||» Rezension «|| Die sieben Männer der Evelyn Hugo [von Taylor Jenkins Reid]
Taylor Jenkins Reid
Übersetzer: Babette Schröder
Gegenwartsliteratur || Romance
Einzelband
Dieser Liebesroman erobert die Herzen von Hundertausenden Leserinnen: Queer, divers und einfach unwiderstehlich
Die einstige Hollywood-Filmikone Evelyn Hugo ist endlich bereit auszupacken und die Wahrheit über ihr schillerndes Leben und ihre skandalösen sieben Ehen zu erzählen. Sie fragt die Lokaljournalistin Monique Grant als Ghostwriterin an. Monique ist darüber mehr als erstaunt, schließlich hat sie seit Jahren keinen großen Artikel mehr geschrieben. Könnte das ihre Chance sein?
In ihrem luxuriösen Apartment über den Dächern Manhattans beginnt Evelyn Monique ihre Geschichte zu erzählen: vom Aufstieg in der Männerwelt Hollywoods, den goldenen Jahren der Filmbranche und einer geheimen großen Liebe, deren Scheitern der Preis für ihren Erfolg war. Als sich die Geschichte dem Ende nähert, begreift Monique schließlich, auf welch schmerzhafte Weise ihr Leben mit dem des Hollywoodstars verbunden ist …
(c) byUllstein Verlag
Da ich selbst kein allzu großer TikTok-Fan bin, ging der Hype rund um dieses Buch zunächst komplett an mir vorbei. Erst als dann auch Instagram langsam von Taylor Jenkins Reid erobert wurde, erreichte sie auch mich. Mit „Die sieben Männer der Evelyn Hugo“ konnte ich zwar anfangs immer noch nicht viel anfangen, doch gesehen hatte ich es inzwischen das ein oder andere Mal. Meine Neugier wurde es geweckt, als plötzlich sogar enge Freunde anfingen, davon zu sprechen. Also gar nicht lange gefackelt und direkt bei Netgalley angefragt; auch wenn ich kaum Hoffnung auf eine Zusage hatte; immerhin war ich recht spät dran. Doch ich hatte mich getäuscht! Ein riesiges Danke also an Ullstein Buchverlage und an Netgalley für die Bereitstellung des eBooks. Inzwischen hab ich die Geschichte im Buddyread mit Line und Susi erleben dürfen und meine Eindrücke möchte ich heute gern mit euch teilen. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension.
Taylor Jenkins Reid entführt uns hier in einen Roman, der so außergewöhnlich wie einmalig ist. Allein die Erzählweise hob sich grundlegend vom Einheitsbrei ab und begeistert so auf einer völlig neuen Ebene. Dreh- und Angelpunkt ist Evelyn Hugo; eine Ikone – eine lebende Legende, die sich dafür entschieden hat, ihr Leben für die Nachwelt festzuhalten; in Form einer Biografie, die von der jungen Journalistin Monique zu Papier gebracht werden soll. Und wir als Leser dürfen Evelyn’s Erzählungen lauschen, dürfen dabei sein, wie sie von ihren Erlebnissen erzählt und in Erinnerungen schwelgt. Wie sie alles noch einmal Revue passieren lässt; wie sie die Emotionen noch einmal durchlebt. Und dabei trotzdem sehr nüchtern wirkt. Mir gefiel die Art und Weise, wie die Autorin das Ganze rüber gebracht hat, extrem gut. Wir haben also nicht nur die Biografie von einer erfolgreichen Schauspielerin, die ein sehr umtriebiges Leben geführt hat, sondern auch die Gegenwart. Eine Gegenwart, in der der Glanz und Glamour rund um Evelyn Hugo keineswegs verblasst ist. Und eine Gegenwart, die einen erstaunlich hohen Spannungsfaktor beinhaltet; aber dazu später mehr.
Bleiben wir einfach mal beim Schreibstil. Der ist wunderbar angenehm zu lesen, sodass man nur so durch die Seiten rauscht und sich dennoch komplett in der Geschichte verliert. Taylor Jenkins Reid schreibt bodenständig und unverblümt; bringt die Tatsachen auf den Punkt, und erzeugt dennoch ein klares Bild der einzelnen Szenen. Auch die Emotionen wurden toll transportiert, sodass eine einnehmende, mitreißende und stimmungsvolle Atmosphäre entstehen konnte, die mich vom ersten, bis zum letzten Buchstaben fesselte. Und obwohl sich der Großteil des Geschehens in Hollywood abspielt, ist es der Autorin gelungen, den Fokus nicht zu sehr auf diesen Aspekt zu legen, sondern ihn rein bei Evelyn zu behalten. Ein weiterer, großer Pluspunkt, denn so konnte man zwar hinter die Kulissen einer Filmproduktion blicken, beschäftigte sich aber nicht weiter damit, sondern konzentrierte sich wieder auf die Person im Vordergrund. Auf Evelyn Hugo.
