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31. Oktober 2021 0 Von Patchis Books

Achtung! Band 2 einer 5-teiligen Reihe. Spoiler zu den Vorgängern sind möglich.
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LOCKWOOD & CO.
– der wispernde Schädel –
Jonathan Stroud
Jugendfantasy || Romantasy
Band 2 von 5
Lockwood & Co. Reihe
512 Seiten
27. Oktober 2014
cbj Verlag
Hardcover
18,99€
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#werbung #rezensionsexemplar


Wenn Londons Geisterwelt erwacht

Dank des spektakulären Erfolgs im Fall der seufzenden Wendeltreppe ist Lockwood & Co. nun eine der angesagtesten Geisteragenturen Londons. Doch inzwischen wird die Metropole bereits von einer Reihe neuer grausiger Ereignisse erschüttert: In einer beispiellosen Diebstahlserie werden mächtige magische Artefakte entwendet und deren Hüter grausam ermordet. Als dann auch noch auf einem Friedhof ein schauerlich eiserner Sarg geborgen wird, dessen Inhalt unter mysteriösen Umständen verschwindet, steht fest: Ein klarer Fall für Lockwood & Co.! Nur wenn das Team um Anthony Lockwood, Lucy und George ihre ganze Genialität im Umgang mit übernatürlichen Ereignissen in die Wagschale wirft, kann es ihnen gelingen, die Verschwörung, die hinter all dem steckt, aufzudecken.

(c) by cbj Verlag

Es ist Halloween – und damit der beinah wichtigste Tag für mich im Jahr. Ich liebe die Gruselzeit wahnsinnig und zelebriere sie auch dementsprechend. Um mich so richtig einzustimmen, hab ich mich bewusst für eher gruselige Bücher entschieden und so ist mir der zweite Band der „Lockwood & Co.“-Reihe in die Hände gefallen. Wurde ja schließlich auch mal Zeit, immerhin habe ich den Auftakt bereits 2017 gelesen (von dem ich übrigens so richtig geflasht war!). Aber wie sieht es heute aus? Noch immer so begeistert, oder ist die anfängliche Euphorie inzwischen abgeklungen? Bin ich den Büchern entwachsen? Jetzt möchte ich euch gern meine Meinung zur Fortsetzung des ersten Bandes kundtun. Falls ihr also neugierig seid, bleibt gerne dran und viel Spaß bei der Rezension.

Obwohl nun doch fast 4 Jahre zwischen Band Eins und Band Zwei lagen, fiel mir der Einstieg nicht weiter schwer. Das Dreiergespann, bestehend aus Lockwood, George und Lucy war von Anfang an wieder absolut präsent und ließ die Erinnerungen an die Geschehnisse aus dem Auftakt ziemlich schnell wieder an die Oberfläche treten. Es schien fast, als hätte ich den ersten Teil erst gestern beendet. Auch entschied sich der Autor hier mal wieder dafür, direkt zu Beginn die Spannung durch einen Einsatz der Agentur in die Höhe schnellen zu lassen. Dies sorgte auch dafür, dass sich die Atmosphäre vom ersten Moment an sehr dicht und einnehmend gestaltete. Geister, bittere Kämpfe gegen die Untoten und eine Menge Action. Und während der Anfang also noch auf ein großes Spektakel hindeutete, verlor sich dieser Eindruck dann doch recht schnell. Die Richtung, in die sie alles entwickelte, war nicht mehr ganz das, was ich mir erhofft und gewünscht hatte. Denn plötzlich drängte sich etwas in den Vordergrund, das längst nicht mehr so viel Spannung versprach, wie die atemberaubenden Abenteuer der drei Jugendlichen. Meine Zweifel wuchsen mit jeder gelesenen Seite, denn vom Konkurrenzkampf zwischen Lockwood & Co. und einer anderen Agentur wollte ich partout nicht lesen. Wo blieben die Geister, der Grusel? Zum Glück entwickelte sich dann aber doch alles ganz anders. Es wurde zunehmend mitreißender und der Wettschreit musste sich einem neuen Fall unterordnen. Und dieser Fall hatte es in sich. Allein schon die Kulisse des schaurigen Friedhofs konnte gänzlich für sich einnehmen und in Angst und Schrecken versetzen. Ich fieberte mit, spürte die Gänsehaut auf meinen Armen und die kalten Schauer, die fast im Minutentakt meinen Rücken hinabjagten. Lockwood, George und Lucy mussten mal wieder alle Register ziehen und entrannen dabei nicht nur einmal nur knapp dem Tod. Ich war ehrlich schockiert, wie brutal es hier zuging und mit wie viel Action die Storyline ausgeschmückt ist. Schon der Klappentext ließ zwar darauf schließen, dass es derber wird, doch innerhalb eines Jugendbuchs so viele Leichen vorzufinden, war dann doch überraschend – aber umso besser für die Geschichte. Außerdem gab es hier, entgegen des Auftakts, auch einige Stichpunkte, die den Leser selbst zum Miträtseln animieren konnten und die Spannung zusätzlich in die Höhe trieben. Wer ist der Dieb der magischen Artefakte; werden die drei Jugendlichen den Täter noch rechtzeitig stoppen und wie ging denn nur alles zusammen? Fragen über Fragen, die sich während des Lesens stellten und von dem kurzen Durchhänger nichts mehr übrig ließen; ja sogar jede Erinnerung daran auslöschten. Wie konnte ich nur darüber nachdenken, das Buch wegzulegen? Absolut nicht nachvollziehbar. Denn Jonathan Stroud hat exakt zwei Talente:
Er schafft es, einen Jugendroman komplett ohne Lovestory abzuwickeln und trotzdem zu überzeugen. Und, was beinah noch faszinierender ist: wir lesen hier von Geistern, von Toten, von Morden, skurillen Gestalten und Kriminalität – und trotzdem fließt so viel Humor in die Geschichte ein. Allein wie die drei Jugendlichen wieder miteinander umgingen versprach eine Menge Witz und während ich mich mit ihnen inmitten eines Friedhofs befand – Auge in Auge mit einem blutrünstigen Geist, musste ich über die Dialoge lachen.
Man spürt die innige Bindung der drei Agenten in jedem Satz, den sie miteinander wechseln und es herrscht eine unheimliche Harmonie – selbst dann, wenn sie sich mal anzicken oder streiten.
Das Ende bot, genau wie erhofft, einen riesengroßen Showdown, voller Spannung, Action, Tempo und Drama. So viele überraschende Wendungen, so viel Grauenhaftigkeit. Die letzten Seiten flogen nur so dahin und das Spektakel schien kein Halten mehr zu kennen. Das, genau das ist für mich der perfekte Abschluss für eine ohnehin gruselige Geschichte. Und gleichzeitig setzt der Autor eben auch auf Moral und eine Botschaft, die sich hinter all dem Geschehehen verbarg. Mit Lucy und den anderen mitzufiebern und mitzufühlen war unsagbar leicht und ich konnte vor allem Beklemmung kaum schnell genug lesen. Überleben es alle Beteiligten; wie zum Teufel wollen sie sich denn aus dieser Situation denn hinaus manövrieren, ohne dabei zu sterben? Fragen über Fragen – mal wieder. Und trotzdem war ein stimmiges Ende, eine runde Sache quasi, die mich vollends mitriss und am Ende dann auch zufriedenstellte. Ein würdiger Abschluss für ein beängstigendes, aber auch unterhaltsames Abenteuer.

