||» Rezension «|| Animant Crumbs Staubchronik [von Lin Rina]

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29. Juli 2022 1 Von Patchis Books
ANIMANT CRUMBS STAUBCHRONIK
Lin Rina
Jugendbuch || Historische Romance
Einzelband
558 Seiten
20. November 2017
Drachenmond Verlag
Taschenbuch
16,90€
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#werbung #rezensionsexemplar

England 1890. Kleider, Bälle und die Suche nach dem perfekten Ehemann. Das ist es, was sich Animants Mutter für ihre Tochter wünscht. Doch Ani hat anderes im Sinn. Sie lebt in einer Welt aus Büchern, und bemüht sich der Realität mit Scharfsinn und einer gehörigen Portion Sarkasmus aus dem Weg zu gehen. Bis diese an ihre Tür klopft und ihr ein Angebot macht, das ihr Leben auf den Kopf stellt. Ein Monat in London, eine riesige, vollautomatische Suchmaschine, die Umstände der weniger Privilegierten und eine Arbeitsstelle in einer Bibliothek. Und natürlich Gefühle, die sie bis dahin nur aus Büchern kannte.

(c) by Drachenmond Verlag

Als ich so durchgegangen bin, welche Schätze sich noch so in meinem Regal verstecken, bin ich relativ überraschend über „Animant Crumbs Staubchronik“ gestolpert. Natürlich wusste ich, dass ich das Buch besitze – aber als ich so drüber nachgedacht habe, ist mir weder eingefallen, woher ich es habe, noch wieso ich es damals gekauft habe. Ok, letzteres lässt sich wohl durch das traumhaft schöne Cover erklären. Weil optisch gehört Lin Rina’s Werk definitiv zu den schönsten in meinen Reihen. Umso trauriger, dass ich es über Jahre hinweg ignoriert und nicht gelesen habe. Nun aber musste ich es vom SuB befreien; nicht zuletzt, um endlich mitreden zu können, wenn’s um Animant & Co. geht. Und um zu erfahren, ob der Inhalt mit dem Äußeren mithalten kann. Falls ihr jetzt also neugierig geworden seid, wie mir das Buch gefallen hat, dann bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension. ♥

Ehrlicherweise bin ich ohne viel Vorkenntnisse bezüglich der Storyline, und auch nur mit wenigen Erwartungen an das Buch rangegangen; immerhin verrät der Klappentext gar nicht mal so viel. Das einzig was ich wusste ist, dass es historisch ist und aufgrund des Verlags hab ich geschlussfolgert, dass wohl auch eine Portion Fantasy im Spiel sein wird. Aber da gab’s dann auch schon die erste Überraschung – denn die Staubchronik kommt komplett ohne fantastische Elemente aus. Dafür wartet sie mit viel Humor, Charme und Emotionen auf; aber fangen wir am besten vorn an:
Der Einstieg in die Geschichte fiel mir, trotz historischen Elementen sehr leicht. Obwohl die Begebenheiten, Ausdrucksweisen und Umgangsformen doch eher ungewohnt sind, schafft es Lin Rina, sie völlig alltäglich klingen zu lassen, sodass man sich wunderbar auf die Handlung konzentrieren kann und sich nicht mit Verständnisproblemen oder dergleichen herumschlagen muss. Das Kennenlernen mit Animant gestaltete sich als kinderleicht. Die junge Frau hat zwar zu Beginn noch gewisse Wesenszüge, die anstrengend wirken können, doch im Gesamten war sie mir dennoch gleich sympathisch, sodass auch das Mitfiebern mit keinen Problemen verbunden war. Außerdem bot sie einen interessanten, wie spannungsreichen Background. Und so gab es von Anfang an einen gewissen Spannungsbogen, der einen unweigerlich an die Seiten zu fesseln wusste. Und on top gibt’s auch noch früh einen wunderbaren Settingwechsel, der jedes Bücherwürmer-Herz höher schlagen lässt; denn es geht von der Einöde Englands in eine atemberaubende Londoner Bibliothek. Spätestens am dem Moment, in dem ich imaginär den ersten Schritt in dieser Bibliothek tat, war es um mich geschehen. Wundervoll beschrieben und unsagbar atmosphärisch kommt die Bibliothek rüber und verströmt, gefühlt, sogar einen ganz eigenen Duft.
Aber das ist eben auch noch nicht alles; denn im Fokus steht weder die Bibliothek (die dient ja nur als Schauplatz), noch die kleine Rebellion von Animant – sondern, wie sollte es anders sein? Eine Liebesgeschichte. Und die ist, in gewisser Weise, nichts besonderes. Es ist eine klassische Form von Enemies to Lovers, und trumpft dabei mit zahlreichen Klischees auf. Was aber überhaupt nicht weiter schlimm ist, denn es ist dennoch authentisch und glaubhaft ausgearbeitet, sodass Mitfühlen und Mitfiebern an der Tagesordnung steht. Zwar wird es im Mittelteil mal etwas ruhiger, und es scheint nicht mehr ganz so viel zu passieren, doch langweilig wird es mit Animant ohnehin nie. Man könnte diese junge Frau alleine in einen dunklen Raum sperren und darüber lesen; es würde trotzdem Spaß bereiten. Aufgrund des Verlags, und vielleicht auch wegen der Nennung der Suchmaschine habe ich lange gedacht, dass auch eine Portion Fantasy in diesem Buch mitschwingt (vielleicht in Form von Zeitreise? Das zumindest war mein erster Gedanke), doch dem ist nicht so. Lin Rina konzentriert sich rein auf eine historische Handlung, die aber dank des lockeren Stils, des vorlauten Mundwerks der Protagonistin und den allgemeinen Begebenheiten eher an Jugendliche, als an Erwachsene gerichtet ist. Und so ist die Staubchronik auch ideal für alle, die in das Genre einsteigen wollen.
Gen Ende spitzt sich Ani’s Lage dann zu, und obwohl auch das bereits vorhersehbar war, ist es der Autorin gelungen, es so packend, und zum Teil richtig rasant wiederzugeben, dass jede Kritik im Keim erstickt wurde. Es wurde temporeicher, zeitweilen sogar richtig spannend und dabei gab’s auch noch was fürs Herz. Und Humor! Vergessen wir um Himmels Willen nicht den Humor! Der ist nämlich das, was das ganze Werk ausmacht! Lin Rina hat die Geschichte damit perfekt zu Ende gebracht, alle offenen Fragen beantwortet und den Leser zufriedengestellt; aber auch noch etwas Luft nach oben gelassen für eventuelle Folgebände (die es ja nun dank dem Kofferkrimi + dem Zusatzband gibt.)