Evelyn Hugo. Die Protagonistin. Die ehemalige Schauspielerin. Die Ikone. Die lebende Legende. Mit dieser Frau hat Taylor Jenkins Reid eine Figur ins Rennen geschickt, wie ich sie zuvor noch nie kennenlernen durfte. Eine Frau, die unsagbar vielschichtig wahrgenommen werden konnte und bei der quasi der Leser entscheidet, wie sie wirklich auf ihn wirkt. Ist sie für mich die unsympathische, sture und sehr eigensinnnige alte Frau, die kaum Widerworte zulässt? Oder ist sie für mich die erfolgreiche, mehr als kluge Schauspielerin, die für ihre Karriere über Leichen geht? Es gab tausend Möglichkeiten, und ich selbst ertappte mich immer wieder dabei, wie ich in meiner Meinung über Evelyn ins Straucheln geriet. Ich war mir unsicher, ob ich das, was sie sagte, dachte und tat nun grandios und über alle Maße beeindruckend finden sollte, oder ob da nicht Abscheu im Spiel sein sollte. Wusste nicht, ob ich vor dieser Frau meinen imaginären Hut ziehen oder sie stattdessen lieber mal kräftig durchschütteln sollte. Aber eins haben all ihre Facetten gemeinsam: sie sind glamourös und schillernd in den buntesten Farben, und einmalig. Evelyn ist keine 0-8-15-Hauptfigur; sie ist ein Statement. Ihr Leben aus ihrer eigenen Sicht – aus ihrer eigenen Erzählung mitzuerleben ist schockierend, skandalös, bewundernswert und einfach voller Überraschungen. Und obwohl ich manchmal meine Zweifel hatte, ob sie wirklich jemand ist, den man liebgewinnen sollte, fiel es mir gar nicht schwer, es zu tun. Ich liebte diese Frau; liebte es, wie sie straight ihren Weg ging; wie sie genau wusste, was sie wollte und wie sie dazu kam und liebte es, wie sie trotz allem Reichtum, all der Ehre, die ihr zuteil wurde, niemals ganz vergaß, woher sie kam. Evelyn hatte, obwohl es oft nicht vordergründig zu erkennen war, ein großes Herz und für die Menschen, die sie liebte, war sie bereit, alles zu tun. Für meinen Geschmack war diese alte Dame, die von ihrer Kindheit bishin zu ihrer „Rente“ alles aufarbeitet und nichts unter den Tisch fallen ließ, ein Phänomen. Nicht jede Handlung war 100% nachvollziehbar, aber eben weil sie ansonsten so sympathisch auf mich wirkte, war das gar nicht weiter schlimm. Es kam glaubhaft rüber, und hochgradig interessant; und das war viel mehr wert als alle Nachvollziehbarkeit der Welt. Kurz um: Evelyn ist eine der beeindruckensten Menschen, denen ich in der Buchwelt jemals begegnen konnte und sie ist definitiv jemand, den man so schnell nicht wieder vergisst.
Neben Evelyn beschäftigen wir uns mit verhältnismäßig wenigen anderen Personen. Sicher, es gab einige, die eine tragende Rolle innerhalb der Geschichte, der Biografie, gespielt haben; aber als zweiten Protagonisten lässt sich keiner so recht bezeichnen. Trotzdem möchte ich auf zwei Personen näher eingehen: einmal auf Harry; und einmal auf Celia.
Beide sind aus Evelyn’s Leben gar nicht mehr wegzudenken und nehmen einen verhältnismäßig großen Teil des Romans ein. So ist Harry ein Mann, der von Anfang an einen echt sympathischen, liebenswerten, bodenständigen Charakter zeigt. Er war so ausgeglichen, so authentisch und versprühte stets eine durch und durch angenehme Stimmung. Harry war es auch, der Evelyn so manches Mal in einem viel besseren Licht erstrahlen ließ, weil er nochmal auffing, was sie sagte und was sie tat. Er war derjenige, der bedingungslos zu ihr stand, sie immer in Schutz nahm und verteidigte und vielleicht trug Harry den wohl größten Teil dazu bei, dass auch ich eine Bindung zu Evelyn herstellen konnte.
