||» Rezension «|| Beschütze sie [von Laura Dave]

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29. Dezember 2022 0 Von Patchis Books
BESCHÜTZE SIE
Laura Dave
Übersetzer: Stefan Lux
Thriller
Einzelband
320 Seiten
13. Oktober 2022
Heyne Verlag
Paperback
15,00€
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#werbung #rezensionsexemplar


Wie gut kennst du die Menschen, die du liebst, wirklich?

„Beschütze sie“ steht auf dem Zettel, den Hannah eines Vormittags von einer Unbekannten in die Hand gedrückt bekommt. Er stammt von ihrem Ehemann Owen, der am Morgen wie jeden Tag zur Arbeit gegangen ist. Oder? Hannah kann ihn nicht erreichen, er ist spurlos verschwunden – und von einer Sekunde auf die andere verändert sich Hannahs Leben für immer. Denn ab heute hat sie nur noch zwei Aufgaben: Die Liebe ihres Lebens wiederzufinden. Und Owens Tochter Bailey zu beschützen. Doch zu welchem Preis?

(c) by Heyne Verlag

Ob man schon anhand meiner gelesenen Büchern merkt, welche Jahreszeit wir haben? Wäre möglich, oder? Jedenfalls hat mich die Thrillerlust wieder voll im Griff und darum bin ich unheimlich froh, dass sich meine Auswahl nicht wirklich in Grenzen hält. So ist mir dann auch „Beschütze sie“ von Laura Dave in die Hände gefallen und weil es sich anbot, das Buch im Buddyread mit meiner liebsten Susi [@magische_momente_] zu lesen, haben wir das umgehend getan. Ich kann hiermit dann auch schon mal vermelden, dass der Austausch wieder unwahrscheinlich viel Spaß gemacht hat! Aber hat uns bzw. mich das Buch auch überzeugt? Oder war das gemeinsame Lesen wieder interessanter, als die Geschichte selbst? Das und noch vieles mehr, verrate ich euch jetzt. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension. ♥

Laura Dave lässt sich wirklich kaum Zeit, sondern startet umgehend mit der Geschichte. Nur kurz erhaschen wir einen ersten Blick auf die Protagonisten, ehe Owen dann auch schon vom Erdboden verschluckt wird und Hannah nichts weiter als der Zettel, auf dem „Beschütze sie“ steht, von ihrem Ehemann bleibt. Damit werden unzählige Fragen aufgeworfen und direkt die Neugier des Lesers geweckt. Wo steckt Owen, was hat es mit der ominösen Botschaft auf sich, und inwiefern soll Hannah ihre Stieftochter Bailey beschützen? Vor was? Zunächst deutet alles darauf hin, als würde sich die Handlung in eine Richtung entwickeln, die mir so auf den ersten Blick nicht unbedingt zusagt. Diese ganze Firmen-Angelegenheiten, Kapitaldelikte und die Korruption sind nicht gerade meine liebste Thematik. Doch schnell wendet sich das Blatt wieder. Zum Glück. Damit lässt sich sagen, dass ich wirklich – wirklich! – schnell Fuß fassen konnte in der Geschichte und überhaupt keine Probleme hatte, mich von der Dynamik des Geschehens mitreißen zu lassen. Ich rätselte von Anfang an mit; stellte die wildesten Theorien auf und glaubte immer wieder, auf dem richtigen Dampfer zu sein; nur um dann ein erneutes Mal feststellen zu müssen, dass ich hätte nicht weiter daneben liegen können. Und so muss ein Thriller aufgebaut sein. Undurchsichtig, wendungsreich und voller Nervenkitzel.
Es bereitete mit als Leser enorm viel Vergnügen, Hannah auf ihrer Suche nach Antworten zu begleiten und sie dabei zu beobachten, wie sie alles gibt, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Was hat ihr Mann vor ihr verborgen? Was hat es mit Bailey, seiner Tochter auf sich? Die Autorin hat hier bewusst die Hinweise eher zaghaft und spärlich gesäht, sodass die größten Fragezeichen nach wie vor ohne Antwort bleiben. Das trieb die Spannung von Seite zu Seite weiter in die Höhe und gleichzeitig animiert es den Leser, am Ball zu bleiben. Mal wird hier ein Fakt gestreut; mal ist dort ein Hinweis platziert – aber die Auflösung ließ lange auf sich warten. Im Gesamten kann man sagen, dass das genau der richtige Weg war, um die Geschichte zu erzählen. Durch die einzelnen Infos wird es nie langweilig und das Tempo immer wieder neu angekurbelt; und gleichzeitig ist der Ausgang nicht schon im Vorfeld glasklar. Laura Dave schickt uns also auf eine Reise, in der wir so viel wie möglich über Owen und seine Vergangenheit herauszubekommen versuchen. Aber gelingt uns das? Oder wär es doch sicherer, der Polizei diese Arbeit zu überlassen? Hannah entscheidet sich jedenfalls dazu, auf eigene Faust zu recherchieren und nimmt nicht nur uns, sondern auch Bailey mit bei diesem schwierigen Unterfangen. Sie gräbt und gräbt; immer tiefer, und befördert dabei unglaubliches ans Licht.
Gerade zum Ende hin, als sich die einzelnen Puzzleteile dann langsam zusammenfügen, überschlagen sich die Ereignisse und plötzlich scheint auch absolut nichts mehr so, wie man zunächst annahm. Es wird zunehmend gefährlicher und turbulenter; spannender und actionreicher. Die Auflösung ist dermaßen unglaublich und ausgefuchst, dass man selbst als Thriller-Kenner wohl niemals auf dieses Ausgang gekommen wäre. Ich fand es unheimlich mutig von der Autorin, die Geschichte in diese Richtung auslaufen zu lassen, denn es bot nicht nur Nervenkitzel und Adrenalinschübe, sondern auch einen extremen Überraschungsmoment, der einen einfach sprachlos zurücklässt. Ein echt ungewöhnliches Ende, mit einer Menge besonderer Elemente, die nochmal zusätzlich, zum ohnehin sehr hohen Level, Lesespaß bringen und jeden Thriller-Fan in Entzückung versetzen. Toll gelöst, unsagbar gut insziniert und rund herum stimmig.

