunkt: Sie trifft auch ihren Ex wieder. Und Jasper kann ihre Gefühle mit nur einem einzigen Blick immer noch ins Chaos stürzen …
(c) by Kyss Verlag
Anya Omah hat sich mit „Regenglanz“ ganz tief in mein Herz geschrieben. Die Geschichte rund um Alissa und Simon hat mich damals unheimlich berührt und zutiefst begeistert. Eigentlich hatte ich anschließend vor, alles von ihr zu lesen, was bis dato auf dem Markt war; aber wie so oft, funkten andere Bücher dazwischen. Nun endlich hab ich nach „Nebenschimmer“, also dem zweiten Band der Sturm-Trilogie gegriffen und war im Vorfeld wahnsinnig gespannt, ob mich auch Calla und Jasper so sehr von sich überzeugen können würden, wie das Couple aus Band 1. Ob das der Fall war, oder ob Regenglanz meine unangefochtene Nummer Eins bleibt, erzähle ich euch jetzt. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension. ♥
Anya Omah entführt uns hier wieder ins wunderschöne Norddeutschland, allerdings nicht mehr nach Hamburg, sondern nach Lübeck und ob man es glaubt oder nicht, diese „unscheinbare“ Stadt hat mich fast noch mehr begeistert, als die Metropole Hamburg. Das Setting war unheimlich greifbar und anschaulich ausgearbeitet und versprühte eine tolle Atmosphäre, die mir das Gefühl gab, zuhause zu sein, obwohl ich noch nie einen Fuß auf Lübecks Straßen gesetzt habe. Trotzdem fühlte ich mich wohl, willkommen und gut aufgehoben und so ein bisschen Fernweh wurde doch tatsächlich auch geweckt.
Stets an unserer Seite: Calla. Mir ihr erleben wir Höhen und Tiefen, werden emotional wirklich eingebunden und von den Messages hinter der Geschichte tief bewegt. Aber immer schön der Reihe nach:
Der Einstieg birgt vor allem die Möglichkeit, Calla kennenzulernen. Wir können uns ein ausgiebiges Bild von ihr und ihrer Situation machen und uns damit in einem sehr angenehmen Tempo an sie gewöhnen bzw. eine Verbindung zu ihr aufbauen. Gleichzeitig schafft Anya Omah auch schon einen gewissen Spannungsbogen, indem sie durchscheinen lässt, dass Calla etwas mit sich herumträgt – fragt sich nur, was? Im selben Zuge taucht dann auch Jasper auf, aber nicht etwa, um direkt die Handlung in Gang zu bringen, sondern anhand seiner eigenen Perspektive. Damit erhalten wir auch von ihm erst einmal einen ersten Eindruck und dürfen damit selbst nochmal ein bisschen tiefer in die Emotionen der beiden Hauptfiguren abtauchen. Dafür sorgen auch die kurzen Rückblenden in die Vergangenheit, wo wir quasi live miterleben dürfen, wie sich Calla und Jasper kennengelernt und langsam angenähert haben. Diese Leichtigkeit, zu der nur Kinder und Jugendliche fähig sind, war eine herrlich schöne Abwechslung zur Schwere der Gegenwart, obwohl die Themen sich natürlich überschneiden und teilweise sogar gänzlich decken. Man merkt einfach, mit wie viel Gefühl und Lebendigkeit Anya Omah erzählt; wie wichtig ihr diese Geschichte ist und nah sie an der Realität angelehnt ist. „Nebelschimmer“ ist nämlich nicht nur eine einfache Lovestory; es ist ein Own Voice Roman, der in der Lage ist, nochmal viel tiefer und viel intensiver zu berühren. Rassismus, Diskriminierung und Vorurteile sind nur ein ein paar von vielen Problematiken, die behandelt werden. Das, was Calla fast täglich widerfährt, ist furchtbar und doch für viele dunkelhäutige Menschen der traurige Alltag. Oft sind es nur unbewusste Nebensätze, die schon tief verletzen und das zeigt Anya Omah hier ganz eindrucksvoll auf. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass das immer noch so ein großes Ding ist – sollte es doch sch*ißegal sein, ob schwarz, weiß, gelb oder lila. Mensch ist Mensch, und jeder davon trägt ein Herz in sich, das verletzt, wenn nicht sogar gebrochen werden kann durch unbedachte Aussagen und Verhalten.
