||» Rezension «|| Game of Gold [von Shelby Mahurin]
Shelby Mahurin
Übersetzer: Peter Klöss
Jugend || Fantasy
Band 1 von 2
Niemand darf erfahren, dass Lou eine Hexe ist. Denn sie will weder auf dem Scheiterhaufen enden noch auf dem Opferalter der mächtigen Weißen Hexe, die sie sucht. Um sich im wahrsten Sinne des Wortes unsichtbar machen zu können, stiehlt Lou einen magischen Ring. Leider wird sie dabei ausgerechnet vom Hexenjäger Reid entdeckt. Zwar gelingt es ihr, ihre wahre Identität vor ihm zu verbergen, aber entkommen kann sie ihm nicht. Denn der Erzbischof befiehlt den beiden, zu heiraten. Plötzlich findet sich Lou als Frau eines Hexenjägers wieder, dem sie zudem gegen ihren Willen immer näher kommt …
(c) by dragonfly
Dieses Buch hat sich bereits im englischsprachigen Raum größter Beliebtheit erfreut. Mit jeder positiven Rezension stieg meine Neugier und als es dann „endlich“ auf Deutsch angekündigt wurde, zögerte ich nicht lange und setzte es auf die Wunschliste. Bis es das Schätzchen dann aber in meinen Besitz kam, dauerte es noch ein wenig – und in genau der Zeit, schossen auch die deutschen Rezensionen wie Unkraut aus dem Boden – und alle waren sich einig: es ist großartig. Nun habe ich es gelesen und ich kann euch verraten, ob ich diese Meinung teile, oder ob es für mich eher eine Enttäuschung war. Falls ihr also mehr wissen möchtet, bleibt gerne dran. Viel Spaß!
Shelby Mahurin entschied sich für eine äußerst vorlaute, selbstbewusste und teils freche Protagonistin. Lou unterscheidet sich schon auf den ersten Seiten ganz deutlich von anderen Hauptfiguren und erschlich sich mit ihrer mutigen, kämpferischen Art prompt meine Bewunderung – und einen Platz in meinem Herzen. Obwohl sie alles andere als liebenswürdig war, fiel es mir dennoch nicht schwer, sie zu mögen. Sie zu begleiten, bereitet einfach Freude und sie ist darüber hinaus auch ständig für neue Überraschungen gut. Sie lässt sich nichts gefallen, sie ist wortgewandt, klug und voller kreativer Ideen. Gleichzeitig lässt die Autorin aber auch immer wieder Lou’s Schwachpunkte durchblitzen und ihre Eigenheiten verleihen der jungen Hexe eine Einzigartigkeit, wie man sie oftmals vergeblich sucht. Louise, wie sie mit vollem Namen heißt, ist nicht austauschbar; ohne sie hätte die ganze Geschichte nicht funktioniert. Es bedurfte ihrer Lebendigkeit und ihrer mitreißenden, einnehmenden Aura, damit die Handlung in diesem Tempo voranschreiten konnte. Wäre Lou ein zartes Mauerblümchen gewesen, wäre niemals diese Atmosphäre und Dynamik aufgekommen, die das Buch brauchte. Niemals wäre so viel Zündstoff vorhanden gewesen und niemals hätte ich so mit ihr mitgefiebert, wie ich es schlussendlich tat. Für „Game of Gold“ gab es keine passendere Besetzung als diese junge Frau voller Geheimnisse, Herz, Zuversicht und Kampfgeist.
Doch auch der männliche Part konnte sich definitiv sehen lassen. Reid ist ein „Soldat“ durch und durch. Seine ganze Ausstrahlung schreit nach Autorität, Tapferkeit und unerschütterlicher Treue. Obwohl er gerade zu Beginn noch recht unnahbar und unantastbar wirkte, entwickelte ich dann doch recht zügig einen Draht zu ihm. Reid Grigory besitzt eine äußerst harte Schale, und sein Vertrauen zu gewinnen schien beinah unmöglich. Doch über kurz und lang ließ die Autorin durchscheinen, dass sich hinter der Fassade ein ordentlicher Kerl mit einem doch recht großen Herz versteckt. Reid machte die wohl deutlichste Entwicklung innerhalb der Geschichte durch. Während er anfangs noch die Augen vor dem Offensichtlichen verschloss, begann er immer mehr an sich und seiner Einstellung zu zweifeln. Gen Ende war er kaum noch wiederzuerkennen und das allein brachte ihm ein gehöriges Maß an Pluspunkten ein.
Jetzt rückblickend waren es aber nicht die Protagonisten und ihre Persönlichkeiten allein, die so begeisterten – sondern die Dynamik untereinander. Hier spielen auch die Nebenfiguren eine ganz wichtige Rolle, indem sie, jeder für sich, weitere interessante Eigenschaften in den Topf warfen und so weiteren Zündstoff erzeugten. Egal ob sympathisch oder nicht, sie alle lenkten die Richtung der Handlung. Übrigens: und das ist beinah das wichtigste in Puncto Charaktere: sie alle schienen irgendwas zu verbergen. Und jedes Mal wenn man glaubte, jemanden durchschaut zu haben, änderte sich wieder alles.
