||» Rezension «|| The Way you crumble [von Nena Tramountani]
Nena Tramountani
New Adult
Band 2 von 3
Hungry Hearts – Reihe
» Band 3 (The Way we melt) erscheint im Frühjahr 2023 «
Echo & Alexis: Ihr Leben schmeckt schon immer bitter. Nur er besitzt die Gabe, es zu versüßen.
Echo ist wütend. Wütend auf ihre Mutter, die sich das Leben nahm, aber am meisten auf sich selbst, weil sie sich wie eine Versagerin fühlt. Nur ihrem Großvater zuliebe nimmt sie einen Aushilfsjob im Sternerestaurant Prisma an und ist überrascht, als sie Gefallen am Konditorhandwerk findet – und an ihrem Kollegen: Alexis ist der jüngste Sohn der Restaurantbesitzer und mindestens genauso wütend wie sie. Er versucht nicht, Echo gute Ratschläge zu geben, doch das hat einen ernsten Grund: Alexis spricht nicht. Offenbar braucht er Hilfe, aber wie soll jemand wie sie ihm schon helfen? Während sie Seite an Seite feine Desserts kreieren, lässt Alexis‘ Nähe Echos Nervenenden vibrieren. In ihr keimt plötzlich Hoffnung auf eine glücklichere Zukunft auf – wäre da nur nicht ihre Vergangenheit, die alles zerstören könnte …
(c) by Penguin Verlag
Der erste Band der Hungry Hearts Reihe von Nena Tramountani zählt zu den besten Büchern, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Mit einem enormen Fingerspitzengefühl und einer zutiefst berührenden Story überzeugte mich die Autorin und bewies damit, dass sie sensibel und verantwortungsvoll mit dem Mental Health Aspekt umgehen kann. Kein Wunder also, dass ich wahnsinnig gespannt auf den zweiten Band; und damit auf die Geschichte von Alexis und Echo, war. Wird es wieder ein so emotionaler Ritt? Oder bleiben Julian und Tori unangefochtene Nummer Eins? Das und noch vieles mehr erzähle ich euch jetzt ganz ausführlich. Falls ihr also mehr wissen möchtet, bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension ♥
Beide Protagonisten aus „The Way you crumble“ kennen wir bereits flüchtig aus dem Auftakt der Reihe. Doch während Echo wirklich nur vereinzelt auftauchte, wurde Alexis bereits eingehender beleuchtet. Aber beide waren auf ihre eigene Art und Weise interessant und ihre eigene Geschichte versprach einiges an Emotionalität im Kennenlern-Prozess. Und so kam es schließlich auch.
Die beiden Figuren bekamen in ihrem eigenen Band der Reihe nochmal eine gehörige Menge Aufmerksamkeit, Tiefgang und Lebendigkeit. Allein die Ausarbeitung dieser beiden zerbrochenenen Persönlichkeiten ist hochgradig beeindruckend, weil ihre Probleme, ihre Ecken und Kanten, und ihre Ängste so real auf mich wirkten, dass ich gar nicht anders konnte, als mit ihnen mitzufiebern und mitzufühlen. Und obwohl beide schon auf den ersten Blick als „vom Schicksal gezeichnet“ wahrgenommen werden, verbirgt sich dahinter noch eine viel tiefere Schwärze. Dieser Schmerz war mit Händen greifbar, unbeschreiblich berührend und so ergreifend. Die Trauer, die beide empfinden, aber aus ganz unterschiedlichen Grunden, reißt einen mit in den dunkelsten Abgrund und überträgt sich damit ungebremst auf den Leser. Und so litt ich. Litt mit Alexis, und mit Echo und wünschte mir sehnlichst, dass sie doch noch inneren Frieden finden würden, denn das hatten sie ohne jede Frage verdient.
Mit Echo hat Nena Tramountani eine junge Frau geschaffen, die schon einiges einstecken musste in ihrem doch so kurzen Leben. Die Bandbreite an Schicksalsschlägen ist riesig und reicht vom Verlust der Mutter über den inneren Selbsthass bis zu ganz anderen, tiefschürfenden Problemen. Und obwohl ich nicht einen einzigen davon jemals selbst erleben musste, fühlte ich mit Echo. Ich spürte ihren Schmerz, ihre Wut, ihren Hass. Ich sah den inneren Kampf, trug ihn mit ihr aus und musste dabei so viel ertragen. Echo kam mir unendlich nahe mit ihrer Art, ihrem Denken und ihrem Handeln. Und obwohl sie manchmal völlig anders reagierte und manchmal wirklich sehr schroff rüber kam, verstand ich es. Ich verstand, wieso sie aus belanglosen Gründen aus der Haut fuhr. Und ebenso verstand ich ihren Fluchtinstinkt, ihre Angst vor Nähe, ihr Leid. Echo war nicht übermäßig sympathisch – aber das war auch nicht das Ziel. Echo überzeugt durch ganz andere Attribute; und die waren bedeutend mehr wert, als jede Sympathie der Welt.
