||» Rezension «|| Das Lied der Nacht [von C.E. Bernard]
C. E. Bernard
Übersetzer: Charlotte Lungstrass-Kapfer
High Fantasy
Band 1 von 3
Wayfarer-Trilogie
Nur ein vergessenes Lied vermag es, die Dunkelheit der Nacht zu durchbrechen. Wäre es doch nur erlaubt zu singen – oder sich zu erinnern …
Ich erzähle euch eine Geschichte. Sie beginnt in einem finsteren Tal mit hohen, schneebedeckten Bäumen. Sie beginnt mit einem einsamen Wanderer in den fahlen Stunden des Zwielichts, in der bläulich glänzenden Dämmerung. Sie beginnt mit einer Frage. Fürchtet ihr euch?«
Die deutsche Fantasy-Autorin C.E. Bernard hat ein episches, bewegendes und beeindruckendes Meisterwerk geschaffen, das High-Fantasy-Leser feiern werden. »Das Lied der Nacht« ist die Geschichte des in sich gekehrten Wanderers Weyd und der mutigen Bardin Caer, die gemeinsam vor einer fast nicht zu bewältigenden Aufgabe stehen: Feuer in einer Welt entzünden, in der Schatten, Albträume und Furcht regieren. Und die einzige Hoffnung, die sie in diesem Kampf haben, ist ein Lied
(c) by Penhaligon Verlag
C. E. Bernard hat sich bereits vor einigen Jahren mit dem Auftakt der Palace of – Reihe in mein Herz geschrieben. Leider hab ich die Reihe, aus unerfindlichen Gründen nie fortgesetzt, aber trotzdem behielt ich die Autorin im Blick. Spätestens als dann „Das Lied der Nacht“ angekündigt war, war mir klar, auch das will ich lesen. So hab ich es beim Verlag angefragt und prompt auch den Zuschlag bekommen – ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle ♥ Und weil ich gerade an dieser Rezension sitze, ist es wohl offensichtlich, dass das Buch nicht lange auf meinem SuB liegen musste. Falls ihr jetzt wissen möchtet, wie mir der Auftakt der Wayfarer-Trilogie gefallen hat, dann bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension ♥
Der Einstieg in die Geschichte war nicht ganz so leicht, wie erhofft. Die Art, wie C.E. Bernard die Geschichte erzählt ist anders – besonders – einzigartig. Ihr Stil gleicht einer Melodie (danke Susi » magische_momente_ « für den Vergleich) die mal laut und mal leise ist, mal turbulent und mal ruhig. Die Sprünge zwischen den verschiedenen Sichten sind ungewöhnlich abrupt eingebaut, kommen völlig unvermittelt und sind quasi ein fliessender Übergang. Mitten im Absatz kommt es durchaus vor, dass mehrere Male die Perspektiven gewechselt werden. Und ich gebe zu, es bedarf einiger Zeit, um sich daran zu gewöhnen bzw. zurechtzufinden. Allgemein ist der Roman recht anspruchsvoll zu lesen und man muss sich sowohl die Zeit als auch die Konzentration nehmen, dran zu bleiben. Denn tut man das, so fliegen die Seiten nur so dahin. Ich kam ungemein schnell voran, versank regelrecht zwischen den Zeilen und konnte mir Orte, Szenen und Figuren wunderbar leicht vor Augen führen. Allgemein schwingt bei diesem poetisch-melodischen Stil auch viel Greifbarkeit und Lebendigkeit mit. Die Geschichte lebt, sie verschlingt einen und lässt mich auch heute noch nicht richtig los. Das Worldbuilding allein ist schon einnehmender als vieles, was ich zuvor im High Fantasy-Bereich gelesen habe. Das Setting fällt sehr bildhaft aus und ich tat mir überhaupt nicht schwer, mich zu orientieren und fesseln zu lassen. Ein weiterer, wichtiger Punkt, den ich in Bezug auf Stil und Wortwahl anmerken möchte ist die Gewalt. Das Buch ist nicht nur phantastisch, sondern auch sehr brutal. Die Autorin nimmt kein Blatt vor den Mund und bringt jedes Gemetzel straight auf den Punkt. Auch in der Hinsicht also nichts für Zartbesaitete oder Anfänger – ich bin nach wie vor der Meinung, dass das Buch garantiert nicht für jedermann geeignet ist; schlicht weil es recht „schwer“ zu lesen ist und sehr gewaltvolle Szenen beinhaltet. Aber neben all der Brutalität und dem Blut und dem Kampf, gibt es sogar Gefühle – Gefühle die mich intensiv erreichten und zum Teil richtig berührten. Das muss man in diesem „Kriegs-Schauplatz“ auch erst einmal bewerkstelligen. Toll gemacht also und für mich sind Stil, Sprache und Ausarbeitung das Highlight des Buches!