Wie schon angeteasert ist es Animant, die uns zur Seite gestellt wird. Und die hat es, vor allem anfangs, echt in sich. Sie wirkt zunächst sehr elitär, hat fast arrogante Züge an sich und neigt auch gern mal dazu, die Zicke raushängen zu lassen. Und obwohl mich solche Eigenschaften oftmals stören, fand ich sie bei Animant doch sehr passend. Sie kommt nunmal aus gutem Hause; hat nicht wirklich gelernt, sich anders zu benehmen und bekommt alles von ihrer Mutter so vorgelebt – die übrigens exakt die selben Attribute aufwies. Doch während sie kaum nennenswerte Fortschritte machte, so entwickelte sich Ani im Gegenzug dazu wirklich deutlich weiter. Sie mausert sich von der behüteten Tochter zur eigenständige Frau und und lernt dabei auch immer mehr, für ihre Fehler gerade zu stehen. Was sie wiederum liebenswert machte. Versteht mich nicht falsch: Ja, Ani war anfangs etwas schwierig, aber ebenso früh war sie mir auch schon sympathisch, weil ich ihr Auftreten als absolut glaubhaft empfand und mich gut in sie hineinversetzen konnte. Und außerdem ist sie mit ihrer Schlagfertigkeit und ihrer rebellischen Ader auch der Dreh- und Angelpunkt, was den Humor betrifft. Sie brachte mich immer wieder zum lachen mit ihren Aussagen; aber auch zum Staunen mit ihrem Mut und ihrer Selbstsicherheit. Animant ist jemand, der sich nimmt, was er will und ist dabei manchmal etwas – nun ja –  unbedacht – aber auch das macht sie einfach nur charmant. Sie ließ mich also schmunzeln; aber auch hoffen und bangen, weil sie es mir so leicht machte, mit ihr mitzufühlen und mitzufiebern.
Doch auch der männliche Protagonist hat Potential. Zunächst zwar hauptsächlich dafür, den Leser auf die Palme zu bringen mit seiner ruppigen, unfreundlichen und distanzierten Art – aber immerhin etwas. Doch auch er durchlebte eine Wandlung, die sich sehenlassen konnte; ohne sein eigentlichen Wesen zu verlieren. Thomas blieb sich selbst treu, zeigte aber nach und nach, was sich hinter der meterdicken Mauer, die er um sich herum errichtet hat, verbirgt. Und so wurde er mir immer sympathischer, sodass ich ihn am Ende sogar als richtig liebenswürdig wahrnahm und auch sein attraktives Äußeres mehr zu schätzen wusste.
Ansonsten treffen wir natürlich auch noch auf weitere Persönlichkeiten, die alle ihre Daseinsberechtigung hatten. So war, z.B. Animant’s Mutter eine Figur, die ich unwahrscheinlich gern mal kräftig geschüttelt hätte; obwohl ihre verstaubten Ansichten logischerweise ganz normal waren in der damaligen Zeit. Oder eine andere Dame, die ebenfalls mehr als einmal auf der Bildfläche erschien und mich mit jedem Auftritt näher an den Rand der Verzweiflung brachte. Aber es gibt auch CHaraktere, die mein Herz im Sturm eroberten. Elisa war eine von ihnen; und so mehr ich darüber nachdachte, umso mehr wünschte ich mir für sie ein eigenes Buch. Sie hätte doch so viel zu erzählen. Und dann entdeckte ich den Kofferkrimi, der diesen Wunsch erfüllte. Ich bin mir sicher, dass ich allein aufgrund Elisa’s positivem Eindruck schon nach dem Buch greifen werde.
Und um alles nochmal zusammenzufassen: Die Charaktergestaltung von Lin Rina kann sich definitiv sehen lassen! Sie hat zweidimensionale Figuren zum Leben erweckt und sie alle sehr realistisch und glaubhaft für die damalige Zeit dargestellt. Ein jeder hatte seine Eigenheiten; jeder trug seinen Teil zur Geschichte bei und jeder hinterließ einen bleibenden Eindruck. Was will man mehr?

