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20. Mai 2022 1 Von Patchis Books
LOCKRUF DER ZEIT
Celeste Ealain
Paranormal Crime
|| Fantasy
Einzelband
296 Seiten
20. Januar 2022
Selfpublishing
Taschenbuch
12,99€
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#werbung #rezensionsexemplar


(c) by Celeste Ealain

Dieses Buch hat er verhältnismäßig spät meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen; nämlich ab dem Punkt, an dem ich eine superliebe Email von der Autorin in meinem Postfach hatte. Also hab ich mir einmal fix den Klappentext durchgelesen und das Cover angeschaut – und schon war klar: ja! Ich will Andrej’s und Chiara’s Geschichte unbedingt lesen. Also hab ich prompt zugesagt (ein riesiges Danke an dieser Stelle an dich, liebe Celeste!)  und heute kann ich euch endlich sagen, ob mir die Story gefallen hat, oder ob ich mich habe mal wieder vom Äußeren blenden lassen. Falls ihr also neugierig seid und mehr wissen möchtet, bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension.

Celeste Ealain entführt uns hier in die Welt von Andrej; einem jungen Mann, der es alles andere als leicht mit sich selbst hat. Als absoluter Einzelgänger lässt er niemanden so richtig an sich heran und verbunkert sich lieber an seinem Schreibtisch, wo er sich mit den seltenen Objekten befassen kann; anstatt sich mit Menschen zu umgeben. Klar, die Artefakte erfordern keinerlei soziale Kompetenzen. Allerdings sorgte das auch dafür, dass mir Andrej zunächst als sehr distanziert erschien. Es fiel mir schwer, eine Verbindung zu ihm aufzubauen und die Tatsache, dass ich ihn als Person äußerst interessant fand, tröstete mich doch nicht darüber hinweg, dass er anfänglich sehr unwirsch und grob wirkte. Doch je näher wir ihn kennenlernen, umso mehr Blicke können wir hinter seine Fassade werfen und erfahren auch immer mehr von seinen Beweggründen, die ihn zunehmend nachvollziehbarer machten. Ich entwickelte immer mehr Sympathie für den jungen Mann mit den begabten Händen, und spätestens als sich seine außergewöhnliche Fähigkeit zeigt, wird er zu einem richtigen Magneten für meine Aufmerksamkeit. Der Autorin ist es gelungen, aus einem mürrischen Eigenbrödler einen Protagonisten zu machen, der das Leserherz mit Leichtigkeit eroberte; es bedurfte nur etwas Zeit. Waren die ersten Schwierigkeiten also überwunden, strahlte Andrej eine Menge Sympathie aus und zeigte immer mehr liebenswürdige Attribute. Mit seiner Andersartigkeit besticht er vor allem darin, so einzigartig zu sein und überhaupt nicht mit anderen Figuren aus anderen Büchern verglichen werden zu können und steht damit, in gewisser Weise, über allen anderen. Ich fand es mutig von Celeste Ealain, ausgerechnet ihn als Hauptakteur ins Rennen zu schicken; doch sie meisterte diese Herausforderung wunderbar. Andrej brachte eine Menge Spannung ins Spiel und gerade seine Art und Weise, mit unbekannten Situationen umzugehen, erwärmte mir mehr als einmal das Herz.
Chiara, das weibliche Gegenstück zu Andrej, besticht durch ganz ähnliche Eigenschaften, hat aber den Vorteil, dass sich diese schon von Anfang an zeigen. So fand ich schnell einen Draht zu der jungen Frau, die zunächst als sehr befreit und losgelöst auftrat, aber dann doch ihre eigene Geschichte zu erzählen hatte. Genau wie Andrej, so hat auch sie bereits den ein oder anderen Schicksalsschlag ertragen müssen und die Art und Weise, wie sie damit umgeht unterscheidet sich so enorm von Andrej’s, dass es ein weiteres, interessantes Element verkörperte. Allerdings gab es auch eine Facette an ihr, die mir manchmal etwas auf die Nerven ging – nämlich ihre Arglosigkeit und Unbedachtheit. Zwar wurde das irgendwann aufgegriffen und nochmal erklärt, was ich extrem positiv fand; aber bis dahin war sie von Zeit zu Zeit etwas anstrengend. Ich hätte mir ein klein wenig mehr Reife gewünscht und Umsicht, dann wäre so manch Situation anders ausgegangen. Aber ich möchte nochmal klarstellen, dass ich Chiara an und für sich echt gerne hatte und sie während dem Großteil des Buches unheimlich gern verfolgte.
Ansonsten gibt es natürlich noch zahlreiche andere Figuren, die alle eine mehr oder weniger tragende Rolle gespielt haben. Wir haben den Andrej’s Onkel, der als Ukrainer eine ebenso große Besonderheit war, wie sein Neffe – und wir haben Chiara’s Mutter, die in manchen Zügen fast an den damaligen Adel erinnert und ein sehr erhabenes, aber doch sympathisches Auftreten an den Tag legt. Und wir haben die, die eher unscheinbar sind und sich erst im Laufe der Zeit öffnen. Und gerade dieser Prozess bot eine ganze Menge Spannungsmomente. Mir gefiel die Gestaltung der Charaktere wirklich gut, vor allem, weil es eine gewisse Undurchsichtigkeit gab und man sich oft ein wenig Zeit nehmen musste, um sie alle richtig kennenzulernen – quasi wie im echten Leben und das fand ich großartig!

