||» Rezension «|| The Girl in the Lovesong [von Emma Scott]
Emma Scott
Übersetzer: Inka Marter
Young/New Adult
Einzelband
Feels so good and feels so weak
This love cuts until I bleedMiller Stratton ist in bitterer Armut aufgewachsen und hofft, sich mit seinem außergewöhnlichen Musiktalent ein besseres Leben aufbauen zu können. Doch auch wenn der Erfolg zum Greifen nah ist, so scheint ihm eines verwehrt zu bleiben: Violet, das Mädchen in all seinen Love Songs. Sie ist die Eine für ihn, war es schon seit dem schicksalhaften Tag, als sie ihm mit dreizehn Jahren das Leben rettete. Jeder weiß das, außer Violet selbst, die sich mit aller Macht gegen die Gefühle für ihren besten Freund stemmt. Denn sie sieht jeden Tag bei ihren Eltern, was passiert, wenn die Liebe scheitert. Aber wie lange kann sie ihm bei seinem Aufstieg zum Ruhm zusehen, ohne sich einzugestehen, dass auch ihr Herz schon immer nur ihm gehört hat?
(c) by Lyx Verlag
Was hat sich mein kleines Fangirl-Herz gefreut, als ich gemeinsam mit drei anderen, tollen Bloggerinnen eine Blogtour (bei Instagram) zu Emma Scott’s neuem Buch veranstalten durfte? Ich war so hyped auf die Geschichte, so gespannt, was mich erwarten würde und so voller Vorfreude. Schließlich hat mich die Autorin noch nie enttäuscht. Mein letztes Buch von ihr, „Between your Words“ ist mir noch immer so präsent im Kopf, und genau diese intensiven Gefühle, diese Einzigartigkeit hab ich mir auch von „The Girl in the Lovesong“ erhofft. Ob es wirklich so kam, oder ob ich nun doch meine erste Enttäuschung von Emma Scott gefunden habe, erzähle ich euch jetzt. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension. ♥
In Emma Scott’s neuem Werk werden wir zu Beginn mit zwei 13-jährigen Teenagern konfrontiert, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Violet und Miller lernen sich auf eher untraditionellem Wege kennen, in dem er in ihren Garten stolpert und sie das durch Zufall durch ihr Fenster beobachtet. Mir gefiel der Einstieg in die Geschichte unsagbar gut! Allein die Tatsache, dass wir es mal wieder mit Kindern zu tun bekommen, und nicht mit Erwachsenen, überraschte mich positiv und so konnte ich bereits von Seite 1 an gespannt mitverfolgen, wie sich die beiden immer besser kennenlernen und miteinander anfreunden. Dass beide keinen leichten, familiären Background haben, hat der Spannung nur zusätzlich in die Karten gespielt und gleichzeitig für eine enorme Menge Tiefgang gesorgt. Ich hab mitgelitten, mitgefiebert, mitgehofft und mitgebangt – aber vor allem hab ich mitgeweint. Die ersten Kapitel strotzen nur so vor Emotionen und versprachen bereits eine fulminante Gefühlsachterbahn.
Aber leider kam es ganz anders als gedacht. Denn die Handlung entwickelt sich längst nicht so, wie es den Anschein macht. Viel eher begleiten wir Vi und Miller ein ganzes Stück in ihrer Schulzeit, wodurch das Buch definitiv mehr an Young, als an New Adult erinnert. Und obwohl die Themen, die Emma Scott da aufgreift, wie Mobbing, Beliebtheitsgrad, Krankheit, durchaus Potential haben, dümpelt das Geschehen doch sehr vor sich hin. Der Spannungsbogen ließ nach dem großartigen Einstieg massiv nach, und es war kaum noch interessant zu verfolgen, was die beiden so erleben. Dazu wurden auch so unfassbar viele Klischees bedient, dass jede Wendung schon meilenweit zuvor klar war. Aus der Streberin wird eine absolut heiße, beliebte Schulkönigin, und der abgeranzte Underdog hat da nicht viel zu melden. Im Grunde war es eben sehr abgedroschen und bekannt, und darum nur wenig spannend. Es bot im mittleren Teil durchaus Unterhaltungswert, aber dafür kaum bis gar keine Emotionen, die einen hätten berühren können.
Auch die beiden Hauptaspekte des Buches: die Musik, und die Lovestory, kamen meiner Meinung nach massiv zu kurz. Zwischen den Protagonisten war es ein stetiges Hin und Her und irgendwie war keiner in der Lage, mal Klartext zu reden. Stattdessen verrennt man sich in seinen Gedankensträngen und verhält sich ziemlich kindisch und kaum nachvollziehbar. Und die Musik bleibt da ebenfalls eher ein hintergründiges Thema, das zwar hier und da zur Sprache kommt, aber eben keinen besonderen Stellenwert einnimmt.