Der Schreibstil der Autorin vermittelt derweil ein glasklares Bild des mittelalterlich-angehauchten Settings. Dank einfacher und verständlicher Sprache ist der Lesefluss wunderbar leicht und wird zu keinem Moment durch unnötige Beschreibungen oder gar Stolpersteine unterbrochen. Shelby Mahurin erzeugt durch ihre Wortwahl eine stimmige Atmosphäre, die mitreißt und einnimmt und schafft so den Spagat zwischen actionreicher Fantasy-Story und interessanter Mittelalter-Geschichte. Sowohl ruhige, wie auch temporeiche Passagen sind perfekt dargestellt und erzeugen die nötige Stimmung. Die hitzigen Wortgefechte wurden ebenso gut in Worte gefasst, wie adrenalin-gespickte Spannungsmomente. Erzählt wird dabei stets abwechselnd aus den Sichten der Protagonisten. Dabei sind beide für sich allein sehr spannend in Szene gesetzt und ergänzen sich auf ganzer Linie, um die Dynamik des Buches aufrecht zu erhalten.
Die Idee hinter „Game of Gold“ birgt einiges an Überraschungen. Da es ohnehin nur wenige Hexen-Geschichten gibt, ist der Spielraum für solche Handlungen dementsprechend groß. Lou’s Erlebnisse innerhalb des Buches sind deshalb sehr erfrischend und innovativ, wenn auch nicht gänzlich neu. Trotzdem baut die Autorin schon früh einen Spannungsbogen auf und füttert diesen immer wieder mit neuen Plots und Geschehnissen, die jede Form von Langeweile im Keim ersticken. Bereits auf den ersten Seiten sind einige „Dinge“ passiert, die den Leser quasi sofort und ohne Umschweife an die Geschichte binden. Danach nimmt die Geschwindigkeit allerdings erstmal ab und es passiert wenig nennenswertes. Trotzdem lässt dieses „gefesselt sein“ zu keiner Sekunde auch nur annähernd nach – im Gegenteil! Je näher man die Figuren kennenlernt und je mehr Interaktionen zwischen ihnen geschehen, umso tiefer zieht es den Leser ins Geschehen hinein. Natürlich gibt es immer wieder Wendungen, doch so richtig actionreich und explosiv wird es lange Zeit erstmal nicht. Es ist selbst mir ein Rätsel, wieso ich dennoch so gefangen war. Selbst in den Stunden, in denen ich nicht las, grübelte ich fast ununterbrochen über den weiteren Verlauf nach oder dachte mit Freuden daran, später weiterlesen zu können. Es war wohl der Tatsache geschuldet, dass es allein durch die Protagonisten einiges an Zündstoff gab. Natürlich sind sich die Hexe und der Hexenjäger lange Zeit Spinne Feind und das allein trug eben auch dazu bei, immer weiter und weiter lesen zu wollen. Bleibt das Verhältnis zwischen den beiden so? Bringen sie sich irgendwann doch noch um? Oder nähern sie sich an und es gibt ein Happy End? Fragen über Fragen, und nur wer das Buch selbst liest, wird darauf antworten erhalten.
Das Ende dieses ersten Bandes öffnete dann aber auch endlich die Türen für Action, Spannung, Rasanz – oder kurz um: das große Gefecht. Was für ein Schlussteil! Über mehrere Kapitel überrascht die Autorin mit einer Wendung nach der anderen, setzt auf Kampf, List und den großen Twist, der den ganzen weitere Verlauf der Reihe in eine völlig neue Richtung lenkt. Atemlos, wie ich war, hetzte ich durch die letzten Seiten und konnte kaum glauben, was ich da alles erfuhr. Das meine lieben Freunde, war der Inbegriff von Wow-Effekt und Feuerwerk. Ein grandioser Schluss, der einiges der zuvor aufgekommenen Ruhe wieder gänzlich wettmachte und einfach überzeugte. Außerdem hat Shelby Mahurin im letzten Satz noch einen bitterbösen Cliffhanger eingebaut, sodass die Vorfreude auf Band 2 auch bei mir beinah ins Grenzenlose schoss. Ich möchte unbedingt wissen, wie es weitergeht!
„Game of Gold“ von Shelby Mahurin ist ein absolut mitreißendes, spannendes Debüt mit einzigartigen Protagonisten, interessanten und abwechslungsreichen Nebenfiguren, einem atmosphärisch dichten Stil und einer Handlung, von der die Welt definitiv mehr braucht. Die Hexen in diesem Roman sind etwas ganz besonderes und sehr vielschichtig und greifbar ausgearbeitet. Keine Hexe gleicht der anderen – und auch kein Mensch dem anderem. Besonders das Ende war ein regelrechtes Feuerwerk, das die kurzzeitig aufgekommenen Ruhe-Passagen beinah gänzlich wett machen konnten. Für mich nur ganz knapp am absoluten Highlight vorbei – und wer weiß? Vielleicht haut mich Band 2 bzw. das große Finale dann komplett um? Wir werden sehen.
» » » Shelby Mahurin « « «
Shelby Mahurin wuchs auf einer kleinen Farm in Indiana auf. Sie hatte schon immer eine ausgeprägte Fantasie. Wenn sie als kleines Mädchen spielte, wurden aus einfachen Stöcken magische Zauberstäbe und Kühe verwandelten sich in Drachen. Zusammen mit ihrem sehr großen Ehemann, ihren Kindern, zwei Hunden und einer Katze lebt sie in der Nähe der Farm, auf der sie ihre Kindheit verbracht hat.
(c) by dragonfly
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Dragonfly Verlag bedanken: dafür alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen und natürlich auch für die Bereistellung dieses Rezensionsexemplar.