||» Rezension «|| Für immer ein Teil von dir [von Colleen Hoover]

Fünf Jahre nach dem tragischen Unfalltod ihrer großen Liebe Scott kehrt Kenna an den Ort des Geschehens zurück. Ihr einziger Wunsch: endlich ihre vierjährige Tochter Diem, die bei Scotts Eltern lebt, in die Arme zu schließen. Gleich am ersten Abend trifft sie auf Ledger, der erste Mann, zu dem sie sich seit Scotts Tod hingezogen fühlt – und er sich umgekehrt auch zu ihr. Doch dann stellt sich heraus, dass Ledger Scotts engster Freund seit Kindertagen war. Und dass er geschworen hat, dass die ihm unbekannte Mutter, die Schuldige am Tod seines Freundes, niemals eine Rolle in Diems Leben spielen wird …

(c) by dtv Verlag

So langsam aber sicher fange ich an, mich mit Colleen Hoover anzufreunden – zumindest kam dieses Gefühl auf, nachdem mir „All das Ungesagte zwischen uns“ doch sehr gut gefallen hat. Also prompt nach dem nächsten Buch der Autorin gegriffen. Allerdings waren da immer noch ein paar Zweifel, ob nicht wieder die selben Probleme aufkommen könnte, wie bei „Die tausend Teile meines Herzens“, oder „Layla“ – denn beide Bücher haben mir nicht gefallen. Heute erzähle ich euch, wie es sich beim neuesten CoHo verhält – ob sich unsere Freundschaft langsam stärkt, oder ob wir uns doch wieder entfremden. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt jetzt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension.

In „Für immer ein Teil von dir“ treffen wir zunächst auf unsere Protagonistin Kenna. Eine junge Frau, die bereits einiges zu bewältigen hatte in ihrem bisherigen Leben und davon auch Spuren davon getragen hat. Sie ist irgendwie gebrochen, aber doch eben auch nicht, und das machte sie, in meinen Augen, doch sehr besonders. Kenna ins Herz zu schließen, fiel mir unfassbar leicht, weil sie eine so sanfte, zarte Persönlichkeit war – irgendwie leise, aber doch alles andere als unscheinbar. Mit Kenna erlebt man keinen hitzigen Schlagabtausch; keine Streitereien; kein Geschrei; stattdessen gibt es viele Selbstzweifel, Unsicherheiten und Gedanken. Man kann sie als Mensch so herrlich einfach nachvollziehen, weil sie greifbar und lebendig dargestellt wurde und ihr Schmerz so intensiv nach außen strahlte, dass man gar nicht anders konnte, als ihn am eigenen Leib zu spüren. Kenna hat ein unglaublich großes Herz, eine sehr gefühlvolle Art an sich und beweist dennoch auch Humor und in gewisser Weise sogar Stärke. Das mag sich, jetzt so auf den ersten Blick mit den Eigenschaften beißen, die ich zuvor genannt habe; aber Colleen Hoover hat es geschafft, beide Facetten perfekt miteinander zu kombinieren; sodass das eine, das andere nicht ausschließt. Kenna war die perfekte Besetzung für diese Geschichte, weil sie durch ihre tiefgründigen Gedanken und ihrer Nachvollziehbarkeit erst richtig Leben ins Buch brachte. Sie leidet, sie weint, sie zweifelt und sie droht immer wieder aufzugeben; aber schlussendlich tut sie es doch nicht – und das war die wahre Stärke an ihr.
Ledger, der männliche Protagonist, begeistert ebenfalls vom ersten Auftritt an. Attraktiv, sympathisch und ein echt lieber Kerl. Mir gefiel an ihm wirklich alles: sein Äußeres, seine Ausstrahlung, sein Selbstbewusstsein und sein wundervoller Umgang mit Kindern. Ledger wurde, für meinen Geschmack, vielleicht eine Nuance zu wenig beleuchtet – zumindest sein Innerstes blieb etwas blass neben dem Tiefgang, den Kenna aufzuweisen hatte, doch selbst mit diesem winzigen Makel war er noch immer lebendig und greifbar genug, um den Leser einzunehmen und für sich zu gewinnen. Seine Gedanken, Handlungen und Aussagen waren stets nachvollziehbar und auf ganzer Linie glaubhaft, sodass man sich genau so leicht mit ihm identifizieren kann, wie mit ihr. Außerdem fand ich seine Reife und sein Verantwortungsbewusstsein sehr erfrischend und angenehm.
Ansonsten gibt es, ganz wie es sich für einen New Adult Roman gehört, noch einige andere Figuren, die sehr aktiv innerhalb der Handlung sind und diese auch ebenso aktiv vorantreiben. So treffen wir, beispielsweise auf die Eltern des verstorbenen Scotts, die ebenfalls unsagbar realistisch eingefangen wurden und dementsprechend für viel Zündstoff sorgen. Aber auch wenn sie vielleicht nicht die liebenswertesten Charaktere auf diesem Planeten sind, so sind sie doch keine schlechten Menschen. Beide tragen ihr Herz auf dem rechten Fleck und beweisen mit ihrem Verhalten nicht nur Liebe und Zuversicht, sondern auch Liebenswürdigkeit. Außerdem haben mir auch Diem und die Arbeitskollegin von Kenna sehr gefallen; weil sie beide kindliche Leichtigkeit ausgestrahlt haben und für eine Menge Momente des Schmunzelns sorgen konnten. Die ganze Charaktergestaltung hat mich, von Anfang bis Ende total überzeugt und die Interaktionen untereinander bestechen durch viel Abwechslung, Lebendigkeit und Authenzität. Genau so, wie es sein sollte. Egal ob Streitgespräche oder der gegenseitige Vertrauensaufbau; jede Kommunikation fiel glaubhaft und echt aus und versprühte die entsprechende Stimmung vollkommen.

