||» Rezension «|| Two Sides of the Dark [von Alexandra Flint]
Alexandra Flint
Fantasy || Dystopie
Band 1 von 2
Emerdale – Dilogie
Als Taylor in Los Angeles auf Jo trifft, fühlen sie sich vom ersten Moment an zueinander hingezogen: Jo, der gescheiterte Schauspieler, der bei einem Unfall ein Bein verloren hat, und Taylor, aufgewachsen in Emerdale, einem auf Genmanipulation spezialisierten Forschungslabor, und nun auf der Flucht. Beide wollen ihre Vergangenheit hinter sich lassen und ein neues Leben beginnen. Doch je näher sich Taylor und Jo kommen, desto größer wird auch die Gefahr, in der sie beide schweben. Denn Emerdale ist Taylor dicht auf den Fersen und will nicht nur sie vernichten, sondern auch alle, die sie liebt …
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Dieses Buch durfte mehr oder weniger ungeplant bei mir einziehen, denn ich hab es von der lieben Susi [@magische_momente_] zum Geburtstag geschenkt bekommen – und mit dazu gab’s ein spontanes Buddyread! Danke an dieser Stelle mal wieder, meine Liebe – ich hatte, wie immer, größten Spaß an unserem Austausch! Nun aber möchte ich euch gern erzählen, wie mir mein erstes Buch von Alexandra Flint gefallen hat. Meine Erwartungen waren eher im Mittelfeld angesiedelt, und das obwohl ich bei Instagram unsagbar viele lobende Rezensionen dazu gesehen hatte. Trotzdem bin ich etwas vorsichtiger an die ganze Sache rangegangen und heute möchte ich euch gern sagen, ob ich mir damit selbst einen Gefallen getan habe, oder eher nicht. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt jetzt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension.
Der Sprung in die Geschichte gleicht einem Sprung in Eiswasser. Wir starten inmitten dieses Forschungslabor und müssen mitansehen, wie skrupellos und machthungrig manche Menschen über Leichen gehen. Schon allein diese Einstiegsszene barg nicht nur Spannung, sondern auch interessante Aspekte, die es sich zu verfolgen lohnt. Ansonsten: Keine große Einführung, keine Kennenlern-Phase mit den Protagonisten, keine großartigen Erklärungen. Aber das ist auch gar nicht nötig, denn der Informationsfluss ist ein fast schleichender Prozess. Wir erfahren im Grunde immer nur, was in der jeweiligen Situation nötig ist, und so verhält es sich auch mit dem Kennenlernen der Figuren. Von Seite Eins an herrscht eine zutiefst packende Atmosphäre; der Spannungsbogen ist von der ersten Silbe an spürbar und steigert sich mit jeder gelesenen Seite. Es entstehen zahlreiche, offene Fragen, die Undurchsichtigkeit animiert also den Leser zum Mitraten, zum Miträtseln, zum sich eigene Gedanken machen, wohin die Handlung eigentlich will. Was steckt dahinter, wer spielt ein falsches Spiel, wem kann man vertrauen, wem nicht? Und all das schon während der ersten Kapitel. Es ist beinah schockierend, wie fesselnd dieser Einstieg ausfällt und wie sehr der Sog sich auf mich auswirkte. Obwohl man mit Sicherheit schon zahlreiche Dystopien gelesen hat, ist die Idee hinter „Two Sides of the Dark“ so ganz anders, als man es aus dem Genre kennt und gleichzeitig doch auch wieder typisch. Es herrscht die allseits bekannte, dystopische Atmosphäre, aber die Elemente, die diese erzeugen, waren für mich etwas ganz Neues. Es ist eine Mischung aus Forschung, übernatürlichen Fähigkeiten und Gewalt, und damit allein schon deshalb ein echtes Highlight. Es gibt immer wieder überraschende Wendungen, Twists, die man absolut nicht kommen sieht und mittendrin verbirgt sich auch noch eine wunderbar authentische Liebesgeschichte.
Alexandra Flint hat sich hier für gleich zwei Perspektiven entschieden, nämlich für die von Taylor und für die von Jonathan; und beide Stränge bergen ihre eigenen Spannungselemente. Obwohl Taylor und ihr Dasein auf der Flucht den Großteil des Buches beherrscht und der Dreh- und Angelpunkt des Buches ist, ist auch Jo’s Leben alles andere als langweilig. Er hat mit seinen Dämonen zu kämpfen; mit ganz anderen Problemen; muss schwerwiegende Entscheidungen treffen und bleibt deshalb keineswegs hinter seinem weiblichen Gegenstück zurück. Und eben weil wir auch Jonathan begleiten, seine Gedanken und Empfindungen live miterleben dürfen, entsteht eine so realistische Lovestory. Die Annäherung ist so geschickt in die Dystopie-Thematik eingewoben, dass trotzdem keinerlei Längen entstanden und die Action sowie die Spannung nicht unterbrochen wurde. Und von ersterem gab es wahrlich eine gehörige Portion. Die Geschichte ist rasant erzählt, wendungsreich; teilweise fast brutal und auf ganzer Linie spannend. Das Setting, in Form von Los Angeles, traumhaften Stränden, Palmen, Sonne und Luxus-Villen, gitb dem Ganzen eine weitere Facette, die es sich zu entdecken lohnt. Selbst im Mittelteil, wo man ja beinah mit einer gewissen Atempause rechnet, gönnt und Alexandra Flint kein Verschnaufen, sondern prescht ungebremst einem beinah epischen (vorläufigen) Finale entgegen.