Genau so wie an dem Buch gefühlt alles anders ist, als bei anderen High Fantasy Büchern, hoben sich auch die Charaktere deutlich vom Einheitsbrei ab. Wir begleiten hier gleich mehrere Figuren, die allesamt eine tragende Rolle in der Handlung spielen. Trotzdem beschränke ich mich hier zunächst mal auf die zwei wichtigsten Persönlichkeiten: den Wanderer Weyd und die Bardin Caer. Beide sind eher stille Genossen – zumindest hab ich sie als das wargenommen. Sie sind eher unaufgeregt, bringen aber genau damit eine gewisse Würze mit sich. Besonders Weyd hat sich bei mir binnen kürzester Zeit in mein Herz geschlichen, weil er einerseits so taff und mutig und stark ist und so viel Selbstvertrauen hat, ohne damit angeben zu müssen und andererseits so zurückhaltend und unsicher, dass er einem beinah leid tun muss. Dabei offenbart Weyd bei beiden Facetten ein so großes Herz – die Loyalität seinen Freunden gegenüber ist grenzenlos und dass es quasi immer erst an alle anderen denkt, bevor er sich um sich selbst sorgt, beweist, was für ein guter Mensch er doch war. Ich mochte seine Handlungen und Gedankengänge unheimlich gerne und konnte mich trotz all der Unterschiede wunderbar in ihn hineinversetzen. Manchmal schien er zwar etwas sehr selbstlos, aber daran gewöhnte ich mich alles in allem doch schnell.
Caer hatte im Grunde ganz ähnliche Eigenschaften. Meine Eindrücke von ihr unterscheiden sich kaum von denen von Weyd, aber trotzdem waren sie wie Tag und Nacht. Ich mochte die Bardin extrem gerne, weil man die Leidenschaft, die sie für die Musik in sich trägt in jeder Silbe über sie erkennen kann. Man spürt sie, kann sie beinah greifen – und trotzdem setzt sich auch Caer stets und ständig für ihre Freunde ein. Kein Opfer ist ihr zu groß; sie nimmt solche Lasten auf sich – einfach faszinierend. Dennoch kam sie für mich auch etwas „bad“ rüber. Nicht unsympathisch oder weniger liebenswert, aber sie war schlagfertig, durchdachter und irgendwie etwas derber in ihrem Verhalten. Für mich durchlebte Caer auch eine etwas deutlichere Entwicklung, obwohl beide Protagonisten von Anfang an derart tiefgründig und erwachsen ausgearbeitet waren, dass ein Wandel gar nicht wirklich nötig war. Allein die Chemie zwischen den beiden, die Schwingungen waren schon raumgreifend genug, um das ganze Buch mit Atmosphäre zu füllen. Einerseits war da die tiefe Verbundenheit durch die jahrelange Freundschaft, andererseits schwang eben auch ein Knistern und Prickeln in ihrem Tun und Handeln mit.
Die Randfiguren, wovon es, wie gesagt, einige gab, waren ebenfalls detaillreich und eingehend dargestellt. Während ich anfangs noch etwas durcheinander kam, weil die Namen recht ungewöhnlich sind, so näherte ich mich ihnen allen immer mehr an. Zum Ende hin wurden sie genau so wie für Weyd und Caer zu Freunden – richtigen Vertrauten, die mich überzeugten, berührten und auf die Palme brachten.
Und nun zur Handlung. Und ich kann euch jetzt schon sagen, dass dieser Abschnitt chaotisch wird – sehr chaotisch, weil meine Gedanken wirklich schwer zu greifen sind und weil man hier einfach nicht zu viel verraten darf, ohne das Buch zu zerstören. Fangen wir mal mit der Idee an. C.E. Bernard hat sich mit „Das Lied der Nacht“ eine wahnsinns Storyline überlegt, die vor neuartigen und innovativen Elementen nur so strotzt. Nicht nur, dass Wanderer und Bardin schon ungewöhnliche Begleitungen sind, so ist auch die Geschichte voller erfrischender Geschehnissen.
Es beginnt bereits richtig spannend los, und auch wenn der Einstieg nicht ganz einfach war, so fieberte ich doch so gut wie von Anfang an mit. Der Prolog ist hier wohl die erste Warnung, denn der hatte es in Bezug auf Brutalität und Gruselfaktor schon in sich. Ein rasanter, temporeicher, blutiger Prolog, der ankündigt, was da noch auf den Leser zukommen wird. Doch nach dem Prolog ist vor der Geschichte: Wir lernen zunächst die Charaktere sowie die äußeren Umstände kennen, ehe unsere Reise beginnt. Eine Reise, die vor Dunkelheit und Furcht nur so sprüht – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Handlung ist nichts für schwache Nerven. Obwohl ich mich nicht zu denen zähle, die sich schnell fürchten, so jagten auch bei mir etliche Schauer über den Rücken. Wir begleiten Weyd und Caer, müssen zusehen, wie die Truppe immer kleiner wird und geraten in einen Strudel aus Missgunst, Intrigen, Hass und Tod. Wie gesagt: hier wird nichts schön geredet, nichts umschrieben, sondern knallhart erzählt.