Erst gen Ende zeigt die Autorin wieder, was sie kann. Plötzlich kommen die Emotionen auf, die über den gesamten Mittelteil schmerzlich vermisst hatte. Und auch die Musik tritt rückt zunehmend mehr in den Fokus und wird immer präsenter. Und das war genau das, was ich mir die ganze Zeit gewünscht hatte. Die emotionale Achterbahnfahrt, die Spannung, das Kribbeln im Bauch, das nervöse Flattern der Nerven, das Drama. Wieso nicht schon viel früher? Wieso müssen wir uns mit Belanglosigkeiten wie einem Schulball aufhalten, wenn wir doch so ein Spektakel erleben können, wie es das letzte Drittel bot? Es war ein absolut gelungenes Ende, das nochmal einiges aufwirbelte und für eine Menge Gefühlschaos sorgte. Und doch war es auch ziemlich stimmig zum restlichen Teil des Buches. Es beantwortete alle offenen Fragen, rundete das Geschehene perfekt ab und war, zum Glück, nicht ganz dieses klischeehafte Ende, das man nach all den bekannten Elementen vielleicht hätte erwarten können.
Violet und Miller lernen wir, wie gesagt, schon im Alter von gerade einmal 13 Jahren kennen. Beide sind noch sehr jung, sehr kindlich und unerfahren; sehr naiv und einfach genau so, wie es Kinder in diesem Alter sein sollten. Emma Scott hat die beiden wunderbar authentisch eingefangen und damit zwei sehr junge, aber mindestens genau so glaubhafte Protagonisten geschaffen, mit denen man die anfängliche Geschichte gern erlebt. Da sie aber im Laufe der 512 Seiten immer mehr zu Erwachsenen heranreifen, ist auch der Entwicklungsprozess nicht unerheblich. Und genau da liegt meine Kritik.
Miller lernen wir als beinah perspektivlosen Jungen kennen, dessen Leben quasi in Scherben vor ihm liegt. Gezeichnet vom Schicksal erweckte er sogleich mein Mitgefühl und schlich sich ganz unbemerkt in mein Herz. Er ist nachvollziehbar und trotz seiner distanzierten Art auch sympathisch. Wie schlimm muss es sein, in solchen Verhältnissen aufzuwachsen? Was macht es mit einer so jungen Seele? Miller ist der Inbegriff einer lebendigen Persönlichkeit, die perfekt in die Geschichte passte und der Handlung einiges an Emotionen verlieh. Doch je erwachsener wurde, umso weniger verstand ich ihn. Miller hat gelernt, zu kämpfen. Ums Überleben, um seine Zukunft, sein Glück. Wieso besitzt er dann nicht genug Rückgrat, um für seine Liebe einzustehen? Ich verstand die Problematik mit der Freundschaft, die durchs Daten eventuell in die Brüche gehen könnte, aber die Umsetzung fand ich dann eher misslungen. Für einen starken jungen Mann sollte es nur logisch sein, Klartext zu reden anstatt sich innerlich selbst zu zerstören. Was nützen ihm all die Gedankenspiralen, in denen er sich verliert, wenn er doch im wahren Leben nicht in der Lage ist zu sagen, was ihm auf dem Herzen liegt. Ich wollte mehr von ihm. Mehr Stärke, mehr Mut, mehr Selbstbewusstsein. Aber ansonsten war er dennoch der sympathischere und glaubhaftere Protagonist, immerhin ist es der Autorin gelungen, ihm auch im Erwachsenenalter noch seine gewohnten Attribute zu lassen. Miller hat sich nicht um 180 Grad gedreht, sondern ist sich, über all die Zeit hinweg, selbst treu geblieben.