Apropos Finale. Gen Ende spitzte sich die Lage von Taylor und Jonathan dann doch nochmal enorm zu. Nicht alles lief nach Plan und gerade diese Fehlschläge waren es, die das Tempo im letzten Drittel des Buches massiv anzogen. Die Ereignisse überschlugen sich regelrecht, die Spannung ist mit Händen greifbar und als Leser ist man mittendrin und wagt es stellenweise kaum, zu atmen. Was für ein Schlusspart – was für ein Erlebnis, was für ein Spektakel. Und trotzdem bleibt genügend Spielraum für Band 2 übrig, um den Leser sehnsüchtig auf den Folgeband hinfiebern zu lassen.
Da nun schon ein wenig über die Charaktere geschwärmt wurde in dieser Rezension, widmen wir uns doch einfach direkt mal ihnen: Die Figuren waren, wohl auch dank der Seitenzahl, extrem tiefgründig und greifbar dargestellt. Jonathan und Taylor ergänzen sich perfekt, und das, obwohl sie eigentlich grundverschieden sind und deshalb vielleicht auf den ersten Blick gar nicht so recht zusammenpassen wollen. Taylor, das Experiment eines Forschungslabors und Jo, der gefallene Hollywood-Star mit der körperlichen Behinderung. Passt nicht? Dachte ich auch, aber dann lernte ich die beiden kennen und wurde eines besseren belehrt. Beide Figuren haben ihre Stärken, aber auch ihre Schwächen und erlebt man sie in Kombination, merkt man schnell, dass die beiden sich unendlich gut tun.
Taylor war, für mich, trotzdem der Star des Ganzen – wie es ja auch sein sollte. Ich fand sie als Figur unsagbar interessant und in ihrem Verhalten schlicht aussergewöhnlich. Dauernd liest man von Figuren, die sich nicht öffnen können, weil die Mauer, die sie um sich herum gebaut haben, zu undurchdringlich ist – nur meistens kauft man ihnen das nicht ab oder sie knicken direkt nach weniger Zeit ein. So aber nicht Taylor. Sie blieb, zumindest für Jo, ein Buch mit sieben Siegeln und war darum umso authentischer für mich. Ich konnte mit Taylor zu 1000% mitfiebern und mitfühlen, konnte ihre Beweggründe und ihre Gedanken stets vollkommen nachvollziehen und fand in ihr als Mensch, eine echte Freundin. Denn obwohl Taylor über besondere Fähigkeiten verfügt, aus einem Forschungslabor entstammt und beinah übermenschlich erscheint, ist sie am Ende eben doch nur eine junge Frau, aus Fleisch und Blut, mit einem Herz, das brechen und einer Seele, die verwundet werden kann. Kein Roboter, kein Cyborg, sondern durch und durch ein Mensch. Und vielleicht konnte ich gerade weil sie diese Besonderheit nur umso intensiver einen Draht zu ihr finden, weil sie neben Sympathie auch noch durch interessante Eigenschaften glänzte. Kurz um: Taylor ist die perfekte Besetzung für diesen Roman, weil sie einerseits stark, andererseits schwach ist; weil sie Spannung in die ganze Sache bringt und weil sie ein durch und durch liebenswerter Charakter ist.
Jo steht ihr aber in Sachen Perfektion in nichts nach. Er ist, wie schon gesagt, ganz anders, aber doch irgendwie ähnlich. Ich mochte den jungen Mann, der in seinem Leben schon viel mehr verloren hat, als nur sein Bein. Seine gesamte Karriere ist mit diesem Unfall zunicht gemacht worden und gleichzeitig muss er sich auch noch mit Menschen herumschlagen, die mir von Sekunde Eins an zuwider waren. In den ersten Sekunden hatte ich Mitleid mit Jo, doch dann wandelte sich das sehr schnell in Mitgefühl um. Sicher, er hatte scheinbar die besten Zeiten seines Lebens hinter sich, aber Jo war ein durch und durch kämpferischer Typ, der sich nicht unterkriegen ließ und für das, was er wollte und mochte, einstand. Mit Jo wurde es nie langweilig, weil er manchmal fast etwas hitzköpfig wirkte und seine Entscheidungen manchmal zu überstürzt und unbedacht ausfielen, aber am Ende des Tages, trug er sein Herz am rechten Fleck und stand seinen Freunden loyal zur Seite. Ich würde sogar soweit gehen und ihn als einen richtigen Good Guy beschreiben, der aber durch Facettenreichtum und Tiefgang trotzdem einzigartig wirkte.
