||» Rezension «|| Four Houses of Oxford [von Anna Savas]
– brich die Regeln –
Anna Savas
Dark Academia – Romantasy
Band 1 von 2
Das Leben mischt die Karten, doch du spielst das Spiel.
Als Harper an der University of Oxford angenommen wird, scheinen all ihre Träume zum Greifen nah. Vor allem als sie mit der Zusage die Einladung erhält, den berüchtigten Diamonds beizutreten – einer Studentenverbindung, die ihren Mitgliedern Macht und Einfluss verspricht. Auf einmal muss Harper am Spiel der Vier Farben teilnehmen und steht ihrer Vergangenheit gegenüber: Finley, der sie vor Jahren ohne Erklärung im Stich ließ und sie jetzt ausdrücklich vor der tödlichen Magie der Diamonds warnt.
(c) by Ravensburger Verlag
Ich gebe zu: am Anfang wollte ich das Buch nicht lesen. Nachdem mich vor nicht allzu langer Zeit schon „Night of Crowns“ nicht wirklich begeistern konnte, wollte ich erstmal Abstand von diesem neuartigen Genre „Dark Academia“ nehmen. Ich hab den Hype darum einfach nicht verstanden. Nun hat aber Bookstagram volle Arbeit geleistet und mich doch so neugierig gemacht, dass ich es dringend sofort lesen wollte. Also hab ich’s mir erstmal ausgeliehen – zum Kaufen war ich zu geizig und zu unsicher. Danke an der Stelle an die liebe Susi [@magische_momente_]. Inzwischen hab die Geschichte gelesen und möchte euch unbedingt berichten, ob ich wieder enttäuscht – oder doch positiv überrascht wurde. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension.
In diesem Buch begleiten wir Harper, die ganz frisch, mit ihrer besten Freundin, nach Oxford reist, um dort Jura zu studieren. Schon während der Kennenlern-Phase merkt man, dass Anna Savas diese Figur regelrecht zum Leben erweckt hat. Alles, was Harper denkt und tut, ist zu 100% nachvollziehbar. Sie ist so greifbar, dass man sich problemlos auf sie als Person einlassen kann und deshalb umso intensiver mit ihr mitfiebert und mitfühlt. Von Anfang an entstand eine Nähe zwischen mir und ihr, und ich fühlte mich an ihrer Seite wirklich wohl. Dank zahlreichen Facetten hat sie Tiefgang bekommen und sorgte schon allein damit für Abwechslung innerhalb der Geschichte. Ihr Hintergrund ist schmerzlich wie berührend zugleich und lässt ihr Ziel noch glaubwürdiger, noch verständlicher werden. Ich schloss Harper jedenfalls unsagbar schnell ins Herz, nahm sie als sehr liebenswert, aber auch sehr charakterstark wahr. Sie kämpfte um das, was sie wollte; setzte alles daran, ihren Wunsch wahrwerden zu lassen und hat trotzdem immer wieder bewiesen, dass sie einen Sinn für Gerechtigkeit hat und niemals unfair agieren würde. Ein total sympathischer, aber auch bewunderswerter Charakterzug, wie ich finde. Aber neben all der Stärke und dem Mut, was sie ausstrahlt, ist sie dennoch nicht unbesiegbar. Immer wieder gab es Rückschläge, die sie zu verkraften hatte – Ängste, Zweifel und Unsicherheiten, die sie erst so richtig authentisch machten. Tränen und Schmerz, Versagensängste, Misstrauen und Sarkasmus und Trauer gehörten genau so zu ihr dazu, wie der Kampfgeist, die Loyalität und ihr großes Herz. Für mich hätte es keine perfektere Besetzung für dieses Buch geben können, als Harper. Sie trug aktiv dazu bei, dass die Handlung voranschreitet und mit ihrer Entwicklung unterstreicht sie nur noch mehr, dass sie eine wundervolle, nahbare und glaubhafte Protagonistin ist.
Der männliche Protagonist, Finley, hatte es zunächst ein wenig schwerer. Ich konnte anfangs nicht so richtig festhalten, was mich an ihm störte, außer vielleicht, dass recht viel Distanz zwischen uns herrschte und ich nur schwer einschätzen konnte, was genau seine Mission – sein Ziel – in diesem Buch sein sollte. War er Anta- oder Protagonist; war er gut? War er böse? Ich wusste es nicht. Allerdings mauserte er sich dann doch schnell zu einem überzeugenden Charakter, der eine echt spannende Background-Geschichte zu erzählen hatte und deshalb nur umso interessanter wurde. Auch seine Beweggründe wurden mit der Zeit klarer; stachen deutlicher hervor und ich hatte immer mehr das Gefühl, dass er mit jeder gelesenen Seiten anziehender wirkte. Finley ist ein herzensguter Kerl, der in seinem Leben auch schon einiges einstecken und überwunden musste – dabei aber nie seine Lebensfreude und seine Fröhlichkeit verloren hat. Bodenständigkeit und ein bewunderswertes Mindset sprachen ebenfalls sehr für ihn als Person. Genau so wie Harper, treibt auch er das Geschehen voran – und ich bin jetzt rückblickend wirklich froh, dass sich die Autorin dazu entschieden hat, ihm eine eigene Perspektive zu überlassen. So schwindet die anfängliche Distanz von Kapitel zu Kapitel mehr und offenbart, dass Finley eigentlich einer der tollsten Kerle ist, denen ich jemals begegnen durfte.
