||» Hörbuch-Rezension «|| „Vertrauen und Verrat“
Sprecher: Christiane Marx
Band 1 von 3
Intrigen und Romantik
Um einer Heirat zu entgehen, beginnt Sage eine Lehre bei einer Kupplerin. Sie begleitet junge Damen, die durch Hochzeiten politische Allianzen sichern sollen. Für ihre Dienstherrin bespitzelt Sage die Ladys – und die Soldaten, die sie beschützen, denn es droht Krieg. Bald findet Sage sich zwischen den Fronten wieder. Und trifft ihre große Liebe. Doch wem kann sie trauen?
Ich gestehe: der Hype hat mich mal wieder ziemlich kalt erwischt. Jeder hat von dieser Geschichte gesprochen; die 5-Sterne-Bewertungen haben sich innerhalb kürzester Zeit verdoppelt und verdreifacht und ich sah mich quasi gezwungen, es auch zu lesen. Da ich den Klappentext aber weiterhin nicht sooooo wahnsinnig interessant fand, um dafür den Neupreis hinzulegen, entschied ich mich letztlich für die Hörbuch-Version aus dem HörbuchHamburg Verlag; und im Gegensatz zu meinem letzten Hörbuch, habe ich es hier in keinster Weise bereut. Nun aber zur ausführlichen Rezension. Viel Spaß ♥
Christiane Marx ist mir natürlich nicht fremd; ich habe schon andere Hörbücher gehört, die von ihr vertont wurden und genau wie bei den anderen, fand ich sie auch hier wieder super. Ich mag ihre Stimme unglaublich gerne; mag ihre Betonungen und Tempi-Wechsel, ihre verschiedenen Tonlagen und kann ihr, selbst in rasanten Momenten gut folgen. Sie liest auch stets unheimlich authentisch und glaubhaft; als würde sie nicht nur vorlesen, sondern wirklich erzählen. Darüber hinaus ist ihre Stimmfarbe ein wenig tiefer, als man es von so manch anderem Jugendbuch-Sprecher kennt, was ich ebenfalls als großen Vorteil sehe. Sie hat eindeutig perfekt zur Geschichte gepasst.
Zu dem Schreibstil halte ich mich ja gewohnt kurz, da ich immer finde, bei Hörbüchern lässt sich Stil und Sprache eher schlecht beurteilen. Ich mochte es, wie Erin Beaty erzählt. Sie hält sich nicht mit Ausschweifungen auf, verzichtet dabei aber dennoch nicht auf bildhafte Beschreibungen und Erklärungen. An mancher Stelle fehlte mir so ein wenig der Tiefgang; da hätte ich mir doch ein paar mehr Infos gewünscht, um mir Charaktere und Kulisse besser vorstellen zu können. Da schoss mir hin und wieder tatsächlich das wörtlich „blass“ durch den Kopf, was ich im Groben und Ganzen aber nicht als Kritikpunkt werte, sondern als unerfüllten Wunsch. – So wurde eben die Fantasie des Lesers ein wenig gefordert.
Die Charaktere an sich fand ich dagegen wieder richtig toll – ob ich sie mir nun bildhaft vorstellen konnte oder nicht; charakterlich besaßen sie jedenfalls ausreichend viel Tiefe und Glaubwürdigkeit. Besonders Sage fiel mir dabei positiv auf; immerhin stach sie aus der Masse der ganzen Jugenbuch-Figuren durch ihre mutige, selbstbewusste Art heraus. Es war herrlich zu beobachten, wie sie sich nichts gefallen ließ, stets Kontra gab und sich was traute; wie sie hinter ihren Freunden und vor ihren Feinden stand. Und dabei blieb sie immer sympathisch und liebenswert. Ich hatte jedenfalls keine Probleme, mich in sie hinein zu versetzen; mit ihr mitzufiebern; ihre Handlungen und Gedankengänge nachzuvollziehen. Auch ihre Entwicklung war deutlich spürbar und klar erkennbar, ohne dabei unglaubwürdig zu werden.
Der männliche Hauptpart dagegen blieb mir ein wenig zu distanziert; ich hatte einfach Probleme damit, ihn mit dem in Einklang zu bringen, was er sein soll. Er war so .. befehlerisch und machte meiner Meinung nach zu viele Fehler, die er laut Text zwar einsah und bereute, sich aber nicht unbedingt so benahm. Klar, sind wir mal oberflächlich, war er durchaus ein Loveinteressed, aber charakterlich fehlte mir so ein wenig der Draht zu ihm. Auch kein riesiges Manko, aber eben auch kein Pluspunkt.
Die Nebenfiguren waren dafür wieder sehr interessant. Da gab es doch einige, die ich tief ins Herz schloss und bis heute sehr vermisse. So zum Beispiel Charlie und Claire; die beide so herzlich, so sympathisch und so realistisch waren, dass ich sie immer als Freunde sah, anstatt als simple Buchfiguren. Doch selbst die Antagonisten gefielen mir weitestgehend gut – da gab es einige Bösewichte, die sehr authentisch ihre Rolle spielten.
Der Ablauf der Geschichte war überraschenderweise ganz anders als man vielleicht anhand des Klappentextes annehmen könnte. Gerade in den ersten zwei Dritteln ist die Stimmung und das Tempo sehr ruhig, beinah schon gediegen und lebt von den Charakteren und den Begebenheiten. Ein richtiger Spannungsbogen wird dabei auch erst gen Ende der ersten Hälfte langsam aufgebaut. Und obwohl ich sonst so viel Wert auf viel Action und Tempo lege, hat mich das Buch dennoch mitreißen können und wurde allein durch die Andersartigkeit zum Pageturner. Im letzten Drittel kam dann aber das, was zuvor „gefehlt“ hat. Der Spannungsbogen ging in einer steilen Kurve nach oben; die Geschwindigkeit der Geschichte wurde massiv angezogen und gipfelte letztendlich in einem fulminanten Finale, das vor Einfallsreichtum nur so strotzte. Allein die Art und Weise, wie Erin Beaty das Ende des Buches abwickelte; welchen Mut sie dabei aufbrachte und wie unvorhersehbar das Ganze war, haute mich regelrecht aus den Socken. Großes Kino, mit dem ich bis zuletzt, aufgrund des Erzähltempos, niemals gerechnet hätte und deshalb umso überraschter und begeisterter war.
„Vertrauen und Verrat“ von Erin Beaty war eine wirklich große Überraschung, die mich nicht nur unterhalten, sondern auch mitreißen konnte. Eine taffe Protagonistin, eine einfallsreiche Storyline, eine ordentliche Portion Mut von Seiten der Autorin und ein riesiges Feuerwerk machen das Buch für mich zu einem richtigen Pageturner. Für das absolute Highlight hat mir noch eine winzige Spur „Wow-Effekt“ gefehlt; aber wer weiß – vllt. erwartet mich genau das im zweiten Band. Ich vergebe
Erin Beaty hat Raumfahrttechnik und Deutsch studiert und für die US-Marine gearbeitet, bevor sie sich ganz ihrer Familie und dem Schreiben widmete. Es verblüfft sie immer wieder, dass Menschen die Geschichten, die ihrer Fantasie entspringen, tatsächlich lesen wollen. Mit ihrem Mann, ihren fünf Kindern und zwei Katzen hat sie schon an vielen unterschiedlichen Orten gelebt.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim HörbuchHamburg-Verlag bedanken, dafür, alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen. Das Urheberrecht liegt natürlich weiterhin beim Verlag.