Alexis‘ Geschichte war uns, im Gegensatz zu Echo’s, nicht gänzlich fremd. Wir durften schon im Vorgängerband einen etwas genaueren Blick auf den jungen Mann werfen, der durch bislang unbekannten Gründen seine Sprache verloren hatte. Nun erfahren wir den Background dazu – und der war erstmal etwas.. nun ja.. unerwartet. Aber dazu später mehr. Konzentrieren wir uns lieber darauf, wie echt Alexis wirkt. Wie unendlich schmerzhaft es ist, seine Geschichte zu erfahren und als wie er stark er in Anbetracht all der Umstände tatsächlich ist. Wie viel Mut es erfordert, nicht einfach aufzugeben und wie hart der Kampf um sein persönliches Glück ausfällt. Mich erreichte er jedenfalls auf eine Art und Weise, die mir Gänsehaut bescherte und mir streckenweise die Tränen in die Augen trieb. Er ist so liebenswert; auch wenn er das ganz anders sieht. Er ist so voller Herzlichkeit, tief versteckt hinter einer meterhohen Mauer des Selbstschutzes. Und genau wie bei Echo, wars auch bei Alexis so, dass ich nicht immer alles verstand, was er tat oder dachte. Manche Handlungen warfen zahlreiche Fragezeichen in meinem Kopf auf; aber sie erklärten sich dann quasi von selbst. Jede Handlung ergab Sinn, und passte zum allgemeinen Bild, was ich von ihm hatte und fügte sich damit perfekt ein – auch wenn ich es persönlich vielleicht anders gemacht hätte. Kurz um: ich denke, man merkt, wie sehr ich Echo und Alexis geliebt habe. Mit all ihren Fehlern, ihren Narben, ihren Emotionen.
Doch besonders glücklich war ich über das Wiedersehen mit den alten Hasen. Tori und Julian sind mehr oder weniger Dauergäste in diesem Roman; und auch wenn sie den zwei eigentlichen Protagonisten niemals die Show stahlen, hatte sie doch auch ihre ganz eigenen Momente in „The Way you crumble“. Und so schloss sich der Kreis. Ich hab mich irre gefreut, zu sehen, dass der Prozess, in dem sich das Couple aus Band 1 befindet, noch immer in vollem Gange ist und nicht über Nacht alle Probleme wie von Zauberhand verschwanden.
Das wohl tragendste Element, wieso die Charaktergestaltung so geglückt ist, ist mit Sicherheit der Schreibstil. Nena Tramountani hat ein Talent, das in die Welt hinaus getragen werden muss. Sie schreibt so gefühlvoll, so einnehmend, so berührend und so echt. Sie erzeugt mit bloßen Worten eine Atmosphäre, die alles um sich herum zu verschlingen droht. Und sie kreiert Szenen, die einem Gänsehaut und Herzklopfen gleichermaßen bescherten. Ich versank in dieser Geschichte; ließ mich komplett einhüllen und nach nur wenigen Seiten konnte ich mich den Sog, den das Geschehen ausübt, nicht mehr entziehen. „The Way you crumble“ ist keine lockerleichte Liebesgeschichte – und das zeigt sich auch in der Art und Weise, wie sie uns von der Autorin erzählt wird. Hier schwingt eine Menge Schwere mit, die aber auf den Punkt ausgearbeitet war und trotz all der Tiefe niemals runterzog. Es war echt was hier geschah. Es war greifbar. Es war lebendig. Und trotz allem kam ich doch zügig voran. Ich konnte mir jeden einzelnen Moment, sei es nun im Prisma, oder am Strand – sei es nun inmitten von Menschen, oder in der Einsamkeit – bildhaft vor Augen führen und fühlte mich längst nicht nur aus Zuschauer, sondern als wichtiger Bestandteil des Buches. Litten die Figuren, litt ich. Freuten sich die Figuren, so freute ich mich. Ich bin nach wie vor sprachlos, mit wie viel Gefühl dieses Buch geschrieben wurde; denn nur so konnte es diese intensive, fast schmerzhaften Emotionen entwickeln, die mich gänzlich für sich einnahmen.
