||» Rezension «|| Du kannst kein Zufall sein [von James Bailey]
James Bailey
Übersetzer: Lene Kubis
Romance || Humor
Einzelband
Manchmal ist die große Liebe nur einen Münzwurf entfernt
Josh hat alles erreicht: Eine tolle Freundin – Einen Job – Eine Wohnung in London – Und ein Kaninchen. Doch als er in der Silvesternacht im berühmten Riesenrad London Eye seiner Freundin einen Antrag macht, verliert er mit einem Schlag alles. Denn sie sagt nicht nur nein, sie setzt ihn auch gleich noch vor die Tür. Als Josh mit seinem Kaninchen Jeremy zurück zu seinen Eltern zieht, steht eine Sache für ihn fest: Ganz eindeutig kann niemand schlechter über sein Leben entscheiden, als er selbst. Und so beschließt er, ein Jahr lang, jede Entscheidung dem Zufall zu überlassen und eine Münze zu werfen. Ganz egal, ob es darum geht, welches Hemd er anzieht, oder ob er der Frau seiner Träume einmal quer durch Europa folgt. Glücklicherweise kann sich Josh dabei stets auf seine Freunde verlassen, die den Zufall ab und zu ein klein wenig in die richtige Bahn lenken.
(c) by Droemer Verlag
Dieses Buch hat mich total überraschend erreicht – und hab ich schon mal erwähnt, wie schön ich sowas finde und wie sehr ich es liebe? Das beweist mir jedes Mal aufs neue, dass ich meine Arbeit gut mache und dafür auch mal überrascht werde. <3 Auf jeden Fall ein riesiges Danke an den Verlag, dass ihr da an mich gedacht habt. Ich war allerdings auch etwas skeptisch, was die Geschichte betrifft, weil diese Art von Romanen für mich direkt nach klischeehafter Frauenliteratur schreit. Nach Humor, der mich nicht erreicht und einer abgedroschenen Story. Trotzdem wollte ich dem Ganzen eine Chance geben; und so kann ich euch heute verraten, ob meine Vorurteile gerechtfertigt waren oder ob ich endlich mit dem Schubladen-Denken aufhören muss. Falls ihr also neugierig seid, bleibt jetzt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension ♥
Zunächst war ich erstmal skeptisch, ob mich ein „Frauenroman“, geschrieben von einem Mann; aus der Sicht eines männlichen Protagonistens, wirklich begeistern kann. Aber Josh hat alles, was eine überzeugende Hauptfigur haben muss: er ist von Anfang an sympathisch, bringt einiges an Herzlichkeit mit und hat durch seine Ungeschicklichkeit auch noch einige Lacher auf sich gezogen. Ich mochte Josh unheimlich gerne, und hatte trotz dass er dem anderen Geschlecht angehört, keinerlei Probleme, mich mit ihm zu identifizieren oder mit ihm mitzufiebern. Allein die Einstiegsszene, die der Klappentext ja schon ankündigt, bescherte ihm mein tiefstes Mitgefühl und ich hab so sehr mit ihm mitgelitten. Schon erstaunlich, wie weh einem etwas tun kann, obwohl man weder die betreffenden Personen kennt, noch selbst jemals in so einer Situation war – aber mein Herz brach, als Josh’s Freundin den Antrag ablehnte. Dass er danach ein paar eher seltsame Entscheidungen traf, war irgendwo nur nachvollziehbar. Und gerade das machte auch ein wenig den Charme der Geschichte aus. Josh ist eigen; überhaupt nicht stereotypisch und bereitet einem mit eben diesem Verhalten einige spaßige Lesestunden. Man wusste einfach auch nie, was er als nächstes brachte – wofür er sich entschied; wie er handelte. Und in den meisten Fällen wusste er das selbst nicht; immerhin überließ es so gut wie alles einer alten Münze. Eine Münze, die je nach dem ob sie nach dem Wurf Kopf oder Zahl zeigte, Josh’s Leben in die Hand nahm. Ich meine; wer lässt sich von einer Münze aussuchen, ob die Socken zusammenpassen sollen oder nicht? Die ganze Sache mit den Münz-Entscheidungen war natürlich in gewisser Weise überspitzt, aber ohne wirklich ins Lächerliche abzurutschen – es blieb dauerhaft realistisch, aber auf die ganz eigene Art und Weise des Buches humorvoll. Mir gefiel auch, wie der Autor die Verzweiflung von Josh eingefangen hat. Er versucht es zwar zu überspielen, aber sie schwingt unterschwellig immerzu mit und gibt so den perfekten Ausgleich zum Humor. Die Ernsthaftigkeit ging also definitiv nicht verloren. Das zeigte auch die Entwicklung von Josh, die nicht zu verachten war. Der junge Mann wuchs mit jedem Kapitel weiter über sich hinaus und diesen Prozess zu beobachten war interessant wie mitreißend gleichermaßen.
