||» Rezension «|| Grischa 01: goldene Flammen [von Leigh Bardugo]

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6. Mai 2021 0 Von Patchis Books
GOLDENE FLAMMEN
– Grischa 01 –
Leigh Bardugo
Übersetzer: Henning Ahrens
High Fantasy
Band 1 von 3
Grischa – Trilogie
352 Seiten
02. März 2020
Knaur Verlag
Paperback
12.99€
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Alina ist eine einfache Kartografin in der Ersten Armee des Zaren von Ravka. Jemand, der entbehrlich ist – ganz anders als ihr Kindheitsfreund Malyen, der erfolgreiche Fährtenleser und Frauenschwarm. Doch als Alina Mal bei einem Überfall auf unerklärliche Weise das Leben rettet, ändert sich alles für sie, denn sie findet heraus, dass sie eine Grisha ist, die über große Macht verfügt. Alina wird ins Trainingslager der Grisha versetzt, der magischen und militärischen Elite Ravkas. Dort findet sie einen ganz besonderen Mentor: Den ältesten und mächtigsten der Grisha, der nur der »Dunkle« genannt wird und der schon bald ganz eigene Pläne mit Alina verfolgt.

(c) by Knaur Verlag

Lange – viel zu lange lag dieses Buch ungelesen in meinem Regal und wurde kaum beachtet. Meine Neugier darauf spürte ich aber immer wieder; nur leider ergab es sich nie, danach zu greifen. Irgendwas schob sich immer dazwischen. Jetzt, drum kürzlich die erste Staffel der buchbasierenden Serie „Shadow and Bone“ startete, war’s aber echt an der Zeit, das Grishaverse kennenzulernen. Und so hab ich „Goldene Flammen“ endlich gelesen! Heute kann ich euch auch schon meine Meinung dazu liefern. Falls ihr nun neugierig seid, wie mir der Auftakt der Trilogie gefallen hat und ob ich die Serie nach wie vor unbedingt schauen möchte oder ob sich das hiermit erledigt hat, erzähle ich euch jetzt. Viel Spaß bei der Rezension. ♥

Der Schreibstil von Leigh Bardugo ist einfach, aber genial. Ich hab mich binnen weniger Silben wunderbar zurecht gefunden in der Geschichte und stieß auch im weiteren Verlauf auf keinerlei Verständnisprobleme. Die Erzählweise wirkt jung und erfrischend, simple aber ebenso plastisch wie wortgewaltig. Mit wenigen, aber dafür geschickt platzierten Beschreibungen lässt die Autorin die Welt, die ihr da vorschwebte, zum Leben erwachen und erzeugt glasklare, einnehmende Bilder vor dem inneren Auge des Lesers. Ich tauchte komplett ab und fand mich inmitten der Handlung wieder – als Teil des Ganzes. Dabei kam ich extrem schnell voran, immerhin ließ sich das Buch sehr leicht lesen – aber es büßte nichts an Atmosphäre ein. Leigh Bardugo hat Stimmungen erzeugt, wie ich sie selten erlebt habe. Ich war gefangen, gefesselt – fieberte mit und vergaß vor lauter Spannung manchmal sogar das Luftholen. Mir gefiel, wie die Welt aufgebaut war, und die Karte, vorn im Buch, tut ihr übriges, um alles möglichst greifbar erscheinen zu lassen. Selbst die Dialoge stachen für mich heraus, in dem sie sehr authentisch und lebensnah wirkten und nichts gekünsteltes oder erzwungenes an sich hatten. Kaum Dopplungen, dafür einige fließende Übergänge und sehr viel Emotionen. Was will man mehr?
Und obwohl ich ja bekanntlich ein Fan von mehreren Sichten innerhalb eines Buches bin, so reichte mir Alina hier voll und ganz aus. Sie hatte ein so abwechslungsreiches, undurchsichtiges Leben, dass jede weitere Perspektive nur gestört hätte. Die Protagonistin nahm den gesamten Raum ein und trotzdem herrschte keine Eintönigkeit.