Die Charaktere. Was gibt es da noch zu sagen, was nicht bereits gesagt wurde? Wie erwähnt herrscht zwischen den drei Agenten eine wahnsinnig mitreißende Dynamik und neben der Tatsache, dass sie Kollegen sind, sind sie eben auch beste Freunde, die sich aufeinander verlassen können. Vertrauen ist hier ein unsagbar wichtiger Aspekt, der auch wirklich einnehmend thematisiert wird. Jeder innerhalb der Agentur hat sein Aufgabenfeld, um das er sich zu kümmern hat und eben deshalb muss alles reibungslos laufen – oder besser gesagt: sollte. Allein die Sticheleien untereinander machen die Gruppe schon enorm liebenswert, doch auch die Verzeihen können, wird hier groß geschrieben. Nicht immer spielt jeder mit offenen Karten – es gibt auch innerhalb der Agentur das ein oder andere Geheimnis, das es aufzudecken gilt. Das Misstrauen, das gesäht wird, macht die ganze Anlegenheit zudem auch noch spannend und interessant.
Aber nun auch schnell zu den einzelnen Persönlichkeiten. Lucy ist diejenige, an deren Seite wir das Buch, oder sollte ich sagen, das Abenteuer erleben. Sie führt uns durchs Geschehen; nimmt uns quasi bei der Hand und ist eine souveräne Protagonistin, mit der man sich gut identifzieren konnte. Lucy war für mich, wohl auch weil die einzige weibliche Agentin innerhalb der Agentur war, mein absoluter Liebling. Sie war besonnen, wirkte erwachsen und wählte ihre Entscheidungen stets mit Bedacht. Sie schien mir die vernünftigste des Dreiergespanns zu sein. Lucy ist unsagbar sympathisch, liebenswert und lebendig; sie bringt Schwung in die Sache und ist dennoch der bodenständige Part. Neben ihrem Mut, ihrer Stärke und ihrem Kampfgeist hat sie zudem auch noch eine wirklich interessante Gabe, die für die Handlung abdingbar war.
Lockwood hingegen ist der geborene Anführer, auch wenn man oft den Eindruck hat, sie wären alle drei gleich weit oben in der Hierarchie. Doch Lockwood ist der unangefochtene Chef, der mit Charme, Witz und der nötigen Portion Sarkasmus jedem Auftrag etwas Positives abgewinnen kann. Er lässt sich nur schwer aus der Ruhe bringen; führt die Gespräche mit potentiellen Kunden absolut abgeklärt und ist, solange ich ihn schon kenne, nicht ein einziges Mal laut geworden. Niemand hätte den Posten des Agenturchefs besser ausfüllen können, als Lockwood – doch in diesem Band macht er zudem auch menschlich nochmal eine ansehnliche Entwicklung an den Tag, die ihn reifen ließ und wesentlich erwachsener erscheinen ließ.
George – was gibt es zu George zu sagen? George ist der Nerd der Gruppe – der, der sich mit langweiligen Recherchen stundenlang beschäftigen kann und dabei auch noch Spaß hat. Jedoch war George für mich schon immer das schwächste Glied der Kette, denn er wirkte auf mich oft etwas fahrig und nachlässig, fast unkonzentriert. In diesem Band war es besonders deutlich zu erkennen, und trotzdem erreichte er mich auf ganzer Linie. Der Junge mit der Vorliebe für historische Fakten und dem Talent, das mir wohl für immer verwehrt bleiben wird: backen zu können. Mit George jedenfalls wird es nie langweilig und er ist ein ebenso respektables Mitglied der Agentur, wie die anderen beiden – allerdings muss er auch den ein oder anderen, freundschaftlichen Seitenhieb einstecken; was er entgegen aller Erwartung, mit einer ganzen Menge Humor tut. Genau so wie Lockwood und Lucy, so hat auch George ein riesengroßes Herz und eine wirklich sympathische, liebenwürdige Ausstrahlung.
Ansonsten treffen wir hier auf noch zahlreiche weitere Persönlichkeiten – unter anderem auch die Agenten der konkurrierenden Agentur Fittes. Der erbitterte Konkurrenzkampf, der schon seit Menschengedenken zwischen den Agenturen herrscht, ist spritzig und ansprechend gestaltet, teilweise humorvoll mit den Seitenhieben, teilweise schockierend, wie gewissenlos manche handeln, nur um zu gewinnen. Es hat jedenfalls ordentlich Spaß gemacht, sie alle kennen zu lernen und sich von dem ein oder anderen hinters Licht führen zu lassen. Was will man mehr?