Violet eher nicht. Während ich sie anfangs noch für ihren Mut, ihren eigenen Kopf und ihre Unbedachtheit geliebt habe, verlor sie einiges an Sympathiepunkte, während sie erwachsen wurde. Gefühlt wurden sämtliche Klischees bedient, indem man aus der Streberin die ultraheiße Schulkönigin macht und ihr dazu auch noch andere, eher abgedroschene Facetten verlieh. Vorbei war’s mit ihrem Mut, ihrer Stärke. Sie wurde zur Mitläuferin, die kleinlaut allem zustimmt, was ihre Freunde sagen, sich unterordnet, um ja nicht negativ aufzufallen und sämtliches Rückgrat einbüßt. Vi war einfach nett, und süß und lieb.. aber vom erhofften Feuer, war nichts zu spüren. Sie wird in so viele unangenehme Situationen gebracht, aber immerzu gibt sie klein bei, sagt nie ihre Meinung und ist auch sonst längst nicht mehr so selbstbewusst, wie als 13-Jährige. Ich fand das so schade, immerhin hat sie als Figur enorm viel Potential; aber es wurde grundlegend verschenkt. Damit es nicht zu Missverständnissen kommt: ich mochte Violet durchaus, und es war auch nicht immer schwer, mit ihr mitzufiebern und mitzufühlen, aber es gab so viele Momente, in denen ich sie einfach mal schütteln und ihr sagen wollte, dass sie auch das Recht hat, mal auszuflippen. Mal für ihre Meinung oder ihre Wünsche einzustehen, anstatt immer nett sein zu wollen.
Ansonsten treffen wir noch auf einige andere Persönlichkeiten, die aber alle nicht unbedingt beeindruckend waren. Während die Eltern von Vi und die Mutter von Miller einfach unsympathisch und blass waren, war es Shlioh, die mich mit ihrer Außergewöhnlichkeit zumindest ein bisschen begeistern konnte. Sie brachte irgendwie Leben in die ganze Sache und war in Hinsicht auf die Lovestory wohl die einzige, die nicht restlos blind durchs Leben watete. Sie sagte, was sie dachte, und das war eine herrlich erfrischende Abwechslung. Ansonsten lässt sich über keinen viele Worte verlieren. Evelyn, Chad, River, Ronan.. sie waren da, ja. Aber irgendwie auch nur nebensächlich. Obwohl ich River an sich gar nicht so verkehrt fand und durchaus interessiert bin an seiner Geschichte, die wir ja im weiteren Verlauf der Reihe erfahren werden.
Der Schreibstil von Emma Scott ist definitiv das größte Highlight am Buch. Obwohl im mittleren Drittel wirklich sehr viel Ruhe herrscht und nur wenig passiert, wird es doch nie langweilig. Die Autorin weiß genau, wie sie die einzelnen Szenen in Worte packen und beschreiben muss, damit sich der Leser so fühlt, als wäre er tatsächlich dabei, und nicht nur ein stiller Beobachter. Die Themen, die sie aufgreift, sind sensibel behandelt worden und obwohl kaum was davon wirklich wichtig für die Handlung ist, kamen die Messages doch sehr klar durch und nichts wurde auch nur annähernd vernachlässigt. Und so sind auch die langsamen Momente noch immer interessant genug, um am Ball bleiben zu wollen. Allgemein kam ich, wie immer, wieder wahnsinnig schnell voran und bin nur so durch die Seiten geflogen. Der Lesefluss war wunderbar leicht, und das trotz teilweise schwereren Inhalten. Gerade am Ende, wo es dann doch nochmal richtig emotional wurde, zeigt Emma Scott wieder, was für einheimlich großes Talent sie besitzt und wie intensiv sie Gefühle einfangen kann.
„The Girl in the Lovesong“ von Emma Scott war, meiner Meinung nach, das bisher schwächste Buch von ihr. Nicht nur, dass es sehr Young Adult – lastig ausfiel, sondern auch, dass die Emotionen im mittleren Drittel kaum durchkamen, ist eher untypisch für die Autorin. Die Charaktere, die es mir stellenweise echt schwer machten, mich mit ihnen zu identifizieren, sorgten auch nicht unbedingt dafür, dass meine Enttäuschung sank. Dafür bietet der Stil wieder einiges an positiven Eindrücken und auch das Ende liefert dann endlich das, was ich das restliche Buch hinweg so schmerzlich vermisst habe: Emotionen, Drama, Spannung, Tiefe. Im Gesamten kann ich sagen, dass es kein schlechtes Buch war und durchaus Unterhaltungswert bot. Aber eben längst nicht so viele berührende und tiefgründige Momente, wie erhofft. Ein gutes Mittelmaß, würde ich sagen. Ich hab’s gern gelesen, aber es hat mich auch keineswegs umgehauen.
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Emma Scott schreibt am liebsten Liebesgeschichten mit nicht so perfekten Charakteren, über Menschen mit einer Künstlerseele, Menschen, die Bücher lieben und schreiben. Diversität, Toleranz und Offenheit sind ihr ein wichtiges Anliegen. Mit ihren Romanen, die sie als Self-Publisherin herausbrachte, hat sie sich eine treue und begeisterte Fangemeinde erschrieben.
(c) by Lyx Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Lyx Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.