Randfiguren gibt es natürlich auch so einige. Die einen sind herrlich normal, und bilden einen krassen Kontrast zum speziellen Protagonisten. Die anderen sind genau so ungewöhnlich wie er. Die Auswahl ist zwar nicht allzu breit gefächert, aber jeder einzelne von den auftauchenden Figuren passt perfekt ins Geschehen und zur Handlung. Jeder trägt seinen Teil dazu bei, dieses Buch zu dem zu machen, was es schlussendlich ist. Mir gefiel die Vielfalt, die innerhalb dieser kleinen Gruppe herrschte; da war der schwule beste Freund, die kleinlich-peinlichen Eltern und noch so viel mehr, die es definitiv wert sind, sie kennenzulernen. Ich fand die Charaktergestaltung also äußerst gelungen und bin noch immer ein großer Fan des chaotischen Haufens.
Die Idee hinter diesem Buch ist denkbar simple, aber nicht weniger gut. Sie bringt im Grunde alles mit, was es für einen romantischen, humorvollen Roman braucht. Ich hatte mir das jedenfalls davon erhofft: viel Gefühl, ein paar spaßige Momente und ganz viel Realität. Aber dann kam es doch ein bisschen anders – wie genau? Dazu gleich mehr. Jetzt fangen wir, wie gewohnt, ganz vorn an: Die Handlung verspricht schon während der Einstiegsszene einiges an Zündstoff. Wie oben schon erwähnt, starten wir direkt mit der herzschmerzlichsten Szene des ganzen Buches: Josh’s große Liebe lehnt seinen Heiratsantrag ab und offenbart ihm im selben Zuge, dass sie die Beziehung beenden will. Schwups, steht unser Protagonist vor einem regelrechten Scherbenhaufen, der sich mal sein Leben nannte. Freundin weg, Wohnung weg, Job weg. Und damit beginnt das ganze Chaos auch erst. Denn Josh bleibt nichts anderes übrig, als vorläufig zu seinen Eltern zurückzugehen und schon da kommt es zu einigen sehr skurrilen Szenen, die herrlich unterhaltsam ausfielen. Ich bin eigentlich nicht leicht zu catchen, was Humor betrifft, aber mit Josh konnte ich von ganzem Herzen mitlachen – vielleicht stellenweise auch ein paar Mal auf seine Kosten. Was dieser junge Mann erleben muss, ist schon beinah ulkig, aber es bleibt gott sei dank immer knapp davor. Allgemein empfand ich die Geschichte niemals als lächerlich; überspitzt? Ja sicher – des Öfteren; das macht das Buch aus. Aber lächerlich oder unglaubwürdig wurde es nie. Womit ich allerdings noch immer etwas hadere, sind die Gefühle. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich das Knistern am eigenen Leib spüren konnte. Mir fehlte da der zündende Funke und so war für mich manches ein wenig schwer nachzuvollziehen. Denn als Josh eine ominöse Fremde kennenlernt und vergisst, nach ihrem Namen zu fragen, beginnt eine eiserne Suche nach ihr. Wäre sie doch wenigstens nur aus dem selben Land wie er; aber nein. Josh lässt die Münze entscheiden, ob er weiter nach ihr suchen soll; und ratet mal, zu welcher Entscheidung die Münze kam. So begibt sich Josh auf den Roadtrip seines Lebens und reist, wie der Klappentext schon verrät, quer durch Europa. Ich persönlich konnte es nur schwer nachempfinden, was er dabei fühlte und verstand auch die „Besessenheit“ nicht. Durch ganz viele Zufälle, die aber alle herrlich spritzig ausfielen, kommt er durch mehrere Länder und klappert die unterschiedlichsten Gegenden nach seiner vermeindlich großen Liebe ab. Ihn dabei zu begleiten, macht Spaß und lässt selbst im größten Couch-Potatoe (also in mir) sowas wie Fernweh aufkeimen. Es wird; über all die knapp 400 Seiten niemals langweilig, mal ruhiger – ja – aber die Handlung verliert niemals an Fahrt. Es geht stetig voran; es gibt immer wieder überraschende Wendungen und auch wenn ich in Sachen Liebe nicht 100% „in to it“ war, so bewunderte ich Josh für seinen Mut und seinen Ehrgeiz doch sehr. Aber; und das ist für mich das große Highlight des Buches: die Freundschaft steht hier über allem. Loyalität, Zusammenhalt und bedingungsloses Vertrauen ist hier ein so großes Thema, das mich stellenweise echt berühren konnte. Jeder braucht Freunde, wie Josh sie hat.