Wahrscheinlich fange ich schon an, mich zu wiederholen, aber auch die Idee glänzt in ihrer ganzen Vollkommenheit. Nena Tramountani hätte sich auch für eine leichte, kurzweilige Story entscheiden können; aber sie ging den schwierigen Weg und kreierte hier eine Geschichte, die an Intenzität, Tiefe, Schwere und Lebendigkeit kaum übertroffen werden kann. Band 2 steht seinem Vorgänger in nichts nach, und liefert vielleicht sogar noch einen wichtigen Punkt, den „The Way I break“ nicht bieten konnte: die Nähe zu den Figuren. Denn wo ich Tori wirklich nicht mochte, da überzeugte mich Echo doch auf ganzer Linie. Aber fangen wir vorn an:
Schon der Einstieg ist düster und bedrückend und entfaltet damit sogleich die ersten Anzeichen von Tiefgang, der im weiteren Verlauf noch entstehen würde. Wir lernen Echo kennen; am wohl tiefsten Tiefpunkt ihres Lebens. Und schon da litt ich. Ich passte meine eigenen Emotionen den ihren an, und konnte mich so vom ersten Moment an in die Geschichte hineinversetzen und mich mitreißen lassen. Nena Tramountani hat aber nicht nur mit den Gefühlen des Lesers gespielt, sondern auch einen ganz wichtigen Grundbaustein eingesetzt, der uns schon im Auftakt begegnete: die mentale Gesundheit. Beide Figuren leiden psychisch und damit wurde sehr sorgfältig, verantwortungsvoll und authentisch umgegangen. Jeder trägt sein Päckchen und natürlich unterscheiden sich die gesundheitlichen Problematiken deutlich voneinander – aber auch da hat die Autorin ein gutes Händchen bewiesen und die beiden Facetten sehr unterschiedlich, aber doch sehr glaubhaft umgesetzt. Panikattacken sind nur eines von vielen Themen und wurden so echt in Worte gefasst, dass ich drauf achtgeben musste, mich nicht triggern zu lassen – und das muss schon was heißen. Ich fühlte das nervöse Kribbeln im Bauch, hörte das Rauschen in den Ohren, nahm kaum noch was um mich herum wahr, wenn es Thema wurde und das beeindruckte mich im gleichen Maße, wie es mich ängstigte. Ich hab viele Bücher gelesen, in denen Mental Health und psychische Erkrankungen eine Rolle spielen; aber nur selten war es so intensiv und so lebensecht dargestellt wie hier und im Vorgänger. Dabei musste nicht jeder Auslöser muss ich dabei verstehen. Es gibt Millionen Triggerpunkte auf der Welt, und wenn man mal was nicht nachvollziehen kann, ist das komplett okay. Jeder reagiert anders – und deshalb nahm ich es der Geschichte auch nicht krumm, dass manches vllt auf den ersten Blick etwas .. nun ja.. unscheinbar schien, und dann einen so heftigen Rattenschwanz nach sich zog. Meiner Meinung nach war die ganze Thematik rund um die mentale Gesundheit perfekt umgesetzt und deshalb allein für sich stehend schon ein Highlight.
Aber neben all der Schwere, dem Schmerz, dem Kummer und dem Leid gibt es auch etwas, was Hoffnung schenkt: die Liebesgeschichte. Und die entwickelt sich in einem sehr, sehr langsamen aber doch auch sehr realistischen Tempo. Echo und Alexis überstürzen nichts. Und gleichzeitig nähern sie sich doch in einem verhältmäßig schnellen Tempo an. Klingt unlogisch, aber der gesamte Aufbau der Lovestory ist hier ein anderer, als man es gewohnt ist. Hier wird der ganze Ablauf über den Haufen geworfen und komplett anders angegangen, als man es kennt. Und das hab ich geliebt! Keine verstohlenen Blicke, keine Herzchenaugen, keine Flirterei, sondern ein komplett anderer Weg, der aber am Ende auch vielversprechend sein kann. Mir hat’s unheimlichen Spaß gemacht, Alexis und Echo auf ihrem Weg zueinander, inklusive aller Stolpersteine, Rückschlägen, & Co. zu begleiten. Und auch gerade weil auch der Schlusspart nichts an Klischees bedient, überzeugt er nur umso mehr.
„The Way you crumble“ von Nena Tramountani ist ein Roman, der eine unendlich große Bandbreite an Emotionen bietet. Vorwiegend Schwere, aber doch auch Hoffnung auf Glück und inneren Seelenfrieden. Ich hab’s geliebt. Von der ersten bis zur letzten Seite. Ich hab Alexis und Echo geliebt. Ich hab die Vibes geliebt, die zwischen ihnen herrschten. Ich hab den Stil geliebt. Ich hab diese unendlich berührenden Gefühle geliebt. Ich hab den Tiefgang geliebt. Ich hab dieses Buch geliebt. Punkt. Aber ich wollte trotzdem eine kleine Warnung aussprechen: die Triggerwarnung ist absolut berechtigt; deshalb lest achtsam und verzichtet im Zweifelsfall darauf; denn das hier ist keine leichte Unterhaltung, sondern wirklich authentische, tiefgreifende Kost, die eine enorm intensive Wirkung hat.
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Nena Tramountani, geboren 1995, liebt Kunst, Koffein und das Schreiben. Am liebsten feilt sie in gemütlichen Cafés an ihren gefühlvollen Romanen und hat dabei ihre Lieblingsplaylist im Ohr. Nach ihrem Studium der Sprachwissenschaften arbeitete sie als freie Journalistin und zog anschließend nach Wien. Inzwischen lebt sie wieder in ihrer Heimat Stuttgart, wenn sie gerade nicht auf Inspirationsreisen ist.
(c) by Penguin Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Penguin Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.