Die Idee war ebenfalls erstaunlich innovativ und egal wie viel ich auch darüber nachdachte im Vorfeld; ich hätte nicht mit dieser Mischung aus Fantasy, Krimi und Liebesgeschichte gerechnet. Trotzdem hatte die Umsetzung – nunja – ihre Tücken. Zunächst hatte ich doch ein wenig Schwierigkeiten, innerhalb des Buches Fuß zu fassen. Es ist ein wirklich ungewohntes, und vor allem unbekanntes Setting, dazu noch der eher schwierige Charakter des Protagonisten und die Zeit, in der sich die Geschehnisse abspielten und schon war das Chaos in meinem Kopf perfekt. Es dauerte eine geraume Weile, bis ich die Begebenheiten begriffen, Zugang zu Andrej gefunden und den Durchblick erlangt hatte. Da war das erste Drittel quasi bereits um.
Außerdem – und das fand ich sogar noch eine Spur trauriger – schien die Handlung über einen längeren Zeitraum nicht zu wissen, wohin sie eigentlich will. Bzw. doch, sie wusste es definitiv, aber für mich war nicht so recht ersichtlich, worauf alles hinauslaufen sollte. Besonders weil das kleine „Wörtchen“ Crime für mich immer assoziiert, dass ein gewisser Ermittlungsfaktor zu Tage treten wird. Hier aber gab es zwar durchaus paranormales, und auch gewisse Züge aus dem Fantasy-Bereich; aber nur weil Andrej mit Objekten kommunizieren kann und dabei auf Ungereimtheiten stößt, wird es noch lange kein Krimi. Der Klappentext implizierte mir einfach etwas anderes – und dadurch hatte ich eben auch andere Erwartungen. So aber blieben die meisten offenen Fragen sehr lange unbeantwortet und man fischt sozusagen im Trüben. Da hätte ich mir ein wenig mehr Fokus gewünscht, sodass die Krimi-Vibes hätten noch deutlicher zum Vorschein kommen können.
Ansonsten beschäftigen wir uns sehr viel mit den Auswirkungen der Gabe, mit einem persönlichen Entwicklungsprozess und dem zarten Aufflammen von Gefühlen – kurz gesagt: wir beschäftigen uns mit Andrej. Viel. Intensiv. Dauerhaft. Für mich verlor die Geschichte dadurch so ein wenig an Tempo, und stellenweise zog es sich doch sehr. In anderen Momenten dagegen war es wieder unheimlich interessant und die historisch-angehauchte Atmosphäre wusste ebenfalls zu fesseln.
Besonders die verschiedenen Perspektiven ließen nochmal Abwechslung aufkeimen und machten das Buch vielschichtiger und undurchsichtiger. Allerdings sorgten sie auch dafür, dass Chiara ein paar Pluspunkte einbüßte. Schon zuvor hatte ich erwähnt, dass sie mir streckenweise etwas anstrengend erschien; und das zeigte sich vor allen Dingen in ihren eigenen Kapiteln. Es mutet fast als Dreiecks-Geschichte an und damit entstand ein gewisses Hin und Her, das ich doch als recht störend empfand; weil es den Lesefluss aufhielt und der eigentlichen Handlung die Show stahl. Ich weiß, dass es nötig war, um die Handlung so auszuarbeiten und zu inszinieren, aber dennoch kam ich oft nicht drum herum, mich ein wenig darüber zu ärgern, wie blauäugig Chiara war und wie leichtsinnig sie sich verhielt.
Aber genau das war schlussendlich der Wendepunkt, der zum fulminanten Finale führte. Actionreich und erstaunlich nervenaufreibend spielten sich die letzten Szenen ab und da kam dann auch endlich das schmerzlich vermisste Crime-Feeling ans Licht. Es ging Schlag auf Schlag, kein Stein blieb auf den anderen und so manch sichere Vermutung entpuppte sich als rigoros falsch. Celeste Ealain hat sich für einen echt überraschenden Schlusspart entschieden, der die Geschehnisse aus dem Vorfeld nochmal perfekt aufgriff, alle offenen Fragen beantwortete und für ein kleines Spektakel sorgte. Im Gesamten kann ich sagen, dass ich vor allem von den ersten beiden Dritteln nicht ganz so überzeugt war; das Ende aber nochmal einiges rausreißen und für viel Wirbel sorgte.