Doch selbst die Figuren, die gar nicht mal so viel Aufmerksamkeit von Anna Savas bekommen haben, erscheinen absolut greifbar vor dem inneren Auge des Lesers. Sie sind bildhaft dargestellt, detailliert genug, um sich ein deutliches Bild von ihnen machen zu können und facettenreich genug, um sich von ihnen an der Nase herumführen zu lassen. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich den vermutlich liebenswürdigsten Personen misstraute – oder den offensichtlichen Schurken nicht zutraute, etwas damit zu tun zu haben. Allein für diese Undurchsichtigkeit gibt’s einen Pluspunkt und ein riesengroßes Lob. Mir gefiel die gesamte Charaktergestaltung aber im Allgemeinn auch enorm gut, weil für jeden Geschmack das richtige dabei war und selbst der nebensächlichste Nebendarsteller seinen Teil für die Geschichte beitrug. Toll gemacht!!
Da „Four Houses of Oxford“ mein erstes Buch von Anna Savas war, war ich natürlich auch sehr gespannt auf den Schreibstil. Und von Anfang an war klar: sie schreibt wirklich gut. Schon von der ersten Seite an entwickeln ihre Worte einen gewissen Sog, der sich immer mehr aufbaut und einen irgendwann gar nicht mehr loslässt. Sie erzeugt eine so einnehmende Atmosphäre und fängt diese Dark Academia Vibes so intensiv ein, dass sie ihre komplette Wirkung auch entfalten können. Dabei liest sich das Buch aber trotzdem wunderbar leicht und schnell, weil es eben ein sehr angenehmer Lesefluss ist, der da entsteht. Plastisch und voller Lebendigkeit wird uns die Handlung geschildert, und alle Fakten eher nebensächlich, aber trotzdem verständlich mitgeteilt. Ich konnte problemlos in den Seiten versinken, mich vom Geschehen mitreißen lassen und schlicht mit Haut und Haaren nach Oxford denken.
Wie bereits schon im vorherigen Abschnitt angeteasert, hat sich die Autorin dafür entschieden, die Geschichte aus zweierlei Blickwinkeln zu erzählen. Wir haben einmal Harper’s Perspektive, die sehr spannend, sehr interessant und sehr realistisch ausfälllt – und wir haben Finley’s Perspektive, die trotz des selben Flows irgendwie mehr Ruhe ausstrahlt. Aber beide Sichten sind gleichermaßen positiv für die jeweilige Charakterentwicklung. Sie bringen uns die Figuren noch einmal ein gutes Stück näher und lassen so manch Gedanken, und so manch Handlung von den beiden in einem ganz anderen Licht erstrahlen, wenn man erstmal die Hintergründe dazu kennt. Das Ganze ist als Sahnehäubchen auch noch in recht kurze Kapitel unterteilt, was nicht nur dem Tempo zuträglich ist, sondern auch dem Pageturner-Effekt. Man kann das Buch schlicht nicht aus den Händen legen.
Die Idee, die hinter dem Auftakt dieser Dilogie steckt, versprach laut Klappentext gar nicht unbedingt viel Innovation oder Kreativität. Im Grunde hatte ich fest damit gerechnet, dass es in die selbe Richtung gehen wird, wie „Night of Crowns“ zum Beispiel. Und vielleicht bin ich auch genau deshalb mit eher mittelmäßig hohen Erwartungen an die Geschichte rangegangen.
Doch kaum hatte ich begonnen zu lesen, ahnte ich schon: das könnte was Großes werden. Der Einstieg ist schon enorm packend; denn allein dieses Sprungbrett in die Geschichte, in Form der Reise nach Oxford, macht den Leser extrem neugierig. Anna Savas hat es von Anfang an geschafft, offene Fragen entstehen zu lassen, die einen unweigerlich an die Seiten fesseln und die Neugier im Leser wecken. Was steckt dahinter? Begibt sich die junge Studentin denn noch in Gefahr? Und falls doch; in was für brenzlige Situationen gerät sie? Tausend Fragezeichen in meinem Kopf, die aber nach und nach beantwortet und durch andere ersetzt wurden. Das Tempo der Handlung ist stramm, und das von Seite Eins an. Es geht straight geradeaus, ohne dass sich mit Belanglosigkeiten aufgehalten wird. Ständig passiert etwas, ständig gibt es neue Spannungspunkte, die die Atmosphäre verändern. Mal ein wenig ruhiger, um das Zwischenmenschliche zu klären; mal richtig turbulent und rasant, um die einzelnen Plots abzuhandeln.