Und trotzdem herrscht mitten drin auch immer wieder so etwas wie eine friedliche Stimmung – nämlich immer dann, wenn die Handlung eher auf die Freundschaft und den Zusammenhalt der Truppe gelenkt wird. Es gab schöne Momente; Momente die mich zufrieden seufzen ließen und die mich positiv überraschten. Nur darf man sich davon nicht täuschen lassen – denn die nächste Gewalttat bzw. die nächste Intrige steht immer kurz bevor. Was eine actionreiche, spannende, mitfiebernswerte und emotionale Geschichte!! Der rote Faden zieht sich so durch’s Geschehen, dass man ihm stets leicht folgen kann und obwohl so viel Chaos herrscht, gab es keine Orientierungsschwierigkeiten.
Der Schluss offenbart dann nochmal ganz neue Aspekte, die alles, was bisher geschah, in Frage stellten. So wird auch klar, dass es sich hierbei wirklich nur um einen Auftakt handelt – um den Beginn von etwas ganz ganz ganz Großem. Obwohl viele offene Fragen beantwortet wurden im Verlauf der Geschichte, so wirft das große Finale hier nochmal völlig neue auf. Wow. Ich war mehr als sprachlos, als ich die letzten Kapitel auf mich wirken ließ und spürte auch sofort meine juckenden Finger – ich brauche unbedingt die Fortsetzung! Leider aber hatte ich mir zum Schluss hin vielleicht nochmal eine kleine Steigerung zum bisherigen Geschehen gewünscht. Einfach nochmal ein kleines Feuerwerk; mehr Action – mehr Turbulenz. Es war zwar überraschend und definitiv überzeugend, aber nicht 100% das, was ich mir vom Ende eines solchen Spektakels gewünscht hatte. Dafür bin ich mir aber sicher, dass Band 2 und 3 derart viel Potential haben, damit die 5 Sterne vielleicht nicht ausreichen könnten. Wir werden sehen. Danke jedenfalls an die Autorin, dass ich die Reise und die Leiden von Weyd und Caer bis hierhin miterleben durfte!
„Das Lied der Nacht“ von C.E. Bernard wartet mit so viel Ungewöhnlichkeit und Einzigartigkeit auf, dass es kaum zu glauben ist. Eine völlig neuartige High Fantasy Geschichte mit nur wenig Magie-Anteilen, dafür mit umso krasserer Weltgestaltung. Die Protagonisten Weyd und Caer sind ebenso speziell wie es die Handlung ist und passen deshalb umso besser zu dem Roman. Mittels eines melodisch-poetischen Stils erzählt uns die Autorin eine brutale, ungeschönte Reise durch ein fremdes Land, voller Intrigen, Blut und Tod. Dieses Buch ist 100% nicht für jeden etwas – aber ich war begeistert! Lediglich am Ende fehlte mir noch eine Brise Wow-Effekt – einfach ein wenig mehr Feuerwerk. Bei dem bisherigen Spektakel wirkt der Schluss fand ein wenig zu ruhig. Dafür sollten Band 2 und 3 Potential haben, meine Bewertungsskala zu sprengen – ich jedenfalls bin unbeschreiblich gespannt auf die Fortsetzungen; vor allem nach diesem Cliffhanger!
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C.E. Bernard ist das Pseudonym von Christine Lehnen, die 1990 im Ruhrgebiet geboren wurde und seitdem in Kanada, den Vereinigten Staaten, Australien und Paris gelebt hat. Sie studierte die Fächer English Literatures and Cultures und Politikwissenschaft, seit 2014 lehrt sie Literarisches Schreiben an der Universität Bonn. Daneben promoviert sie an der University of Manchester über Neuerzählungen des Trojanisches Krieges, erwandert das Siebengebirge und mentoriert zukünftige Talente für PAN e. V. Ihre Kurzgeschichten wurden mit den Literaturpreisen der Jungen Akademien Europas und der Ruhrfestspiele Recklinghausen ausgezeichnet, ihre Romane waren für den RPC Fantasy Award und den Lovelybooks-Leseraward nominiert. Christine Lehnen schreibt auf Englisch – ihre auf Deutsch erschienenen Werke, darunter die Palace-Saga und zuletzt die Wayfarer-Saga, werden ins Deutsche zurückübersetzt.
(c) by Penhaligon Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Penhaligon Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen. Sowie natürlich auch für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.