Aber zurück zur Lovestory! Denn neben der ganzen Aufklärung, die auch mir die Augen öffnen und zum Nachdenken animieren konnte, steht die Liebe mindestens genau so sehr im Fokus. Die Sache zwischen Calla und Jasper ist, in gewisser Weise, eine klassische Second Chance Romance, und wie so oft ist der große Spannungsbogen, was geschehen ist, dass aus Liebe so viel Abneigung und Misstrauen entstanden ist. Durchaus Grund zum Mitfiebern, aber eben keine Neuerfindung des Rads. Dafür war die Mischung aus schweren Themen und Liebesgeschichte so ausgewogen, dass es trotzdem herrlich erfrischend rüber kam. Die damaligen Gefühle zwischen den Figuren waren unendlich authentisch und schön, und das was sich bei dem Wiedersehen in der Gegenwart abspielt, war genauso glaubhaft und nachvollziehbar. Man spürt in jeder Silbe, dass da noch was ist, aber man merkt auch die Kluft, die sich zwischen Calla und Jasper aufgetan hat über all die Zeit. Ich fand die beiden, sowohl damals wie auch heute, wirklich toll! Es war eine eher sanfte Romance, mit vielen schönen Momenten, aber auch mit Drama, Streitereien und den alltäglichen Sorgen, die zu all den Ungerechtheiten, mit denen Calla zu tun hat, dazu kommen.
Besonders gen Ende spürte man aber den Sog, den die Liebesgeschichte ausübt, unheimlich intensiv. Die Lage spitzt sich nochmal zu; es wird nochmal spannend und trotzdem gibt’s kein explosives Finale, was ich wahnsinnig angenehm fand. Ein rundes, stimmiges und vor allem wunderschönes Ende für die beiden und ihre Geschichte eben.
Die Charaktere tun ihr Übriges, damit die Story ihre volle Wirkung entfalten kann. Allgemein war die Gestaltung der einzelnen Figuren, aber auch die Konstellation toll gewählt und ausgearbeitet. Wir haben für jeden Geschmack was dabei; und jeder Wunsch wird quasi erfüllt. Wir haben die ruhigen Figuren, die sich eher am Rande aufhalten und nur wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen; und wir haben die lauten, verrückten, die eine Menge Schwung reinbringen. Ich konnte mir jeden einzelnen wunderbar leicht vor Augen führen und zu jedem eine entsprechende Verbindung aufbauen. Wo der eine ein gern gesehener Gast war, war der andere eher unsympathisch und so hielt es sich herrlich glaubhaft die Waage.
Selbst bei Calla und Jasper war es so, dass sie sich perfekt ergänzten und doch einige Parallelen aufwiesen. Besonders schön war auch die Entwicklung zu beobachten, die beide im Laufe der Zeit machten. Von damals zu heute, aber auch innerhalb der Gegenwart. Ich fand die Dynamik zwischen Jasper und Calla schlicht sehr gelungen, denn sowohl die Streitereien wie das leise Knistern zwischen ihnen, das in all der Zeit nicht gänzlich abgeflacht ist, sind total glaubhaft und ergreifend. Kurz gesagt: hier fliegen die Funken und die Fetzen!
Calla ist von Anfang an eine sehr sympathische und liebenswerte Protagonistin, indem sie selbstbewusst und lebendig auftritt. Sie hat bereits eine gewisse Reife, die sie auch so ausstrahlt und die ihr als Mensch wahnsinnig gut tut. Keine Naivität, kein kindisches Gehabe und kein falscher Stolz. Natürlich gibt’s hier und da mal Momente, in denen es klüger und erwachsener gewesen wäre, einfach nachzugeben und über den eigenen Schatten zu springen; aber im Gesamten war’s trotzdem glaubhaft. Es fiel mir wirklich leicht, mich mit ihr anzufreunden, ja sogar mich mit ihr zu identifizieren. Demnach fieberte ich von Anfang an mit ihr mit und konnte jede Emotion am eigenen Leib nachfühlen. Anya Omah hat die Empfindungen der jungen Frau aber auch unheimlich lebensecht eingefangen. Durch all den Ballast, den Calla mit sich herumträgt, erhielt sie enorm viel Tiefgang und war dadurch noch greifbarer und näher am Leser. Auch ihr Umgang mit ihren Problemen sprach für sie, weil sie einerseits stark wirkte und drüber stand, aber der anderen Seite aber deutlich darunter litt. Im Gesamten also eine tolle Protagonistin, mit einem großen Herzen, viel Kampfgeist und Schwächen an den richtigen Stellen.