Der Schreibstil von Colleen Hoover ist auch in diesem Werk wieder sehr einnehmend, atmosphärisch und emotional, sodass die ohnehin schon gefühlvolle Geschichte ihre Wirkung zu 100% entfalten konnte. Ich kam, trotz der Schwere an manchen Stellen sehr leicht durch die Seiten und empfand den Lesefluss als angenehm und fesselnd. Die Dialoge hatte ich zuvor schon gelobt, und dem ist nichts mehr hinzuzufügen; ich nahm den Figuren ihre Gespräche einfach ab. Was aber so für mich so einzigartig an „Für immer ein Teil von dir“ war, waren die Briefe. Neben den beiden Perspektiven der Hauptfiguren, gibt es auch Brief-Abschitte, die so bedrückend und trotzdem so wunderschön waren, dass sie sich quasi in mein Herz gebrannt haben. Jede Silbe war genau da, wo sie hingehörte; jedes Gefühl so intensiv, dass es mir die Tränen in die Augen trieb. Aber so verhielt es sich nicht nur bei den Briefen, sondern im gesamten Roman. Alles war auf den Punkt eingefangen und wiedergegeben, jede Szene deshalb umso lebendiger und greifbarer für den Leser und die Atmosphäre abwechslungsreich und vielschichtig. Dieses NA-Buch bietet wirklich für jeden etwas; ob nun cozy Momente oder tief berührende Passagen – Colleen Hoover kann einfach schreiben, und das zeigt sich mit jedem Buch, das ich von ihr lese, noch ein bisschen mehr.

