||» Rezension «|| Anatomy: eine Liebesgeschichte [von Dana Schwartz]

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20. Januar 2023 0 Von Patchis Books
ANATOMY
– eine Liebesgeschichte –
Dana Schwartz
Übersetzer: Cornelia Röser
Historischer Jugendroman

Band 1 von ??
384 Seiten
07. Dezember 2022
Loewe Verlag
Paperback
16,95€
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#werbung #rezensionsexemplar


(c) by Loewe Verlag

Als „Anatomy“ angekündigt wurde, war meine Neugier tatsächlich nicht ganz so groß. Erst als das Buch dann nach und nach bei Instagram aufgetaucht ist, und ich dadurch dann endlich auch mal den Klappentext gelesen hatte, wollte ich erfahren, was sich hinter dem doch sehr besonderen Cover verbirgt. Ich weiß gar nicht genau, was ich mich versprach, aber ich hatte dennoch irgendwie recht hohe Erwartungen. Macht wenig Sinn, oder? Ich weiß. Nun, sei es drum. Heute möchte ich euch gern erzählen, ob mich Dana Schwartz’s Werk überzeugen konnte, oder ob ich nicht doch lieber die Finger davon gelassen hätte. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt jetzt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension. ♥

Dana Schwartz hat sich hier für eine echt interessante Thematik entschieden und uns damit im Jahre 1817 nach Edinburgh entführt. Schon allein durch die Handlungszeit war ich mehr als nur neugierig, was uns im historischen Schottland wohl so erwarten würde. Ich hab mir allerlei Möglichkeiten ausgemalt, wohin die Reise an Hazel‘s Seite wohl führen würde; und jede einzelne davon war ziemlich aussichtsreich. Erster Pluspunkt also: die Idee.
Der Sprung ins Geschehen ist hier in Form eines sehr ungewöhnlichen Prologs gehalten. Wir starteten also mit einer Szene, die mich zunächst erstmal total ratlos zurückließ, weil es sich so gar nicht wie eine Liebesgeschichte anfühlte. Düster, gruselig und ziemlich skurril; aber eben auch interessant. Plötzlich schienen all meine Ideen für den weiteren Verlauf total abwegig, und das trieb die Spannung doch ordentlich in die Höhe. Man will um jeden Preis erfahren, was es mit dieser Einstiegsszene auf sich hat und wie das alles zu einer Love Story passt und wie und auf welchem Wege die beiden so unterschiedlichen Elemente zueinander finden sollen. Ein gut gewählter Start also, der zu fesseln weiß und dazu animiert, auf der Stelle weiterlesen zu wollen. Als besagter Prolog dann vorüber war, betraten wir, zumindest thematisch gesehen, wieder bekanntes Terrain. Wir lernen Hazel kennen und auch ihre Lebensumstände sowie ihren familiären Background. Es bedurfte etwas Zeit, bis ich mich an diese damalige Zeit und die Begebenheiten, Ansichten und Ausdrucksweisen gewöhnt hatte, aber Dana Schwartz ist es gelungen, trotz der vielen „fremden“ Aspekte, alles sehr verständlich und bildhaft rüber zu bringen. „Anatomy“ lässt sich definitiv als historischen Roman bezeichnen, aber auch als Jugendbuch. Die ganzen historischen Fakten sind nicht zu detailliert, und doch entsteht beim Lesen diese altertümliche Atmosphäre, die ich so liebe.
Die Idee, auf die damaligen Probleme in Bezug auf Frauen in Männerberufen hinzudeuten, bot eine tolle Abwechslung zum Einheitsbrei und ließ so manch Selbstverständlichkeit in der heutigen Zeit in einem ganz anderen Licht erscheinen. Die Autorin beschäftigt sich nämlich viel und ausführlich damit, welche Hürden Hazel auf ihrem Weg zur Chirurgin überwinden muss und wie viel Kraft, Mut und Durchhaltevermögen sie das kostet. Aber selbst wenn man so viel investiert, scheint es trotzdem unmöglich, dass sie jemals ihren Traum leben kann. Die Liebesgeschichte, die ja schon im Titel steckt, empfand ich dabei als ein wenig zu nebensächlich. Natürlich stehen Hazel und Jack immer im Vordergrund, doch thematisiert wird der Chirurgen-Teil deutlich mehr bedient. Nichts desto trotz kommen die Gefühle nach und nach auf, und die Kennenlern-Phase der beiden gestaltet sich wohl gerade durch Hazel‘s Traum so interessant. Da treffen Welten aufeinander, aber die Harmonie ist dennoch unübersehbar. Richtige Funken flogen zwar nicht, aber doch fühlte ich mit ihnen mit.  Als dann das Tempo durch mehrere unerwartete Wendungen in die Höhe schnellt, war mir die Liebesgeschichte dann fast egal. Viel wichtiger war: wo kamen diese Thriller-Vibes denn plötzlich her? Es wurde spannend, mitreißend.. einfach unglaublich. Vieles hat vielleicht schon darauf hingedeutet, aber nie hätte ich damit gerechnet, dass Dana Schwartz noch so viel Action einbringen würde. Ich fieberte im letzten Drittel so sehr mit, dass ich das Buch gar nicht mehr aus den Händen legen konnte. Ich musste wissen, ob all der Kampf umsonst war – wollte erfahren, ob es für Jack und Hazel eine Zukunft geben würde, und vor allen Dingen wollte ich, dass gewisse Figuren das bekamen, was sie verdienten. Ein fulminanter Schlusspart, der mich mehr als nur begeisterte und einfach unheimlich unerwartet kam. Was für eine Überraschung – ach was sag ich.. was eine Vielzahl an Überraschungen! Besonders interessant ist auch, dass es sich hierbei zwar um einen Teil einer Reihe handelt, das Ende aber so wirkt, als würde das Buch gut und gern für sich allein stehen können. Es gibt in gewisser Weise einen Cliffhanger, aber im Grunde wäre die Auflösung auch als Abschluss denkbar. Trotzdem muss ich natürlich Band 2 lesen.

