||» Rezension «|| Breakaway [von Anabelle Stehl]
Anabelle Stehl
New Adult
Band 1 von 3
Away – Trilogie
Nur bei dir fühle ich mich frei …
Für Lia bricht eine Welt zusammen, als ihr eine einzige Nacht zum Verhängnis wird. Nicht nur folgen ihr seitdem die Blicke und das Getuschel ihrer Kommilitonen überall auf dem Campus – selbst ihre Freundinnen wenden sich von ihr ab. Als sie es nicht länger erträgt, packt Lia kurzerhand ihre wichtigsten Sachen und setzt sich in einen Bus nach Berlin. Sie hofft, in dem anonymen Trubel der Hauptstadt einen klaren Kopf zu bekommen und wieder zu sich selbst zu finden. Doch dann trifft sie auf Noah, der ihre Welt von einem Moment auf den anderen ein weiteres Mal auf den Kopf stellt …
(c) by Lyx Verlag
Ich verfolge Anabelle Stehl schon eine geraume Weile auf Instagram und mag sie als Person unheimlich gerne: Sie ist bodenständig, sympathisch und hat eine total einnehmende Ausstrahlung. Als dann klar wurde, dass sie ihr erstes Buch veröffentlicht, war ich Feuer und Flamme und hab mich unendlich drauf gefreut. Ich hab’s mir dann erst kürzlich bestellt und entschieden: das muss nicht lange auf dem Sub liegen. Also hab ich’s prompt befreit und kann euch heute schon verraten, wie mir die Geschichte gefallen hat. Falls ihr also neugierig seid, bleibt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension ♥
Der Einstieg ins Geschehen war mit relativ wenigen Hindernissen verbunden. Ich kam zügig rein und fühlte mich ebenso schnell auch wohl an der Seite unserer Protagonistin. Lia ist eine durchschnittliche Hauptfigur, nicht schlecht, aber auch niemand besonderes. Mit ein wenig mehr Tiefgang und allgemein mehr Ausarbeitung ihrer Person hätte man einiges aus der jungen Frau herausholen können, aber so blieb sie recht oberflächlich und blass. Nichts desto trotz mochte ich sie anfangs noch ganz gern. Ich konnte mich problemlos von ihr bei der Hand nehmen und durch die Geschichte führen lassen und obwohl ich bei Weitem nicht alles verstand, was sie sagte oder tat, empfand ich sie als angenehme Begleitung. Leider aber war sie eine der Figuren, die man sofort nach dem Beenden des Buches prompt wieder vergisst. Es fällt mir so schwer, irgendwas über sie zu sagen – weil sie einfach kaum eine Eigenschaft hatte, die mich so richtig catchte und die hängen blieb bei mir. Irgendwelche Ecken und Kanten, irgendwie einen seltsamen Spleen, eine Eigenart – das alles fehlte mir massiv an ihr. Sie war so eine richtige Buchfigur – irgendwie zweidimensional und nur wenig lebendig und greifbar. Für mein Empfinden waren auch ihre Beweggründe und Entscheidungen oft fragwürdig. Sie entwickelte sich in eine zunehmend negativere Richtung und wurde immer „schwächer“. Im Klappentext heißt es, Lia versuche, sich selbst wieder zu finden. Da frag ich mich, wo? Oder war sie schon vorher so ein weinerlicher, nichtssagender Charakter? War sie schon vorher so .. blass? Gefühlt macht Lia nur eins aus: sie rennt immer weg, wenn Probleme auftauchen oder es schwierig wird. Sie enttäuscht ihr Umfeld ohne sich darüber Gedanken zu machen und ertrinkt stattdessen im Selbstmitleid. Wo war ihr Rückgrat? Ein starkes Frauenbild wurde hier also nicht vermittelt – und dass sie am Ende einen Schritt wagt, der mich doch positiv überraschte, brachte meinen Eindruck von ihr auch nicht mehr zum Wanken.
Ein klein wenig besser war es bei Noah. Auch wenn ich bis zuletzt nichts über sein Äußeres erfuhr, außer dass er verstrubbelte Haare hat, war er für mich eine Spur greifbarer. Dadurch, dass er viel mit anderen agiert und deutlich mehr Interaktionen zugesprochen bekam, bekam er Tiefgang und blieb nicht ganz so schemenhaft wie Lia. Sympathie und Empathie sprachen ebenfalls für ihn. Noah war absolut loyal und ein durch und durch guter Kerl. Er hatte zudem eine echt süße, romantische Art an sich, die mich zeitweilig immer wieder zum Schmunzeln brachte. Fast ein bisschen zu „soft“, für meinen Geschmack, aber okay. Dafür neigte er ganz gern dazu, sich in der Opferrolle zu sehen und überzureagieren. Ich konnte so viele seiner Handlungen überhaupt nicht nachvollziehen und noch weniger gut heißen. Dass er sich, genau wie Lia immer wieder selbst bemitleidet und dabei gegenüber seinem Umfeld auch unfair wird, Er war halt alltäglich, niemand einzigartiges, aber ganz nett und passend für die Geschichte.
