||» Rezension «|| Das Schlaflabor [von Marc Meller]
– Du kannst nicht schlafen. Du suchst Hilfe. Und der Alptraum beginnt –
Marc Meller
Thriller
Einzelband
(c) by Lübbe Verlag
Obwohl ich gerade im Herbst und Winter echt gerne Thriller lese, bin ich bei den Neuerscheinungen meist nicht so up to date, wie ich es wohl sein sollte. Wahrscheinlich war auch das der Grund, warum ich „Das Schlaflabor“ zunächst gar nicht auf dem Schirm hatte. Erst als eine meiner besten Bookbuddys in den höchsten Tönen davon geschwärmt hat, rückte das Buch auch bei mir in den Fokus. Da ich mir aber nach wie vor etwas unsicher war, dachte ich mir, das ebook würde zunächst reichen; und so fragte ich es bei Netgalley an. Ein riesen Dank an der Stelle, sowohl an Netgalley wie auch an den Lübbe Verlag. Heute kann ich euch auch schon meine Rezension dazu liefern. Falls ihr also neugierig seid, bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension.
In diesem Buch geht’s zunächst erstmal nach Köln, wo wir einen kurzen Blick auf unseren Protagonisten Tom werfen dürfen, ehe wir gemeinsam mit ihm in den Schweiz reisen, um dort die letzte Chance auf einen normalen Schlaf ergreifen. Tatsächlich war ich ehrlich verwundert, dass das Schlaflabor an sich eher sekundär eine Rolle spielt – ich hatte mehr damit gerechnet, dass sich der Großteil der Geschichte innerhalb des Labors abspielen würde; obwohl der Klappentext ja eigentlich auf was anderes hindeutet. Nun denn, wir wissen alle, wie aufmerksam ich Klappentexte lese.
Doch trotz der Überraschung, nach nur wenigen Seiten die Schweiz wieder zu verlassen, schaltete ich schnell um, warf meine Erwartungen über Bord, freundete ich mich mit der Handlung an und hatte dementsprechend auch keine großen Probleme damit mitzufiebern. Die Neugier auf den weiteren Verlauf war einfach zu groß, um irgendeine Form von Enttäuschung zu verspüren. Allein die Einstiegsphase ist sehr geschickt insziniert und wirft umgehend einige Fragen auf, die dem Leser unter den Nägeln brennen. Damit ist der Grundstein für die Spannung gelegt, und mit jeder weiteren Szene, schwillt der Bogen an. Es wird immer undurchsichtiger, immer ominöser und immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich einem jeden misstraute. Gerade dass wir den vermeindlichen Täter begleiten, bringt den Leser in einen gewissen Zwiespalt. Ja; Tom ist hochgradig sympathisch – nein, man kann sich nicht sicher sein, ob er wirklich unschuldig ist. Und so beginnt nicht nur für ihn als Protagonist, sondern auch für mich als stummer Beobachter eine Suche nach Antworten; nach Beweisen und nach der womöglich zerschmetternden Wahrheit.
Während also Tom krampfhaft versucht, die Beweise für seine Unschuld zusammen zu sammeln, liegt auch den ermittelnden Polizisten aus Köln und aus Bern eine Menge daran, den Fall aufzuklären. Demnach haben wir gleich mehrere Perspektiven, die allesamt ihren Teil dazu beitragen, dass die Spannung dauerhaft am Leben gehalten wird. Jeder findet andere Indizien und die einzelnen Stränge ergänzen sich so perfekt, dass man das Buch kaum aus den Händen legen wird. Wie wird wohl Tom reagieren, wenn er dies und jenes erfährt? Was macht die Polizei, wenn sie das, was Tom in Erfahrung gebracht hat, vorliegen hat? Es gibt also entsprechend nicht nur den Spannungsbogen hinsichtlich Tom, sondern auch tiefe Einblicke in die Ermittlungen. Und ganz nebenbei erklärt uns der Autor auch noch, wie unser Gehirn funktioniert. Es gibt einen enorm großen Anteil an Fachwissen, das aber sehr verständlich und nachvollziehbar ins Geschehen eingewoben ist. Was nicht heißt, dass es nicht für die ein oder andere Länge sorgte. Zwar fügte sich alles schön ineinander, und war essentiell um die Geschichte überhaupt zu verstehen, aber doch zog sich manch Erklärungsphase etwas in die Länge. Das machte sich besonders im Mittelteil bemerkbar, denn es wurde, von Zeit zu Zeit, ein wenig trocken. Trotzdem bin ich froh, dass sich diese Phasen zumeist nicht über übermäßig viele Seiten zogen, sondern immer nur absatzweise eingebunden waren; aber der Effekt blieb der Gleiche.