Nicht zuletzt auch, um die Figuren wiederzusehen. Ich hab es schon angeteasert, aber hier dann nochmal im Detail: Dana Schwartz hat mit der Gestaltung ihrer Charaktere eine absolute Punktlandung hingelegt. Nicht nur, dass wirklich von allem was dabei war; auch in Sachen Authentizität glänzt jeder einzelne. Die Autorin hat es geschafft, die Persönlichkeiten entsprechend der damaligen Zeit auszuarbeiten und allein damit schon sehr viel Lebendigkeit und Echtheit ins Spiel zu bringen. Wenn ich nur an die ganzen Nebenfiguren denke, die zum Teil wirklich nicht oft auf der Bildfläche erscheinen, waren sie alle doch mit den nötigen Details ausgestattet, damit ich sie mir wunderbar vor Augen führen konnte. Und jeder löste mit dazu auch noch einiges an Emotionen in mir aus. Während ich den einen von Anfang an als sehr angenehm wahrnahm, zeigte der andere direkt, dass er nicht dafür gemacht wurde, um ihn gern zu haben. So manch einen wollte ich einfach nur schütteln, andere hätten – entschuldigt meine Ausdrucksweise – umgehend eine Ohrfeige verdient. Eines hatte der bunte Haufen aber gemeinsam: sie waren allesamt sehr interessant und jeder von ihnen trieb die Geschichte auf seine eigene Art und Weise voran. Die verschiedenen Stellungen einzelner Leute wurde auch enorm gut zum Ausdruck gebracht und die Unterschiede treten damit perfekt hervor. Egal ob Straßenjunge oder der Lord höchstpersönlich; jeder war herrlich greifbar für mich.
Hazel ist eine ganz wunderbare Hauptfigur, einfach weil sie sie selbst war: mutig, furchtlos, ehrgeizig. Eine junge Frau, mit einem ganz großen Traum; und sie scheut wirklich keine Mühen, diesen wahr werden zu lassen. Mit Herzblut und Feuereifer arbeitet sie an sich und ihren Fähigkeiten, und vergisst dabei doch nie das Wichtigste: die Menschlichkeit. Ja, sie schlägt nicht immer ganz legale Wege ein, aber am Ende des Tages ist sie doch eine ganz normale junge Frau, mit Gefühlen, einer gesunden Portion Neugierde und einem unbrechbaren Gerechtigkeitssinn . Hazel zeigt mindestens ebenso oft Schwäche wie Stärke und ihre Loyalität gegenüber ihren Liebsten ist beeindruckend. Zweifel, Ängste, Sorgen, das alles beschäftigt sie mindestens so sehr, wie ihre Liebe für die menschliche Anatomie. Sie ist durch und durch greifbar und macht es uns Lesern damit sehr leicht, eine Verbindung zu ihr aufzubauen. Allgemein fieberte und fühlte ich intensiv mit ihr mit, und das war doch das Wichtigste. Dass ich sie liebenswert und sympathisch fand, dass ihre Handlungen und Gedankengänge stets nachvollziehbar ausfallen und dass sie immer bewies, dass sie ein großes Spektrum an Emotionen aufwies. Demnach gibt es nichts; absolut nichts, was ich an ihr kritisieren könnte/müsste.
Jack bildete da auch keine Ausnahme. Zwar verkörperte er das pure Gegenteil von Hazel, war aber gerade deshalb eine willkommene Abwechslung. Er hatte nicht diese irre hohen Ambitionen, war ein einfacher junger Mann aus ärmlichen Verhältnissen und doch auch unbeschreiblich authentisch. So liebenswert und sympathisch, so bodenständig und einfach wie aus dem echten Leben entsprungen. Jack brachte immer wieder neue Aspekte ins Spiel und war damit nicht nur ein Akteur unter vielen, sondern ein enorm wichtiger Bestandteil der Geschichte – und für Hazel. Ich hatte so ein bisschen das Gefühl, als wäre Jack der einzige, der auf einer tieferen Ebene zu Hazel durchdringen konnte und das brachte ich noch mehr Pluspunkte ein. Im Grunde ist Jack nicht super besonders, aber seine Lebendigkeit machte das im Nu wieder wett. Er passte absolut perfekt in die Rolle, die er innehatte und weil ich auch mit ihm bedingungslos mitfiebern und mitfühlen konnte, war die Angelegenheit absolut rund. Wie sollte sie auch nicht? Hier passte alles perfekt zusammen und es entstand eine herrlich angenehme Atmosphäre zwischen den Protagonisten. Wie schon oben erwähnt, empfand ich die Liebesgeschichte als etwas zu sehr an den Rand gedrängt, aber dafür kann weder Jack noch Hazel etwas.