Apropos Alina! Die junge Frau, die wir in „Goldene Flammen“ begleiten dürfen, lernen wir schon in jungen Jahren kennen und erfahren ein paar nicht unwesentliche Dinge darüber, wie sie aufgewachsen ist. Sie und ihr bester Freund Malyen, der auch im weiteren Verlauf eine wichtige Rolle in Alina’s Leben, aber auch in der Geschichte allgemein spielt. Die beiden gaben ein sehr harmonisches, wenn auch unterschiedliches Duo ab. Er; der aufgeschlossene, quirrlige Junge und sie, das eher verschlossene, zurückhaltende und unscheinbare Mädchen. Nach dem Zeitsprung spürt man die Entwicklung der beiden in jeder Silbe, und trotzdem behielten sie ihre charakteristischen Eigenschaften bei. Alina blieb genau so, wie sie sich als in ihrer Kindheit gab – nur eine Portion erwachsener. Alina ist sympathisch, ehrgeizig, aber in passenden Ausmaß auch naiv und gutgläubig. Ich fand sie als Person unheimlich passend für die Handlung, weil sie für eine Menge Potential sorgte. Im einen Moment will man sich nicht mit ihr anlegen, weil sie vor Mut, Ehrgeiz und Kraft nur so strotzte; in der nächsten Szene spürt man ihre Ängste und Verzweiflung bis ins Mark. Beide Facetten gefielen und imponierten mir, hielten sich die Waage und brachten Lebendigkeit ins Spiel. Alina ist alles andere als perfekt, aber eben deswegen schien sie auf dem wahren Leben regelrecht entsprungen zu sein. Ich fieberte problemlos mit ihr mit, fühlte ihre Emotionen am eigenen Leib und konnte mich auch sonst gut mit ihr identifizieren. Ihre Handlungen und Gedankengänge waren einleuchtend, nachvollziehbar und ihrem Alter entsprechend. In meinen Augen war sie nie eine vollständig erwachsene Person, weil sie ihre kindlichen Züge und ihre Unerfahrenheit bis zuletzt nicht abschütteln konnte aber das machte ihren Charme auch einfach aus. Ihre Entwicklung war aber definitiv spürbar und zeigte sich in den unterschiedlichsten Momenten immer deutlicher. Ich bin inzwischen ein großer Fan von ihr geworden, weil sie mich als Mensch erreichte und berührte und mir jeder einzelne Fehler, den sie machte, auch hätte unterlaufen können.
Als männlichen Hauptcharakter hatte ich Mal genannt, doch im Grunde gibt es einen noch wichtigeren Mann, der sehr viel Raum in dieser Geschichte einnimmt: nämlich der Dunkle. Seinen Namen erfahren wir übrigens bis zum Schluss nicht, weswegen ich mich auch auf diesen „Decknamen“ beschränken muss. Der Dunkle war ein Buch mit sieben Siegeln und die wohl ungewöhnlichste Figur, der ich jemals begegnet bin. Ich weiß, bis heute, fast nichts über ihn und all seine Beweggründe, seine Intentionen und Ziele blieben fast gänzlich verborgen. Aber eben das machte auch den Reiz aus; ich fand diesen Mann nämlich extrem vielschichtig, undurchsichtig, geheimnisvoll und anziehend. Ich schwankte ständig in meiner Meinung über ihn – mal genoss er mein vollstes Vertrauen, im nächsten Moment war ich mir sicher, dass er der Übeltäter war. Und auch das machte mir schlicht Spaß. Ich liebe Figuren, die unberechenbar sind – und der Dunkle gehörte da ganz klar mit dazu; wahrscheinlich sogar an die Spitze der Liste.
Ansonsten gab es auch nich unzählige Charaktere mehr, die alle ihren Teil zur Handlung beitrugen und nicht auf dem Grishaverse wegzudenken sind. Und ganz wie es sich gehört, gab es auch von allen Fraktionen ein paar passende Figuren: die die man automatisch abgrundtief hasst; die, die einem mächtig auf die Nerven gehen; die, die man liebt und die, bei denen man absolut nicht weiß, in welche Schublade man sie stecken soll. Besonders Genya hat mir wahnsinnig gut gefallen; jeder ihrer Auftritte brachte garantiert Spannung mit sich und deshalb war sie, neben Alina, dem Dunklen und Malyen meine absolute Lieblingsfigur.