Die Randfiguren kann man eigentlich getrost übergehen. Da war niemand, der mich wirklich großartig für sich gewann. Nicht mal die, die bewusst negative Gefühle wecken sollen, erreichten ihr Ziel so richtig. Sie waren da, ja. Manche nervten ein bisschen, andere waren eine nette Abwechslung für zwischendurch, aber einen Draht fand ich zu niemandem. Auch nicht zu Kyra, die in Band 2 der Reihe ja die Hauptrolle spielt. Fand es aber trotzdem ganz gut gemacht, dass wir Noah’s kleine Schwester schon mal kennenlernen und uns einen ersten Eindruck von ihr machen durften. Auch die ersten Teaser zu Band 2 waren gut platziert und wecken definitiv die Neugier des Lesers.
Die Idee hinter „Breakaway“ ist zunächst mal sehr vielversprechend! Es hieß, Anabelle Stehl hole New Adult endlich nach Deutschland. Das fand ich schon mal echt spannend! Und auch wenn der Klappentext schon verrät, dass es eine eher klischeehafte Ausgangssituation gibt, hab ich mich gefreut. Ich wollte große Gefühle, Wohlfühl-Atmosphäre und Spannung! Ich wollte eine starke Protagonistin, die für ihr Glück kämpft und bereit ist einen Neustart zu wagen. Die diesen Neustart nutzt und ein NEUES Leben beginnt. Ich wollte Wendungen und Überraschungen und Gefühle, die mich berühren und mitreißen.
Fangen wir vorn an: der Einstieg war, wie schon gesagt, relativ einfach und ich kam schnell in die Geschichte rein. Auch wenn anfangs noch nicht viel passierte außer das Kennenlernen der beteiligten Figuren, war ich noch guter Dinge, dass mich die Storyline bald schon komplett im Griff haben würde. Als dann über mehrere Kapitel immer noch diese Ruhe herrschte, verblassten meine Hoffnungen zusehens. Die ganze Handlung strotzte einfach so vor Gewöhnlichkeit. Es gab ein paar schöne Momente, aber der Ablauf des Ganzen empfand ich als wenig geglückt. Wenn man überlegt, dass sich das ganze Buch in 8 Tagen abspielt und jeder einzelne davon bis ins kleinste Detail ausgearbeitet war, kann man sich schon vorstellen, wie langweilig es mit der Zeit wird. Jeder Tag beginnt mit Frühstück, geht weiter mit irgendeiner Unternehmung, die auch nicht wahnsinnig spektakulär war; geht übers Mittagessen und der zweiten Unternehmung, bis hin zum ins Bett gehen. Leider total eintönig. Und das auch noch aus beiden Sichten erzählt. Die ganzen Geschehnisse catchten mich überhaupt nicht. Da war keine Stimmung, keine Atmosphäre, keine Gefühle.
Hätten mich die Emotionen wenigstens erreicht… aber selbst das war nicht der Fall. Hätte ich mit den Figuren mitfiebern können, wäre es bereits die halbe Miete gewesen – aber da das überhaupt nicht zutraf, quälte ich mich, vor allem über den mittleren Teil hinweg, total durch das Buch. Ich war stellenweise einfach so genervt von Lia, dass vielleicht die ein oder andere Schwingung entgangen sein könnte. Aber diese Frau war einfach anstrengend, verweichlicht und eine totale Dramaqueen. Außerdem schien sie noch nie was von Privatsphäre gehört zu haben und handelte total kopflos und unbedacht. Was bitte bildete sie sich ein??? Da war keine Nachvollziehbarkeit da – keine Realität. Nur viele seltsame Verhaltenweisen und gar keine Greifbarkeit. Viel Geheule um nichts. Und wenn’s schwierig wird, haut man ab. Ganz einfach.
Die zwei großen Plottwists, wovon einer schon im Klappentext angeteasert wird – also quasi Lia’s großes Geheimnis wurde schon zeitig relativ klar aufgedeckt. Was auch wohl bewusst so gewählt wurde. Der zweite Knackpunkt, welcher hätte Spannung mitbringen können, war derart vorhersehbar, dass ich das schon kommen sah, bevor die betroffene Person ins Spiel kam. Für mich einfach einfallslos und schon Millionen Mal dagewesen. Keine Überraschung, über die man sich freuen konnte. Die dem Buch ein wenig Schwung hätte verleihen können.