„Anatomy: eine Liebesgeschichte“ von Dana Schwartz bietet wirklich einige interessante Facetten und darüber hinaus auch noch ein einzigartig einnehmendes Flair. Die Thematik rund um die Probleme des weiblichen Geschlechts in der damaligen Zeit einen Männerberuf zu besetzen, ist der Autorin wahnsinnig gut geglückt, indem es real, glaubhaft und einfach mitreißend wirkt. Was Hazel alles auf sich nehmen muss, um ihrem Traum auch nur einen winzigen Schritt näher zu kommen, ist beinah schon schockierend. Leider ist die Liebesgeschichte, die ja schon im Titel vorkommt, so ein klein wenig zu kurz gekommen neben der Ausarbeitung des Plots. Ein kleiner Wehmutstropfen, der neben all den positiven Aspekten aber beinah untergeht. Ich hab intensiv mitgefiebert und mitgefühlt, konnte mich von Dana Schwartz ins historische Schottland entführen lassen und war besonders vom letzten Drittel absolut geflasht. Wer hätte gedacht, dass sich hier Historik, Thriller und Love Story vereinen würden? Ich jedenfalls nicht. Und umso größer ist der Nachklang. Ich freu mich auf Band 2!

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Dana Schwartz ist Fernsehautorin und Schöpferin des Geschichtspodcasts Noble Blood, der zu den erfolgreichsten in den USA gehört. Als Journalistin und Kritikerin hat Dana Schwartz für Entertainment Weekly, Marie Claire, Glamour, GQ, Cosmopolitan, Vanity Fair und andere geschrieben. Sie lebt in Los Angeles.

(c) by Loewe Verlag

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Loewe Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.