Innerhalb des Buches dreht sich natürlich extrem viel um die Rassismus-Problematik und damit um Calla, die immer wieder, mal unbewusst, mal mit voller Absicht rassistisch angegangen wird. Jasper geht da, im Vergleich, fast ein bisschen unter. Er wirkt dagegen sehr unscheinbar und „uninteressant“, obwohl letztes doch etwas hart ausgedrückt ist. Denn ich mochte Jasper unheimlich gerne, trotz oder vielleicht gerade wegen der Alltäglichkeit. Er bot den perfekten Ausgleich zum Drama, das sich in Calla’s Leben abspielt und brachte immer eine gewisse Ruhe ins Spiel. Gleichzeitig stellte er aber auch ein Spannungselement dar, immerhin ist er der Love Interest und damit der Dreh- und Angelpunkt der Liebesgeschichte. Mit seiner Bodenständigkeit und seiner anziehenden Ausstrahlung war er für mich der perfekte Protagonist. Er bewies immer wieder eine großartige Erziehung und im selben Zuge dann auch ein richtig großes Herz. Man spürte in jeder Silbe, dass Jasper ein echt guter Kerl ist und für seine Liebsten durchs Feuer gehen würde. Das allein machte ihn liebenswert; aber auch wie er mit Calla umgeht, zeigt, dass er erwachsen und reif ist. Trotz aller Streitigkeiten verliert er doch nie den Respekt vor ihr und sammelte damit gleich zahllose Pluspunkte. Besonders gut gefiel er mir aber als Jugendlicher, weil er, wie von Geisterhand, immer daas richtige sagte, dachte und tat. Die Kennenlern-Phase mit Calla gehörte definitiv zu den schönsten Szenen innerhalb des Buches und ließen mich viele Male wohlig aufseufzen. Doch auch Jasper war nicht gänzlich frei von Problemen. Auch er kämpfte gegen innere Konflikte; trug dies aber nur selten an die Oberfläche. Er machte viel mit sich selbst aus, wodurch es manchmal so schien, als wäre es seinem Umfeld gar nicht möglich, an ihn heranzukommen – doch als Leser haben wir eben auch seine Perspektive, die uns vieles nochmal in einem ganz anderen Licht erstrahlen lässt. Er bzw. sein Verhalten ist nachvollziehbar und einleuchtend, wenngleich er manches auch mit etwas viel Sturheit durchsetzen will. Im Gesamten fand ich ihn aber absolut gelungen; voller Greifbarkeit, Offenheit und Leben. Eben genau so, wie ein typischer Good Guy und damit ein perfekter Protagonist eben sein sollte. Große Liebe für Jasper.
„Nebelschimmer“ von Anya Omah beinhaltet eine wunderbar authentische, tiefgreifende und message-reiche Geschichte, die mit brisanten Themen daherkommt und den Leser immer wieder innehalten lässt. Der Autorin ist es gelungen, die Rassismus-Problematik herrlich authentisch, aber doch sehr eindrücklich einzuweben und man spürt in jeder Zeile (und dazwischen), dass es ein Thema ist, dass sie selbst betrifft und belastet. Ich konnte mich hineindenken, mitfühlen und mitfiebern und war gleichzeitig schockiert, wie alltäglich Diskriminierung scheinbar noch immer ist. Die Liebesgeschichte bietet den perfekten Ausgleich und liefert, trotz bekannten Grundgerüst, auch eine Menge Funkenflug. Klassische Second Chance Romance, aber wahnsinnig gut gemacht. Ein weiteres Highlight aus der Feder von Anya Omah und mit Sicherheit nicht das letzte Buch, das ich von ihr gelesen habe.
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Anya Omah, geboren im Juli 1984 in Dortmund, hat als medizinisch-technische Laborassistentin und Wirtschaftspsychologin gearbeitet, bevor sie sich als Autorin selbstständig machte. Über diese Entscheidung sagt sie Folgendes: «Ich war verrückt genug, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen und kehrte dem sicheren Bürojob den Rücken. Aber mal ehrlich … wie verrückt kann es sein, einen Traum zu leben, wenn man die Chance dazu bekommt?»
(c) by Kyss Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Kyss Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.