Celia, die einzig weibliche Konstante innerhalb des Buches; neben Monique, konnte mich dagegen nicht so sehr von sich überzeugen. Sie wies einige Attribute auf, die es mir schwer machten, sie gern zu haben; wie zum Beispiel Eifersucht, Arroganz und Rücksichtslosigkeit. Auch ihre unfaire Seite war für mich alles andere als sympathisch; aber ich bin dennoch in gewisser Weise froh, dass sie Bestandteil der Geschichte war. Sie hatte etwas zartes an sich, fast etwas kindliches – und das bis ins hohe Alter.
Und zu guter letzt noch ein paar Worte zu Monique; die Hauptfigur der Gegenwart quasi. Obwohl die junge Journalistin nur Mittel zum Zweck war, hätte ich mir dennoch ein wenig mehr Tiefgang gewünscht bei ihr. Für mich wirkte sie blass und eher oberflächlich, und kaum zugänglich. Dadurch ging für mich einiges an Liebenswürdigkeit verloren. Versteht mich nicht falsch: ich mochte Monique, aber sie war eine so nebensächliche Figur, dass auch der Spannungsbogen etwas darunter zu leiden hatte. Ich bin mir sicher: wäre eine intensivere Verbindung zu ihr entstanden, hätte auch die Wendung am Ende nochmal um einiges mehr eingeschlagen und noch mehr auf den Buch herausgeholt. Neben Evelyn schien die Monique aber komplett zu verblassen.
Die Idee hinter „Die sieben Männer der Evelyn Hugo“ ist unsagbar einfallsreich und kreativ. Schon während den ersten Seiten spürt man die eigenwillige Dynamik des Romans und je weiter er fortschreitet, umso interessanter und ungewöhnlicher wird es. Schon allein die Tatsache, dass die fast das gesamte Leben einer erfolgreichen Schauspielerin aus Hollywood mitverfolgen, war schon eine Innovation für mich; doch der Erzählstil hob das alles auf eine noch höhere Ebene. Aber fangen wir vorn an:
Der Einstieg gelang mir problemlos. Wir treffen zunächst auf Monique, die völlig unerwartet ein Interview mit der legendären Evelyn Hugo führen soll. Und daran ist gleich mehreres seltsam; zum einen hat die Ikone bereits seit Jahren kein Interview mehr gegeben, und zum anderen hat sie explizit nach Monique gefragt, obwohl die die ehemalige Schauspielerin lediglich aus den Nachrichten und aus dem Fernsehen kennt. Wie kommt Hugo also dazu, sie für dieses Interview zu wollen? Bereits das wirft erste Fragen auf, und auch der weitere Verlauf des ersten Drittels ist unsagbar undurchsichtig – und gleichzeitig dementsprechend spannend. Die Geschichte, die Evelyn Hugo zu erzählen hat, entführt uns Leser, wie schon einmal erwähnt, in die schillernde Welt der Hollywood Stars. Aber Evelyn ist nicht dort hineingeboren; sie musste sich ihr Ansehen und ihren Erfolg erkämpfen – und das tut sie: sie kämpft sich nach oben, nimmt einiges in Kauf und setzt längst nicht nur in Verhandlungsgeschick ein, sondern auch ihren Körper. Die ganze Kennenlern-Phase mit Evelyn und all den anderen Stars gestaltet sich als wahnsinnig fesselnd, enorm atmosphärisch und wirklich großartig insziniert. Es bereitet so viel Spaß, Evelyn auf ihrem Weg zu begleiten und es gibt dabei so viel zu entdecken. Intrigen, Hinterhalte, Machtkämpfe, Korruption – das alles spielt eine nicht unwesentliche Rolle im Leben der damaligen Schönheit. Gleichzeitig gewährt uns die Autorin auch immer wieder kurze Einblicke in die Gegenwart – auf Monique, wie sie den Erzählungen aufmerksam lauscht, sich Notizen macht, und ihre eigenen Theorien aufstellt. Und genau das lag wahrscheinlich das Problem: die Gegenwarts-Einschnitte waren sehr kurz, und ebenso sehr rar. So fiel es mir schwer, so richtig „dabei zu sein“, an Monique’s Seite und obwohl auch ich dem Geheimnis, wieso Evelyn ausgerechnet eine „kleine Angestellte“ des Magazins haben wollte, aufdecken wollte, war da nicht diese unstillbare Neugier in mir.