Den Schreibstil von Lin Rina steht ihrer Charaktergestaltung in nichts nach. Sie schreibt unheimlich locker und leicht, schafft aber gleichzeitig eine sehr einnehmende Atmosphäre, sodass sich das Buch zwar schnell, aber nicht oberflächlich lesen lässt. Der Humor, der Charme und die unterschwellige Spannung fügen sich perfekt ein, ohne der Handlung die Ernsthaftigkeit zu stehlen. Ich versank regelrecht in ihren Worten und konnte mir daher sowohl Figuren, wie auch Settings wunderbar vor Augen führen. Die Tatsache, dass wir es hier mit einem historischen Roman für Jugendliche zu tun haben, zeigt sich vor allem darin, dass die Autorin auf große Erklärungen und unnötigen Schnickschnack verzichtet und das Augenmerk mehr auf die Dialoge richtet. Das tat nicht nur dem Lesefluss, sondern auch der Stimmung enorm gut und am Ende entstand so eine Geschichte, die wirklich und wahrhaftig dem Jahre 1890 entsprungen sein könnte. Meiner Meinung nach wirklich toll gemacht! Es gibt rein gar nichts, was ich kritisieren könnte.

„Animant Crumbs Staubchronik“ von Lin Rina ist doch tatsächlich ein Highlight für mich geworden. Wunderbar unterhaltsam, aber auch interessant und spannend erzählt uns die Autorin die Geschichte der jungen Animant, die durch Schlagfertigkeit, Mut und Selbstbewusstsein glänzt und der man auch gern die ein oder andere arrogante Facette verzeiht. Im Fokus des Buches steht, anders als gedacht, weder ein Abenteuer, noch das traumhafte Setting, sondern eine Liebesgeschichte, die so perfekt in die damalige Zeit passt, dass man gar nicht anders kann, als mitzufiebern und mitzufühlen. Ich hatte größten Spaß mit dem Buch und bin mir sicher, dass es auch andere Fans des Genres (und die, die es werden wollen), begeistern kann.

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Lin Rina ist Autorin, Tee-Verliebte und eine unverbesserliche Träumerin, die auch mal das Essen anbrennen lässt, weil ihre Fantasie sie in andere Welten entführt. Schon als Kind schrieb sie Kurzgeschichten und unterhielt damit sowohl ihre Verwandtschaft als auch sämtliche Freundinnen, ob sie es nun hören wollten oder nicht. Ihr Repertoire ist breit gefächert, es reicht von romantischen Komödien über Historisches bis hin zu Science-Fiction. Doch die Aussage bleibt immer die Gleiche: Sei wie du sein willst und steh zu dem, was du für richtig hältst.

(c) by Drachenmond Verlag

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Drachenmond Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.