Die Handlung, die hier stattfindet, gibt so viel mehr her, als der Klappentext vermuten lässt. Während der nämlich eher auf einen recht gewöhnlichen New Adult Roman hinweist, verbirgt sich dahinter eine ganze Menge Innovation und Frische. Aber fangen wir vorn an:
Der Einstieg fiel mir nicht großartig schwer. Gemeinsam mit der Protagonistin erreichen wir den Ort, an dem ihr Leben damals komplett zerstört wurde und die bedrückende Stimmung konnte sie so direkt von Anfang an voll entfalten. Dadurch, dass sich auch die Kennenlern-Phase mit Kenna als so einfach gestaltete, war ich binnen weniger Sekunde bereits mitten drin in der Materie und konnte die Gefühle voll auf mich wirken lassen. Die eigentliche Handlung ließ darum auch nicht lange auf sich warten, sondern startete unmittelbar nachdem wir einen kurzen Blick auf die Figuren werfen konnten. Das Setting, in Form der Kleinstadt, tat sein Übriges, um den Einstieg abzurunden. Und so machte ich mich auf in eine Story, die mir ganz unerwartet das Herz brechen sollte.
Wie man es von Colleen Hoover kennt, lebt auch „Für immer ein Teil von dir“ nicht von Action, Spannung und Tempo; sondern von echten Gefühlen und einer realistischen Geschichte, die dem echten Leben entsprungen sein könnte. Ich fieberte mit, fühlte mit; konnte den Schmerz nachempfinden und war mir stellenweise doch nicht sicher, auf wessen Seite ich stand. Es war ein Auf und Ab, eine Achterbahnfahrt der Emotionen und die Liebe entwickelte sich ganz langsam nebenbei. Ich gebe zu, dass ich das Knistern nicht in der Intenzität wahrnahm, wie ich es für nötig gehalten habe – mir fehlte vielleicht eine Spur Echtheit; eine Spur Realität. Das lag vor allem daran, dass ich wieder einmal ein Problem mit der Erotik hatte. Für mich sind die Sex-Szenen zwar schön dargestellt, aber irgendwie falsch platziert. Macht das Sinn? Es fühlte sich an, als wäre der Ablauf durcheinander geraten und als wäre Sex, mal wieder, das Allheilmittel. Das habe ich bei CoHo bereits mehrfach kritisiert und auch hier sticht wieder hervor, dass man manchmal vielleicht doch auf die Erotik verzichten sollte. Um ein Beispiel zu nennen, das nicht spoilert: im einen Moment öffnet sich eine Figur; teilt seinen/ihren Schmerz so intensiv, dass selbst mir die Tränen nur so über die Wangen strömten, und die nächste, logische Konsequenz laut Autorin: Sex. Versteht mich nicht falsch, ich hab rein gar nichts gegen prickelnde Szenen, aber in diesem Buch haben sie emotionalen Szenen einfach kaputt gemacht. Wieso nicht danach darüber reden? Wieso nicht erst einmal sacken lassen, was gerade aufgedeckt wurde? Warum muss man das alles zunichte machen und die Figuren miteinander intim werden lassen? Ich werde es wohl nie verstehen.
Dafür war das Ende dann aber wieder genau das, was ich mir erhofft und gewünscht hatte: dramatisch, mitreißend und voller Gefühl. Ein rundherum stimmiges Ende, das einiges an Emotionen bot und die ganze Handlung zu einem schönen Schluss brachte. Die großen Überraschungen blieben zwar aus, aber die Inszinierung war dafür umso gelungener. Manchmal braucht man also gar kein Feuerwerk, sondern einfach nur ein toll verfasstes, tief berührendes und 100% echtes Finale – das kann oft sogar noch mehr begeistern als jede unerwartete Wendung der Welt. Für mich hob das Ende nochmal einiges hervor, ließ meine Kritik verblassen und gab dem Buch den letzten Schliff – mit einem Schlusspart, der nicht zu kitschig ist; nicht so rosarot, dass das Schmalz beinahe zwischen den Seiten hervorquillt, sondern einfach realistisch und stimmig. So muss das.

„Für immer ein Teil von Dir“ von Colleen Hoover war eine echte Überraschung für mich. Die Geschichte rund um Kenna, ihre Tochter Diem und Ledger bot alles, was ein großartiges New Adult Buch braucht: echte Emotionen, greifbarer Schmerz, sympathische Akteure und ein stimmungsvoller Schreibstil. Lediglich die Kritik rund um die Erotikszenen lässt meine Euphorie etwas schwinden; doch im Gesamten hat mich das, was geschah, wirklich begeistern können und ich werde mit Sicherheit noch lange an diese Handlung, die so schwer, aber doch so voller Hoffnung, war, zurückdenken. Nicht zuletzt, wegen der unsagbar wichtigen Botschaft dahinter und der feinen Ausarbeitung. Vielleicht klappt das mit mir und der Autorin ja doch noch irgendwann. Hiermit hat sie auf jeden Fall den nächsten Meilenstein gesetzt. Tolle Unterhaltung, die mehr ist, als nur das.

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Colleen Hoover ist nichts so wichtig wie ihre Leserinnen. Weltweit hat sie eine riesige Fangemeinde. Colleen Hoover lebt mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen in Texas.

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An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim dtv Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.