||» Rezension «|| Die Kinder des Namenlosen [von Brandon Sanderson]

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4. Januar 2021 0 Von Patchis Books
DIE KINDER DES NAMENLOSEN
Brandon Sanderson
Übersetzer: Ole Johan Christiansen
High Fantasy
Einzelband
272 Seiten
13. April 2020
Heyne Verlag
Paperback
12,99€
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#werbung #rezensionsexemplar


Von klein auf hat Tacenda die Gabe, einen starken Zauber zu wirken, der sie und ihre Familie vor den Monstern in den Wäldern schützt. Doch diese Macht ist zugleich ihr Fluch, denn Tacenda ist dazu verdammt, ein Leben in ewiger Finsternis zu führen: Sobald die Sonne aufgeht, verliert sie ihr Augenlicht, bis es wieder dunkel wird. Eines Nachts versagt der Schutzzauber, und Tacendas Familie wird von den Ungeheuern getötet. Tacenda glaubt, dass der neue Lord, der vor einiger Zeit den alten Herrscher abgelöst hat, dafür verantwortlich ist. Angeblich steht er mit Dämonen im Bunde. Sie bricht in sein Herrenhaus ein, um Rache zu nehmen. Doch schnell muss sie erkennen, dass der Lord alles andere als von dieser Welt ist, und dass sehr viel dunklere Mächte für den Tod ihrer Familie verantwortlich sind …

(c) by Heyne Verlag

Lange, viel zu lange lag dieses Buch auf meinem SuB, obwohl ich Brandon Sanderson eigentlich über alles liebe. Seine Rächer-Saga hat mich vor einigen Jahren schwer beeindruckt und total umgehauen. Eine absolute 5-Sterne-Trilogie! Leider aber stand mir lange Zeit nicht der Sinn nach der Geschichte, sodass es einige Monate dauerte, ehe ich so richtig motiviert war, in diese High Fantasy Welt, von der ich mir viel erhoffte und versprach, abzutauchen. Jetzt endlich wars aber soweit und ich kann euch nun endlich berichten, ob „Die Kinder des Namenlosen“ mich genau so begeistern konnte, wie es bei „Steelheart“ und den Folgebänden der Fall war, oder ob Tacenda & Co. eher hinterher hinken. Falls ihr neugierig seid, bleibt also gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension. ♥