Der Schreibstil von Jonathan Stroud ist einerseits sehr atmosphärisch, einnehmend und packend. Allein die Gruselmomente zeugen bereits von dem Sog, den die Geschichte auf den Leser ausübt. Gleichzeitig erzählt der Autor sehr locker und leicht, sehr humorvoll und mit dem gewissen Etwas; sodass an so mancher Stelle eine gewisse Auflockerung der Spannung stattfinden kann. Dadurch, dass es sich hierbei um ein Jugendbuch handelt, fand ich es enorm wichtig, dass die Schärfe, besonders in Bezug auf die Morde und die Leichen, durch Humor genommen wird – und das ist auch gelungen. Obwohl hier Mord und Totschlag an der Tagesordnung steht, waren diese Szenen relativ schnell und ohne groß ins Detail zu gehen, abgehandelt. Aber eben trotzdem atmosphärisch. Ich konnte mich wunderbar nach London entführen lassen; sah die Geisterschemen quasi vor mir und versank regelrecht in der Spannung, die die Geschichte ab einem gewissen Punkt aufgreift. Ein wunderbar passender Schreibstil, der der Geschichte erst die nötige Würze verleiht. Ich werde sicher noch vieles mehr von Jonathan Stroud lesen.

Der zweite Band der Lockwood und Co. – Reihe von Jonathan Stroud kann, trotz kurzen Startschwierigkeiten, doch mit seinem Vorgänger mithalten. Allein die Idee, die hinter den gesamten 5 Büchern steckt, ist ein absolutes Highlight und in Band 2 greift der Autor zwar zu altbekannten Mittelchen, verleiht der Geschichte aber mit spritziger Erzählweise und einer gehörigen Portion Humor das gewisse Etwas. Am Ende war es eine spektakuläre Mischung aus atemraubender Spannung, lustigen Dialogen, Jugendbuch und Horror-Roman. Ich freu mich auf alles, was in den Folgebänden noch kommen wird und weiß jetzt schon, dass die definitiv keine 4 Jahre darauf warten müssen, bis ich sie lese. Von mir gibt’s eine absolute Lese-Empfehlung, wenn es auch nicht für die 5 Sterne, und auch nicht für die 4,5 Sterne von Band 1, gereicht hat.

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Jonathan Stroud wurde in Bedford geboren. Er arbeitete zunächst als Lektor. Nachdem er seine ersten eigenen Kinderbücher veröffentlicht hatte, beschloss er, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Er wohnt mit seiner Frau Gina und den gemeinsamen Kindern Isabelle, Arthur und Louis in der Nähe von London. Berühmt wurde er durch seine weltweite Bestseller-Tetralogie um den scharfzüngigen Dschinn Bartimäus, dessen Abenteuer in Das Amulett von Samarkand, Das Auge des Golem, Die Pforte des Magiers und Der Ring des Salomo erzählt werden.

(c) by cbj Verlag

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim cbj Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.