Das große Finale war dann auch keine große Überraschung, aber es überzeugte durch die unglaublich schöne Inszinierung. Ich fieberte so sehr mit den Hauptfiguren mit und konnte mich, genau so wie vom Rest der Geschichte, total mitreißen lassen. Hier spürte ich die schmerzlich vermissten Gefühle dann doch nochmal ein wenig mehr und konnte so zufrieden mit Josh, seiner großen Liebe, Jeremy und allen anderen Beteiligten abschließen. Ein schönes, stimmiges Ende, das das Herz berührt.
Dabei ist der Schreibstil auch 100% passend zur Geschichte. James Bailey schreibt sehr locker und leicht, sodass man nur so durch die Seiten fliegt. Durch das stramme Erzähltempo kommt ein angenehmer wie mitreißender Lesefluss zu Stande und die Spritzigkeit der Erzählung sorgt nicht nur für ein paar Lacher, sondern auch für ganz viel Charme. Ich konnte mich herrlich leicht in die Geschichte versetzen und fühlte mich durchweg unterhalten. Durch die imaginären Bilder, die vor meinem inneren Auge entstanden, war ich ein Teil des Geschehens und fieberte umso intensiver mit. Dadurch, das vielles, was geschieht, so schön überspitzt dargestellt wurde, kommt auch der Humor schön hervor. Ich fand es großartig, wie ich mit (und manchmal auch über) Josh lachen konnte. Das passiert mir äußerst selten; aber hier erreichte mit der Witz problemlos. Wirklich eine schön geschriebene Geschichte; nur die Emotionen hätten für mich noch eine Spur intensiver sein können.
„Du kannst kein Zufall sein“ von James Bailey ist ein unterhaltsamer, humorvoller und echt schöner Roman über die unzähligen Möglichkeiten, die sich in den aussichtslosesten Momenten auftun können. Mit Josh schickt der Autor einen echt speziellen, aber mindestens genau so sympathischen Protagonisten ins Rennen, mit dem ich die Geschichte total gern durchlebte. Aber auch die Randfiguren tragen ihren Teil dazu bei, die Handlung zu der zu machen, die sie schlussendlich ist – nämlich witzig-spritzig und trotzdem nicht oberflächlich. Besonders gut hervorgehoben fand ich die Freundschaft, die in allen Facetten eine so richtige Rolle spielt. Und die Moral von der Geschicht: beste Freunde sind die größte Bereicherung, die man in seinem Leben haben kann. Am Ende mangelte es mir allgemein zwar ein wenig an Emotionen, was die Lovestory betrifft, doch das schmälerte den Lesespaß nur minimal. So war das Buch zwar kein Highlight, aber bescherte mich doch tolle Lesestunden und ließ mich den Alltag komplett vergessen.
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James Bailey, Jahrgang 1991, hat Hispanistik am Londoner King’s College studiert und als Showbiz-Reporter gearbeitet. Wenn er nicht schreibt, gibt er Stadtführungen durch Bristol. „Du kannst kein Zufall sein“ ist sein erster Roman.
(c) by Droemer Verlag
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Droemer Knaur Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.