Der Einstieg in die Welt hat einiges an Zeit in Anspruch genommen. Durch unzählige verschiedene Kreaturen, mehrere komplexe Zusammenhänge und einer allgemein eher weniger greifbaren Charakter-Konstellation fiel es mir bis zuletzt schwer, dem Geschehen überhaupt richtig folgen zu können. Für meinen Geschmack wurden zu viele Informationen eingewoben, die nicht unbedingt was zur Handlung beitrugen. Dazu der komplizierte Aufbau, der fehlende rote Faden und eine Auflösung, die nur mäßig befriedend ausfällt. Im Grunde ist damit schon so ziemlich alles gesagt, was mir zu diesem Buch durch den Kopf geht. Aber wir fangen dennoch nochmal von vorn an:
Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich mich an Tacenda’s Seite zurecht fand. Wohlfühlen wäre hier der völlig falsche Begriff. Wir steigen inmitten einer durchdringenden Nacht in den Roman ein und müssen gleich miterleben, wie ein ganzes Dorf ausgelöscht wird. Der einzige, der verschont wird, ist Tacenda selbst. Nun gilt es für sie herauszufinden, wer dahintersteckt und ihr Instinkt treibt sie mitten hinein in eine düstere, dunkle Welt. Und direkt in die Arme ihres Hauptverdächtigen. Der Verlauf der Suche nach der Wahrheit war durchaus spannend, und wendungsreich, und actiongeladen. Es gibt sehr viele Facetten in der Geschichte, die für Abwechslung sorgen. Gleichzeitig aber auch für Verwirrung. Der ganze Roman spielt sich in einer einzigen Nacht ab, sodass der Zeitdruck von Seite zu Seite stärker wird. Ich kann also nicht leugnen, dass es mitreißend war. Aber es fühlte sich so distanziert an. Ich empfand die Handlung als zu verworren und undurchsichtig und unstruktiert, als dass man hätte richtig mitfiebern können. Das Miträtseln wurde einem durch zu viel Trübheit ebenfalls verwehrt und es war nicht wirklich möglich, sich Gedanken zu machen. Wieso so viele Elemente, wenn ein paar wenige ausgereicht hätten, um den Gruselfaktor UND die Spannung zu erzeugen, die hier ohnehin herrschte? Wieso den roten Faden so verknoten, wenn es auch straight geradeaus hätte gehen können.
Es ist immens schwer für mich, das klar auszudrücken, denn die Geschichte fesselte mich durchaus. Aber ich war nur ein unbeteiligter Zuschauer, der die Zusammenhänge nicht verstand, oft einfach verwirrt war. Jemand, der die Handlung als zu verstrickt empfand, und viel zu konzentriert lesen musste, um dauerhaft zu verstehen. Und selbst wenn ich Seiten mehrmals las, änderte das nicht viel an dem Chaos in meinem Kopf. Die Sache mit dem Glauben ist unheimlich gut, aber es hätte sicher auch verständlicher eingebracht werden können.
Auch erschloss sich mir das Ziel dieser ganzen Suche nicht. Sicher, Tacenda suchte nach dem Schuldigen. Und am Ende brach Chaos aus, ein Kampf auf Leben und Tod. Alles erstmal positiv, aber diese ganzen Elemente, die Brandon Sanderson hier verbaut hat und die Zusammenhänge zwischen eben diesen waren so eine Masse an Informationen, so geballt miteinander konkurrierend, und so kompliziert miteinander verstrickt, dass mir der rote Faden dadurch komplett abhanden kam. Gerade zum Ende hin fehlte es an Struktur – oder sie war da; ich nahm sie nur nicht wahr? Möglich. Alles möglich. Aber der Lesegenuss schmolz einfach immer weiter, bis ich am Ende mehr Fragezeichen als alles andere im Kopf hatte und manche Wendungen überhaupt nicht mehr verstand. Es war, ohne Frage, ein fulminantes, actionreiches Finale, das so viel bot .. von Verrat über Glauben bishin zu Tod. Aber es war schlicht zu viel.

Ein weiterer Punkt, der meiner ohnehin schon negativ angehauchten Stimmung noch weiter zusetzte, waren die Charaktere. Tacenda als Protagonistin war – interessant. Durch den Fluch, der auf ihr lastete bekam sie eine weitere Facette dazu und gewann ein paar Bonuspunkte dazu, weil sie einfach nicht langweilig war. Aber dieses 15-jährige Mädchen vom Klappentext brachte ich exakt 0,0 mit der Frau in Einklang, die ich hier erlebte. Sie wirkte eher wie eine erwachsene Frau, eine Mittfünzigerin die einiges an Erfahrung, Mut und Kampfgeist mit sich brachte. Mir fehlte das kindliche an ihr, das der Geschichte wahnsinnig gut getan und ihr dazu auch noch hätte Greifbarkeit einhauchen können. Denn im Endeffekt war Tacenda nichts weiter, als eine Figur aus einem Buch. Niemand, den ich irgendwie lieb gewinnen könnte.. niemand, den ich ins Herz schließen könnte. Da war eine riesige Distanz zwischen uns, die bis zum Ende hin nicht überbrückt werden konnte. Wieso? Ich weiß es nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass das Mädchen einfach nicht nicht lebendig werden wollte. Ob es mitunter auch daran liegt, dass ich den gesamten Verlauf der Geschichte ein wenig konfus fand, oder ob es doch ihr als Person allein geschuldet ist, steht in den Sternen. Aber ich fieberte nicht recht mit ihr mit. Mit der Geschichte stellenweise ja, aber mit Tacenda alleine nicht. Sympathie, Authenzität, Lebendigkeit, Tiefgang, eindeutige Charakterzüge – all das blieb für mein Empfinden gänzlich aus. Dabei hätte so viel aus ihr werden können, aber bis zuletzt blieb sie nichts weiter als eine Figur, die sich jemand ausgedacht und nicht intensiv genug ausgearbeitet hatte.
Mit Davriel verhielt es sich ein bisschen anders. Wir erhielten zwar keinen richtigen Einblick in seine Vergangenheit, doch sein Auftreten zog mich automatisch in seinen Bann. Dieser Mann schwankte durchgängig zwischen herzlos/eiskalt und humorvoll/charmant. Mit knochentrockenen Aussagen brachte er mich immer wieder zum Schmunzeln und überzeugte mich darüber hinaus auch noch mit seiner Vorliebe für Nickerchen. Auch wenn Davriel fernab jeder Glaubwürdigkeit lag, fand ich ihn doch unheimlich passend für diese Geschichte. Mit seiner Selbstgefälligkeit, verbunden mit einer Portion Arroganz stach er definitiv aus der Masse heraus und verdiente sich zwar nicht unbedingt Sympathiepunkte, aber dafür steigerte er den Unterhaltungswert. Und seine gefährliche Aura in Kombination mit seinen Talenten spielten ihm ebenfalls in die Karten und ließen ihn sogar ein klein wenig attraktiv wirken. Auch wenn ich mir ihn, wie auch Tacenda, nicht so recht vor Augen führen konnte.
Nebencharaktere gab es einige, doch keiner davon war wirklich greifbarer als die Protagonisten. Fräulein Hochwasser hatte da noch den besten Stand mehr mir und erschien mir in dieser verrüchten Welt noch beinah am normalsten – wenn man das bei einer Dämonin sagen kann. Ach Knirschgnar schien sein nicht vorhandenes Herz am rechten Fleck zu tragen und versprühte ein kleines bisschen Zuversicht in der Dunkelheit.