Mir gefiel auch die Mischung aus Fantasy und Romance echt gut, weil Anna Savas die beiden Faktoren geschickt miteinander verwoben, und nicht zwei unterschiedliche Facetten daraus gemacht hat. Das eine hätte ohne das andere nicht funktioniert; und allein das war herrlich erfrischend. Ebenso neuartig war die Tatsache, dass sich die Couple nicht etwa erst in Oxford kennenlernt, sondern bereits eine gemeinsame Vergangenheit hinter sich hat. Heißt: sie kannten sich, und das Konfliktpotential stieg damit um ein vielfaches an. Eine tolle Idee, die von der Autorin wunderbar eingefangen und wiedergegeben wurde.
Aber der Hauptaspekt sind natürlich die vier Farben. Und darin bestand meine größte Angst: schon einmal hatte ich ein Buch, das in eine ähnliche Richtung ging – zumindest vom Grundgerüst her. Und leider hatte ich nach spätestens der Hälfte sämtliche Überblicke verloren und war einfach restlos verwirrt. So aber nicht hier! Hier wurde alles so locker und einfach erklärt, dass es gar nicht erst zu Verwirrungen kommen konnte. Die Begebenheiten waren so greifbar dargestellt, so verständlich und nachvollziehbar, dass ich nicht einmal ins Straucheln geriet. Alles hatte Hand und Fuß, war quasi selbstverständlich und wirkte dadurch 100% perfekt durchdacht. Keine Logikfehler, viele neue, erfrischende Elemente und eine Liebesgeschichte, die sich komplett von anderen Romantasy-Geschichten abhebt. Das war es, was „Four Houses of Oxford“ für mich ausmachte. Spannende, und völlig unerwartete Wendungen gab es aber auch, und rundeten das Buch schließlich ab.
Ebenso abgerundet war auch das Ende. Ein absolut packendes (vorläufiges) Finale, das vor Rasanz, Spannung, Undurchsichtigkeit und Überraschungen nur so strotzte. Es wurde nochmal eine Spur nervenaufreibender; noch fesselnder; noch epischer, als es bis dahin ohnehin schon war. Ich konnte überhaupt nicht glauben, was sich Anna Savas da hat einfallen lassen – aber es passte zum restlichen Buch. Schon da waren die Ideen, die in die Handlung einflossen, einfach grandios. Magische Fähigkeiten mal so einzuweben, war ein Highlight; ohne Frage. Und der Epilog .. zu dem fällt mir selbst jetzt, Tage nachdem ich das Buch beendet habe, nichts Brauchbares ein. Was bitte war das für eine krasse Wendung? Und was erzeugte diese Wendung für einen fiesen Cliffhanger? Ich hab keine Ahnung, wie ich es bis November aushalten soll – ich MUSS wissen, wie es weitergeht; am besten sofort.
„Four Houses of Oxford 01: brich die Regeln“ von Anna Savas ist ein absolutes Highlight für mich gewesen. So viele neue, erfrischende Ideen erhaben eine Storyline, die an Innovation kaum zu überbieten ist. Noch nie habe ich auch nur annähernd etwas Vergleichbares gelesen, und umso begeisterte bin ich nun, da ich die vier Farben und einen Großteil ihrer Mitglieder, sowie ihre Aufgaben, Regeln und Geheimnisse entdecken durfte. Harper und Finley sind zwei großartige Protagonisten, die ihre jeweils eigene Background-Geschichte mitbrachten und dem Buch so nochmal eine neue Facette verleihen konnten. Ein total angenehmer, atmosphärischer Schreibstil rundeten dieses (Jahres-)Highlight für mich schlussendlich ab und dank des fiesen Cliffhangers bin ich noch immer ein wenig sprachlos. Wie – wie liebe Anna Savas – kann man so fies sein und das Buch an so einer Stelle enden lassen? Für alle, die sich vielleicht noch unsicher sind: lest diese Geschichte. Es lohnt sich, sie zu entdecken; sie quasi mitzuerleben und sich vom Dark Academia – Flair mitreißen zu lassen. Großes Kino! Ich freu mich enorm auf Band 2.
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Anna Savas wurde 1993 geboren und kann sich ein Leben ohne Bücher nicht vorstellen. Seit ihrer Kindheit ist Schreiben für sie wie Atmen, und, weil Ideen oftmals aus dem Nichts kommen, hat sie immer ein Notizbuch dabei. Die Autorin freut sich immer von ihren Leser*innen auf Instagram zu hören (@annasavass).
(c) by Ravensburger Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Ravensburger Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.