Die Idee, mit den sieben Ehemänner, die ja der Klappentext schon ankündigt, war ausgeklügelt und spannend; verlor aber zur Mitte hin so ein wenig ihren Reiz. Es flachte zur Mitte hin etwas ab und die Geschehnisse bzw. Beweggründe schienen sich zu wiederholen. Ich hätte mir da ein wenig mehr Abwechslungs gewünscht; ein bisschen mehr Unterschied – denn so kam irgendwann der Gedanke auf: „okay, und nun, die nächste Ehe“. Trotzdem war es keineswegs langweilig. Die Autorin hat einige Spannungselemente verbaut, die zwar klein, aber wirkungsvoll waren. So durften wir zum Beispiel längst nicht nur darauf hoffen, dass mal eine Ehe für die Ewigkeit ist, sondern auch in beruflicher Hinsicht hat Evelyn einiges erlebt. Und das entdeckte ich, auch während der eher ruhigen Mitte, wirklich gern.
Gen Ende spitzte sich die Lage immer mehr zu, und die Handlung nahm dann auch wieder an Fahrt auf. Es wurde turbulenter; die Ereignisse überschlugen sich und auch auf der emotionalen Ebene fuhr Evelyn’s Leben nochmal einiges auf. Nicht nur einmal brach mein Herz während des Buches, doch gen Ende schien es dann unheilbar zerstört worden zu sein. Ich litt, ich verkniff mir die Tränen, ich hielt den Atem an, ich zerbrach. Und trotz aller Euphorie über das doch sehr starke Ende, blieb da immer noch eine Spur Enttäuschung in mir. Denn die Auflösung des großen Geheimnisses nahm mich längst nicht so mit, wie die letzten Jahre der Stilikone. Und das lag wohl vor allem daran, dass ich mich zu Evelyn viel mehr hingezogen fühlte, als zu Monique. Und die Wendung am Schluss bot dann einfach nicht den Wow-Moment, den ich mir so sehr herbeigesehnt hatte.
„Die sieben Männer der Evelyn Hugo“ von Taylor Jenkins Reid war ein durch und durch packendes Werk. Allein die Idee; die Stimmung; die Figuren; das Setting – das alles hatte größtes Highlight-Potential. Und während der ersten Hälfte war ich mir sicher, dass ich da inmitten eines Jahreshighlights steckte. Leider nahm die Dynamik dann aber doch etwas ab und die Geschehnisse wiederholten sich in ähnlicher, wenn nicht sogar in gleicher Form. Sicher, die Autorin konnte das Rad nicht neu erfinden, aber ein bisschen frischer Wind hätte während des Mittelteils nicht geschadet. Trotzdem war jede Seite, die ich las, ein Abenteuer und der Tiefgang, den das Buch bot, war allumfassend. Er nahm mich ein, nahm mich mit, verschlang mich regelrecht. Die Emotionen waren durchweg greifbar und die Spannung in jeder einzelnen Szene spürbar. Auch gen Ende, als sich die Geschehnisse zu überschlagen drohten, war es mir beinah unmöglich, das Buch aus den Händen zu legen. Leider war die Auflösung dann aber nicht ganz das, was ich mir versprochen hatte; wohl weil ich zu Evelyn einen viel stärkeren Draht hatte, als zu Monique. Im Gesamten kann ich sagen, dass mir dieses Buch immens viel Spaß bereiten konnte, aber dann schlussendlich doch nicht ganz perfekt war. Dennoch gibt’s von mir eine klare Empfehlung!
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Taylor Jenkins Reid wurde in Massachusetts geboren, studierte am Emerson College in Boston und lebt heute mit ihrem Mann in Los Angeles. Bevor sie ihr erstes Buch Neun Tage und ein Jahr schrieb, war sie für verschiedene Zeitungen tätig. Ihr Roman Daisy Jones and The Six verhalf ihr zu internationalem Durchbruch, wurde in über zwanzig Sprachen übersetzt und stand auf zahlreichen Bestsellerlisten.
(c) by Ullstein Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Ullstein Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.