An die Handlung hatte ich, nicht zuletzt auch wegen all den lobenden Rezensionen, definitiv gewisse Erwartungen. Ich hab mir einen spannenden, actionreichen, fantastischen Verlauf gewünscht, mir viel Neuem, was ich entdecken kann. Ich hab mir eine gewisse Atmosphäre vorgestellt; auf viel Düsternis und abwechslungsreiche Emotionen. Ich wollte in eine Welt eintauchen, die mit keiner vergleichbar ist, die ich bisher betreten habe. Und soll ich euch was verraten? Leigh Bardugo hat jede meiner Erwartungen bis ins hinterste Eck erfüllt. Aber zunächst einmal von vorn:
Allein der Einstieg, in Form des „Rückblicks“ in Alina’s Kindheit, ist schon vielversprechend gewesen. Denn das kleine Mädchen musste in jungen Jahren schon so einiges einstecken und landete dann, gemeinsam mit Malyen, bei einem Herzog. Warum und weshalb, verrate ich an der Stelle natürlich nicht. Stattdessen erzähle ich euch, dass selbst nach dem Zeitsprung keine Sekunde Flaute herrschte. Es ging nicht nur mit den interessanten Einblicken weiter, sondern auch mit viel Tempo und Spannung. Die Passagen in der Armee, wo Alina als Kartografin arbeitet, waren mindestens genau so einnehmend, wie die spätere Zeit im Trainingslager. Das Trainingslager, das fast königliche Vibes versprüht! Die ganze Thematik rund um den Palast, die Zaren, die Grischa .. es war schlicht einzigartig. Die Geschichte ist so vielfältig und abwechslungsreich und als Leser beschäftigt man sich nie lang genug mit einem Thema, um mit den Gedanken abschweifen zu können. Es geht Schlag auf Schlag; eine interessante Szene jagt die nächste und immer, wenn man glaubte, nun endlich den Schlüssel zu des Rätsels Lösung gefunden zu haben, schmiss Leigh Bardugo alles wieder über den Haufen und veranlasst einen dazu, noch einmal ganz von vorn zu beginnen mit seinen Überlegungen. Dazu kam eben auch das greifbare Worldbuilding und die dichte Atmosphäre, denn dadurch taucht man regelrecht ein ins Geschehen und fühlt sich als Mitglied der Geschichte; als Teil des Ganzen. Als würde nicht gerade Alina mitten im Training stecken, sondern man selbst. Jedes böse Wort versetzte so nicht nur ihr einen Stich, sondern auch mir und das allein zeigt schon ganz deutlich, wie sehr mich dieses Buch im Griff hatte. Mitfiebern, mitfühlen, mitleiden – das alles war mir absolut problemlos möglich.
Gen Ende gab es dann zusätzlich nochmal einige absolut überraschende Wendungen. Die Spannung war mit den Händen zu greifen und der Roman ließ sich einfach nicht mehr zur Seite legen – wie auch, wenn man um jeden Preis wissen will, wie die Geschichte endet? Der Schlusspart brachte wirklich alles mit, was ich mir von einem guten Ende wünsche und überzeugte durch Spannung, Rasanz, Turbulenz und unvorhersehbare Ereignisse. Mir zerriss es regelrecht das Herz, während ich die letzten Seiten einatmete und ich war mehr gefesselt denn je. Ganz zum Schluss gab’s noch einen kleinen Cliffhanger, der aber im Vergleich zu vielen anderen fast etwas untergeht. Nichts desto trotz möchte ich so schnell wie möglich wissen, wie es weitergeht mit Alina. Was für ein Erlebnis! Ein wahres Abenteuer!

Endlich weiß ich, was so viele an „Grischa 01: goldene Flammen“ von Leigh Bardugo so feiern. Es ist eine völlig neuartige Geschichte voller Düsternis und Action. Auch Brutalität spielt eine gewisse Rolle, ist aber, für meinen Geschmack jugendgerecht ausgearbeitet bzw. dargestellt. Alina und Co. sind einzigartige Protagonisten, die man unweigerlich ins Herz schließen und mit denen man bedingungslos mitfiebern, mitfühlen und mitleiden kann. In diesem Buch traf ich auf alles, was ich von einem guten High Fantasy Werk erwarte und nur weil ich glaube, dass Band 2 und 3 noch mehr zu bieten haben, vergebe ich keine vollen 5 Sterne.. Trotzdem gibt’s von mir eine absolute Lese-Empfehlung! Entdeckt diese Welt, mit all ihren Facetten, Eigenheiten, Gefahren und Monstern.

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Leigh Bardugo wurde in Jerusalem geboren und wuchs in Los Angeles auf. Nach Stationen im Journalismus und im Marketing kam sie schließlich als Special Effects-Designerin zum Film. Leigh lebt und schreibt in Hollywood.

(c) by Knaur Verlag

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Knaur Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.