Aber obwohl die Idee an sich schon eine ganze Menge Potential bot, waren es doch die Charaktere, die mich so richtig von den Socken fegten. Laura Dave hat allein mit Hannah und Bailey schon zwei enorm vielschichtige, authentische Persönlichkeiten geschaffen; doch selbst den Randfiguren hat sie Zeit gewidmet, um sie möglichst facettenreich zu gestalten. Vom FBi-Agenten bishin zu netten Nachbarn; jeder schien auf seine eigene Art und Weise zum Leben erweckt worden zu sein und damit seinen Teil zum Geschehen beizutragen. Ich war einfach nur erstaunt, wie unheimlich real diese ganzen fiktiven Menschen hier wirkten. Keiner blieb blass – keiner schien unnötig. Und doch sticht besonders Hannah extrem hervor. Was für eine geniale Figur. Was für eine Bereicherung für diese Geschichte. Ich bin mir 100% sicher, dass das ganze Buch längst nicht so funktioniert hätte, wenn Hannah auch nur eine Winzigkeit „anders“ gewesen wäre, als sie es war. Sie verkörpert so viel in einem: liebende Ehefrau, die fest an ihren Ehemann glaubt und ihm loyal zur Seite steht, obwohl sie keine Ahnung hat, wo er sich befindet. Engagierte Stiefmutter, die alles tut, um der Stieftochter zu gefallen, ohne sie dabei zu bedrängen. Taffe, erfolgreiche Karrierefrau und als Kirsche auf der Sahne: intelligente, selbstsichere Spürnase. Alles, was Hannah sagte, tat und dachte, hatte Hand und Fuß und ihre mentale Kraft, in dieser schweren Zeit, gab selbst mir – einem Außenstehenden – Hoffnung, dass doch noch alles gut werden würde. Hannah ist, für mich, wie für Bailey, der Fels in der Brandung und sie beweist im Umgang mit dem pubertierenden Teenie eine ganze Menge Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen, und ihre Prinzipien sind nicht nur besonders, sondern sogar richtig beneidenswert. So umsichtig, so reif und so verantwortungsbewusst. Das hab ich, in all den Jahren, weder bei Büchern noch im wahren Leben jemals erlebt. Sie handelt nie ichbezogen, immer im Sinne aller und geht nie, wirklich niemals einen Schritt zu weit. Und im selben Zuge macht sie trotzdem Fehler. Hannah ist längst nicht frei von Zweifeln, falschen Entscheidungen, Ängsten und Schwächen. Auch sie handelt manchmal zu schnell, zu unbedacht, aber sie würde niemals auf die Idee kommen, dabei jemanden in Gefahr zu bringen. Und deshalb war Hannah für mich das wahre Highlight dieses Buches. Trotz ihres Erfolgs in ihrem Job ist sie nicht abgehoben – sie ist eine normale Ehefrau, ein beruftätige Stiefmutter und ein ganz normaler Mensch, der von der Situation, in die er da unverschuldet geraten ist, überfordert ist. Aber sie ist vor allem eins: einmalig.
Bailey, die 16-jährige Tochter des verschwundenen Owen’s, scheint der Dreh- und Angelpunkt des Buches. Sie soll, wie der Titel schon sagt, beschützt werden. Es fragt sich nur: wovor? Und versteht ein so junges Mädchen das auch? Das galt es, herauszufinden, indem man sie und Hannah begleitet. Laura Dave hat Bailey unheimlich gut getroffen. Typisch zickig. Typisch wortkarg. Typisch Pubertier eben. Anfangs konnte ich mit der Schülerin herzlich wenig anfangen. Mir war sie zu abwesiend, zu distanziert, zu kühl. Aber ich bin mir inzwischen sicher, dass es genau darauf angelegt wurde. Man soll die 16-Jährige nicht direkt sympathisch, liebenswert und niedlich finden. Man soll einen steinigen Weg vor sich haben, um zu ihr durchzudringen und das ist allemal gelungen. Ich hab, ohne es zu merken, darum gekämpft, dass mich Bailey näher an sich heran ließ und ich hab gehofft, gebangt, gelitten.. ja beinah sogar geweint. Genau so wie mit Hannah, so fühlte und fieberte ich unwissentlich auch mit Bailey mit und ertappte mich irgendwann dabei, wie ich sie, ohne es so richtig bemerkt zu haben, ganz tief ins Herz geschlossen hatte. Man muss sie einfach gern haben, weil auch sie so lebendig und authentisch eingefangen und wiedergegeben wurde. Weil sie ein Mensch aus Fleisch und Blut – und nicht nur aus Beschreibungen auf Papier war. Und dabei entstand mit den beiden Frauen ein ungewöhnliches, aber doch so überzeugendes Gespann, das einen intensiv für sich einnimmt und auch jetzt, lange nachdem ich das Buch beendet habe, nicht mehr loslässt.