Was ich persönlich aber am schlimmsten fand, war der Umgang mit gewissen Themen. Da ich nicht spoilern will, beschränke ich mich auf das allgemeine. Hier werden Themen behandelt, die durchaus schwerwiegend sein können. Themen, die vielleicht den ein oder anderen triggern. Aber auf mich wirkte das ganz normal, ganz alltäglich und nicht nennenswert. Wenn ich mich denn schon auf so was stürze und so was in mein Buch einbaue, muss ein verantwortungsbewusster Umgang da sein. Es muss gegeben sein, dass junge Leser merken, wie falsch gewisse „Dinge“ sind. Ein Mehrwert, eine Message, eine klare Aussage.
Das Ende enttäuschte mich also maßlos. Und das muss schon was heißen, wenn ich ohnehin mit nichts mehr rechnete. Ich hatte oben kurz angeteasert, dass Lia etwas tut, was mich durchaus überraschte. Nicht so, dass es all meine Kritikpunkte verpuffen lassen könnte, aber mir gefiel das Ende in gewisser Weise. Auf der anderen Seite war da eben die Enttäuschung über die Auflösung. Ich finde dafür kaum Worte, weil es mich total wütend macht, total traurig stimmt. Einfach sprachlos zurücklässt. Fertig. Mehr gibt’s nicht zu sagen.
Um das ganze hier doch mit etwas positivem zu beenden, widme ich mich noch schnell dem Schreibstil. Anabelle Stehl schreibt nicht schlecht. Ihr Stil ist angenehm, locker und man kommt sehr einfach und schnell durch die Seiten. Bis auf ein paar Wiederholungen fand ich die gewählten Worte passend und auch wenn sie weder Atmosphäre noch Emotionen erzeugen konnten, sprachen sie mich an. Ich hatte die einzelnen Szenen gut vor Augen und fand die Beschreibungen gut platziert. Die Figuren hätten aber definitiv noch ein paar mehr davon vertragen. Nichts desto trotz, kann ich ansonsten nicht viel schlechtes darüber sagen. Ich hätte mir noch ein paar mehr explizite Berlin-Momente gewünscht – denn so hätte das Buch auch in der schwäbischen Pampa spielen können. Aber das ist dann sicher schon Meckern auf hohem Niveau.
Ich fand es gut, dass Anabelle beide Perspektiven bedient und somit aus beiderlei Sichten erzählt. Das brachte mir die Figuren ein wenig näher und manches wurde dadurch verständlicher. Ich mochte Noah’s Kapitel definitiv mehr, einfach weil er mir als Figur besser gefiel und ich ihn einfach angenehmer fand. Lia’s Kapitel waren dagegen irgendwie genau so blass, wie sie als Person. Trotzdem oder gerade deswegen bin ich froh, ein wenig Abwechslung zu haben.
Das war nichts. Gar nichts. „Breakaway“ von Anabelle Stehl war eine Geschichte, die mich überhaupt nicht für sich gewinnen konnte. Weder kam so etwas wie Sympathie für die Figuren auf, geschweige denn irgendwelche Gefühle. Es mangelte an Nachvollziehbarkeit, an Spannung, an Beschreibungen, an Abwechslung und an unvorhersehbaren Wendungen. Eigentlich gibt es nur wenig, was mich so richtig glücklich zurücklässt, aber der Stil war zumindest leicht verständlich und flüssig zu lesen. Dafür enttäuscht die Handhabung gewisser Themen wieder bodenlos. Ich fand es stellenweise fast verantwortungslos, wie hier mit gewissen Thematiken umgegangen wurde. Wie ihr wisst: es ist meine persönliche Meinung. Ich hab es einfach so empfunden und damit ist die Reihe für mich an der Stelle auch eindeutig beendet. Schade. Zwei Sterne immerhin noch für den angenehmen Einstieg und den doch ganz passablen Schreibstil.
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Anabelle Stehl wurde 1993 in Bad Kreuznach geboren und liebt Geschichten und Bücher seit frühster Kindheit. Für ihr Germanistikstudium zog sie nach Leipzig und anschließend für den Master in Linguistik nach Irland. Mittlerweile lebt, schreibt und arbeitet Anabelle in ihrer Lieblingsstadt Leipzig. Auf Instagram ist sie unter dem Namen @anabellestehl zu finden.
(c) by Lyx Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Lyx Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.