Als letzten Punkt behandele ich hier schnell den Schreibstil; und das fällt mir wohl am schwersten. Wie schon gesagt, bin ich ein großer Fan des Autors und habe seinen Stil stets geliebt. Hier sah das anders aus. Ich kam zwar recht schnell voran, konnte aber nicht verhindern, dass ich immer wieder kurzzeitig stolperte. Es schien, als wären manche Worte unpassend für die Stelle, an der sie standen. Machte das Sinn? Die Sätze wirkten dadurch abgehackt und ließen sich zwar gut lesen, aber der Lesefluss war nicht das, was ich erwartet hatte. Obwohl Stimmung/Atmosphäre aufkam, wollte es der Autor dieses Mal nicht schaffen, mich in die einzelnen Szenen hinein zu versetzen und ich fühlte mich, wie schon einmal erwähnt, nur als Zuschauer und nicht als Teil des Geschehens. Auch glaube ich, dass man das Chaos hätte mittels des Stils irgendwie entwirren können; aber selbst das geschah leider nicht.
Die Aufteilung in Form der abwechselnden Perspektiven von Tacenda und Davriel war zwar angenehm und brachte Abwechslung. Riss das Ruder aber nicht mehr genug herum, um mich doch noch milde zu stimmen. Dabei fand ich Davriel’s Kapitel wirklich unterhaltsam und charmant, fast ein bisschen lustig. Tacendas’s dagegen waren blass und von wenig Spannung gekrönt.

In „Die Kinder des Namenlosen“ von Brandon Sanderson trug alles ein wenig dazu bei, dass mich die Geschichte nicht überzeugte. Weder begeistert die Charaktergestaltung, noch der Schreibstil und erst recht nicht die verworrene Handlung. Die gesamte Storyline wirkt irgendwie blass und oberflächlich und mit viel zu viel Elementen versehen. Ich hätte mir wesentlich weniger Chaos und dafür mehr Struktur gewünscht. Einen klar erkennbaren, roten Faden, dem ich hätte folgen können. So fühlte ich mich einfach immer mal wieder ziemlich verloren in dieser gruselig/düsteren Atmosphäre und konnte das Buch nicht so genießen, wie erhofft. Einziger Lichtblick: es gab erstaunlich viel Humor, was die Genervtheit meinerseits immer wieder auflockern konnte. Schade. Aber ich bin mir fast sicher, dass die Idee sowie die Umsetzung gelungen ist – nur eben nicht für meinen Geschmack.

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Brandon Sanderson, 1975 in Nebraska geboren, schreibt seit seiner Schulzeit phantastische Geschichten. Sein Debütroman »Elantris« avancierte in Amerika auf Anhieb zum Bestseller, und seit seiner großen Saga um die »Kinder des Nebels« gilt der junge Autor auch in Deutschland als einer der neuen Stars der Fantasy. Er lebt mit seiner Familie in Provo, Utah.

(c) by Heyne Verlag

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Heyne Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen. Sowie natürlich auch für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.