Das Ganze wird erzählt mittels eines sehr angenehmen, leicht zu lesenden Schreibstils, der einen direkt in seinen Bann zu ziehen weiß. Celeste Ealain entführt uns regelrecht ins frühere Italien und schafft es, eine ganz einzigartige Atmosphäre zu erschaffen. Oben hatte ich die Beschreibung „historisch-angehaucht“ gewählt, und das trifft es wohl am Besten. Und trotz der Tatsache, dass ich dieses Werk durchaus als anspruchsvoll betiteln würde, kam ich doch wahnsinnig leicht durch die Geschichte und hatte weder Vorstellungs- noch Verständnisprobleme. Bildhaft und greifbar zaubert die Autorin plastische, authentische Bilder vor das innere Auge des Lesers und schafft es im selben Zuge, auch die Emotionen intensiv und lebendig zu transportieren.
Die verschiedenen Blickwinkel, die sie dabei aufgreift, sind alle unterschiedlich, und harmonieren doch perfekt miteinander. Jede Figur, die ihre eigene Perspektive zugesprochen bekommen hatte, war dadurch nur umso greifbarer und realistischer und dementsprechend auch nachvollziehbarer. Jeder Beweggrund hatte Hand und Fuß, war logisch und demnach fühlte und fieberte man umso mehr mit. Und außerdem sorgten diese Sichtwechsel auch für eine gute Portion Abwechslung, sodass es niemals eintönig oder gar langweilig werden konnte.

„Lockruf der Zeit“ von Celeste Ealain ist ein wirklich interessanter Roman, der im früheren Italien angesiedelt ist und demnach historisch angehauchte, mediterane Vibes versprüht. Ich persönlich hätte mir noch ein wenig mehr Crime – ein wenig mehr Ermittlungen erhofft, sodass auch die Spannung auf ein etwas höheres Level angehoben worden wäre; aber im Gesamten war das Buch dennoch ein Pageturner, auch wenn sich gewisse Passagen recht in die Länge zogen. Dafür bot das Ende dann umso mehr Spektakel und begeisterte durch Überraschungen, Action, Tempo und einem echt erstaunlich intensiven Sog. Wer sich ein wenig in Geduld üben kann und einen nicht ganz lockeren Einstieg bewältigen kann; der wird mit einer ganz besonderen Storyline belohnt, die, meiner Meinung nach, wesentlich mehr Romance-Anteil als Crime aufweist.

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Celeste Ealain, in Wien geboren und aufgewachsen, studierte Internationale Betriebswirtschaft und ist durch ihre kreative Ader geprägt. Modedesign und Innenraumausstattung zählen zu ihren schöpferischen Berufsfeldern. Die international ausgezeichnete Künstlerin wagt nun auch den Schritt in die Autorenwelt, bei der sie sich in den Genres Science-Fiction und Fantasy zu Hause fühlt. Lassen Sie sich von ihr in ein fernes Universum entführen …

(c) by Ambra Kerr

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne bei Celeste Ealain bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.