„Beschütze sie“ von Laura Dave ist ein absolut ungewöhnlicher, aber mindestens genau so spannender Thriller. Dank eines großartigen Gespanns, bestehend aus zwei sehr lebendigen Protaginistinnen, fällt es einem enorm leicht, mitzufiebern und mitzufühlen und dank all der geschickt platzierten Hinweise, herrscht dauerhaft eine einnehmende, nervenkitzelnde Spannung, die einen fest im Griff hat. Der Schreibstil der Autorin ist leicht zu lesen, und doch atmosphärisch und zieht einen mitten hinein ins Geschehen. Ich war ehrlich überrascht, mit wie vielen kleinen Wendungen die Handlung aufwartet und wie sehr ich mich bei meinen eigenen Überlegungen auf den Holzweg befand. Ein genialer Lesespaß, der mich nicht nur einmal überraschte und der mich sogar, hier und da, aufgrund der Besonnenheit der Hauptfigur, sogar zum Nachdenken animierte. Von mir eine glasklare Empfehlung für alle Fans den Genres, und auch für alle, die es noch werden wollen.

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Laura Dave hat bereits einige international erfolgreiche Romane veröffentlicht. Darüber hinaus schreibt sie für namhafte Zeitungen und Magazine, wie zum Beispiel The New York Times, Oprah Magazine und Glamour. Cosmopolitan kürte sie zur »Witzigsten und furchtlosesten Erzählerin des Jahres«. Hello Sunshine ist nach Ein wunderbares Jahr Laura Daves zweiter Roman in deutscher Sprache.

(c) by Heyne Verlag

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Heyne Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen. «