Dafür merkt man gen Ende dann umso mehr, wie sehr uns der Autor an der Nase herumgeführt hat. Man hat sich so ein wenig vom Fachlichen ablenken lassen, sodass man das Offensichtliche scheinbar aus den Augen verlor. Er streute ganz bewusst Hinweise, die in eine völlig verkehrte Richtung wiesen und demnach für ordentlich Verwirrung sorgten. Erst gen Ende klärte sich alles auf und obwohl es für mich nicht größte Überraschung war, was die Auflösung betraf, so begeisterte mich das Drumherum umso mehr. Es war hochgradig spannend, absolut actionreich und ein fulminantes Ende für einen ohnehin rasanten Thriller.
Wie ich nun schon angeteasert hatte, so war Tom ein echt sympathischer Protagonist, der der Geschichte erst die nötige Lebendigkeit verlieh und darüber hinaus auch die Möglichkeit des Mitfieberns gewährleistete. Er ist authentisch, sehr glaubhaft in seinem Auftreten und durch sein „fortgeschrittenes“ Alter von 30 Jahren auch kein kopfloser Jungspund mehr. Seine Handlungen und Gedankengänge erschienen stets logisch; und auch wenn er sich mit manch einer Aktion immer tiefer hinein ritt, so musste man als Leser einsehen, dass man es selbst wohl kaum anders gemacht hätte. Ich tat mir überhaupt nicht schwer mit ihm; im Gegenteil. Ich litt mit ihm. Ich fieberte mit ihm mit. Ich hoffte und bangte. Und gleichzeitig war da immer ein gewisses Maß an Skepsis, ob ich da nicht doch aufs falsche Pferd setzte. Was, wenn Tom doch nicht unschuldig war, wie man glauben könnte? Durch seine Amnesie konnte man nur mutmaßen, was sich wirklich abspielte. Und selbst er konnte sich ja nicht sicher sein, ob da nicht doch Blut an seinen Händen klebte. Und das allein machte ihn schon zu einem unheimlich interessanten Hauptcharakter. Dazu sein beinah überzogenes Misstrauen einem jeden gegenüber brachte Zündstoff mit sich. Denn wenn man sich erst einmal in einer Position wie in seiner befand, dann war das der einzig richtige Weg, um überhaupt eine Chance darauf zu bekommen, nicht verrückt zu werden. Denn auch das droht ihm. Wie soll man da nicht die Nerven verlieren? Im Gesamten hätte ich mir also keinen besseren Protagonisten vorstellen können, denn er trieb die Geschichte aktiv voran, war greifbar und sehr facettenreich dargestellt.
Randfiguren gab’s natürlich auch zahlreiche. Manche hätten eher den Titel Protagonist verdient, wie zum Beispiel die Polizisten oder aber andere Akteure. Und doch fokussiert sich Marc Meller sehr auf Tom, um ihm auch ja die nötige Portion Glaubwürdigkeit und Tiefgang verleihen zu können. Lediglich die Begleitung von Tom bekommt erstaunlich viel Aufmerksamkeit; aber auch das machte die Dame auch erst so richtig sympathisch. Was hätte unser lieber Tom nur ohne die Unterstützung dieser Frau getan? Trotzdem empfand ich sie allesamt als sehr gut getroffen. Durch den sehr angenehmen Stil lassen sich Attribute der Figuren ganz nebenbei und leicht aufschnappen, und doch verfehlten sie nicht ihre Wirkung. Durch die bildhafte Erzählweise erschien mir ein jeder Charakter vor meinem inneren Auge und wurde dank geschickt platzierten Beschreibungen zum Leben erweckt. Besonders die einzelnen Perspektiven vertieften die Bildung zum ein oder anderen nochmal mehr und so harmonieren alle Aspekte der Geschichte perfekt miteinander und ergeben ein großes Ganzes.
„Das Schlaflabor“ von Marc Meller ist ein sehr spannender, temporeicher Thriller, der meiner Meinung nach durch völlig neue Elemente auftrumpfen kann. Nicht nur, dass wir hier sehr tiefe Einblicke in die Funktion unseres Gehirns erhalten; auch das schweizer Setting und die mehr als authentischen Figuren sorgen dafür, dass diese Geschichte einfach mitreißt. Ich war von Anfang an gefesselt; fieberte mit und versuchte permanent, die Auflösung vorherzusehen. Die Tatsache, dass es die Möglichkeit gab, sich selbst so viele Gedanken zu machen und mitzurätseln und mitzuermitteln, spricht schon ganz klar für das Werk und beweist, dass der Autor etwas von seinem Handwerk versteht. Nicht alles war die riesengroße Überraschung; manches war durchaus abzusehen; aber die Inszinierung des Ganzen sowie das Drumherum überzeugte dennoch auf ganzer Linie. Ich weiß jetzt zumindest schon mal sicher, dass dies nicht mein letztes Buch von Marc Meller gewesen sein wird.
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Marc Meller ist das Pseudonym eines erfolgreichen Autors von Film- und Fernsehdrehbüchern, Kriminalromanen und Thrillern. Eigentlich ist Marc ein guter Schläfer – wenn er nicht gerade an seinem nächsten Buch arbeitet und die Nacht zum Tag werden lässt. Er lebt, schreibt und schläft in Köln.
(c) by Luebbe Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Luebbe Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen. Ein weiterer Dank gilt Netgalley, für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.