Ansonsten begegnen uns natürlich noch eine Vielzahl anderer Figuren, zu denen man sich problemlos eine Meinung bilden kann. Trotzdem ist es Alexandra Flint gelungen, einen immer wieder aufs Glatteis zu führen, indem sie uns den falschen Personen vertrauen ließ. Mir gefiel diese Undurchsichtigkeit enorm gut, weil es zusätzliche Spannung erzeugte und man sich stets fragte, ob wirklich alle das meinten, was sie sagten, oder ob da nicht ein falsches Spiel gespielt wurde. Am Ende entpuppte sich also der ein oder andere Freund doch als Feind und brachte so manch Überraschung mit sich. Alles in allem war die Charaktergestaltung wahnsinnig abwechslungsreich und tiefgründig; detailliert und ein wahrer Segen für die Geschichte. Es gab die sympathischen, aber auch die unsympathischen, die die einen sofort für sich gewannen und die, die einen sofort abstoßen mit ihrem Verhalten.
Und last, but not least: der Schreibstil. Wie bereits gesagt, war „Two Sides of the Dark“ mein erstes Buch der Autorin und ich war echt gespannt, wie mir der Stil wohl gefallen würde. Jetzt, rückblickend, kann ich vermelden: ich fand die Erzählweise, die Sprache sowie den allgemeinen Stil extrem gut. Für mich war es, trotz recht hoher Erwartungen, eine absolute Überraschung, wie positiv mir der Erzählstil ins Auge stach. Alexandra Flint schreibt absolut einnehmend und fesselnd, temporeich und bildhaft. Jede einzelne Szene tauchte vor meinem inneren Auge auf und ließ mich mich als Teil der Geschehnisse fühlen. Dabei gibt es kaum Wortwiederholungen, keine Lückenfüller, keine Längen – sondern eine straighte Weise, uns die Story näher zu bringen. Der Lesefluss war absolut angenehm, flüssig, einfach und vor allen Dingen verständlich. Obwohl wir es zum Teil mit recht komplexen Informationen zur Gen-Forschung zu tun haben, hatte ich keinerlei Probleme, dem zu folgen.
Ansonsten mochte ich, wie schon erwähnt, auch die Gliederung in Form der zwei Perspektiven sowie auch die Kapitellänge. Beides passte perfekt zur Handlung verstärkte den Pageturner-Effekt zusätzlich. Im Übrigen kann ich hier nicht mal sagen, wessen Sicht ich lieber mochte; beide hatten ihre Vorzüge und langweilig wurde es weder bei Taylor, noch bei Jo.
„Two Sides of the Dark“ von Alexandra Flint ist eine unglaublich vielschichtige, spannende und mitreißende Dystopie, mit dem typischen Flair, aber neuartigen Ideen. Allein schon der Schauplatz des Ganzen begeisterte; denn wann liest man denn mal einen Zukunftsroman, der sich vor der traumhaften Kulisse Los Angeles abspielt? Neben Düsternis, Action und Spannung lud die Geschichte so sogar noch zum Träumen ein und ich sah mich, gemeinsam mit Taylor und Jo, am Santa Monica Pier entlang schlendern; jedoch stets mit der Angst im Nacken, entdeckt zu werden. Trotz der Dicke des Buches war dauerhaft Spannung vorhanden, und wenn es dann doch mal ruhiger wurde, wurde das Zwischenmenschliche näher beleuchtet. Für mich waren Taylor und Jonathan absolut perfekte Besetzungen für diesen Roman, denn sie brachten nicht nur einiges an interessanten Aspekten ins Spiel, sondern verstärkten auch die Nähe zur Geschichte, die ohnehin schon sehr intensiv vorhanden war. Als letzten Punkt noch ein großes Lob an die Autorin und die Art, wie sie uns Emerdale und alles, was dazu gehört, näherbringt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, abwechslungsreich, einnehmend und bildgewaltig. Was will man mehr? Ein absolutes Highlight in diesem Jahr!
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Alexandra Flint veröffentlichte unter dem Namen Alexandra Stückler-Wede bereits mehrere Romane und wurde 1996 in der Nähe von Hannover geboren. Die Autorin lebt mit ihrem Mann im Herzen von München, wo sie Elektro- und Informationstechnik studierte und sich seit 2021 ganz der Literatur widmet. Ihre ersten Geschichten verfasste Alexandra bereits mit sieben Jahren. Neben dem Schreiben bloggt sie als @alexandra_nordwest auf Instagram über Bücher und das Autorenleben oder reist mit Rucksack und Zelt um die Welt. Zu ihren liebsten Genres gehört alles, was mit fantastischen Welten, tiefen Gefühlen, Spannung und Magie zu tun hat. Genauso wie ihr Herz an dunklen Geheimnissen, verworrenen Schicksalen und Charakteren hängt, die immer wieder über sich hinauswachsen
(c) by Planet! Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Planet! Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.