||» Rezension «|| Mind Watch [von Brian Deatt]
Brian Deatt
Sci Fi || Dystopie
Einzelband
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Deutschland im 22. Jahrhundert: Unter dem Vorwand die Bevölkerung vor Krankheiten und Verbrechen schützen zu wollen, lässt die Regierung ihren Bürgern ein Mikrochip ins Gehirn pflanzen, dessen Aktivitäten über eine WLAN-Verbindung von regierungskonformen Administratoren koordiniert werden. Neben der Überwachung der Stoffwechselprozesse und der Diagnose sich bildender Erkrankungen fungiert dieser Chip als Empfänger und Sender sämtlicher Sinneseindrücke seines „Wirtes“. Proteste gegen einen gesetzlichen Zwang, sich den Chip einsetzen zu lassen, flachen innerhalb kürzester Zeit ab. Die Akzeptanz weiter Teile der Bevölkerung geht einher mit einer enormen Verbesserung der Lebensqualität. Doch nicht alle Menschen profitieren von den neuen Verhältnissen. Für diejenige, die am Rande der Gesellschaft leben, verspricht die viel gepriesene Innovation keine Aufwertung ihrer Gesamtsituation. Wer gegen diese Missstände aufbegehrt, wird verhaftet und in von der Regierung gesonderte Bereiche gebracht. Die B-Bezirke. Als Gefängnisse ohne Mauern im Volksmund bekannt, leben die Insassen dort von der Außenwelt abgeschnitten. Während die Regierung gelobt über die Wahrung der Gesetze zu wachen, sieht die Wirklichkeit anders aus. Auf der Tagesordnung stehen Hunger, Kälte sowie blutige Machtkämpfe konkurrierender Banden, die nebenher mit unvorstellbarer Brutalität die restlichen Häftlinge terrorisieren. Alexandra und Mike sind zwei dieser Insassen. Als sie auf den mysteriösen David treffen, überschlagen sich die Ereignisse und für die Beiden beginnt ein Kampf ums nackte Überleben.
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Dieses Buch wurde mir vom Autor persönlich als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt – vielen herzlichen Dank erstmal dafür. Es steht wohl außer Frage, dass ich von allein auf das Werk nicht aufmerksam geworden wäre, denn eigentlich ist das nicht zwingend meine bevorzugte Thematik. Trotzdem habe ich zugesagt, weil ich vor allen Dingen extrem neugierig war, wie Brian Deatt diese Idee mit dem Mikrochip eingebunden und umgesetzt hat. Nun weiß ich inzwischen deutlich mehr und kann euch meine finale Meinung liefern. Falls ihr also mehr wissen möchtet, bleibt gerne dran. Viel Spaß ♥
Die Geschichte, die Brian Deatt hier erzählt, ist nicht nur erschreckend realistisch, sondern auch hochgradig interessant. Dabei setzt er auf eine ganz bestimmte Art des Erzählens, denn das Buch ist in zwei Handlungsstränge unterteilt, die sich massiv voneinander unterscheiden. Zum einen begleiten wir als Leser die Journalistin Aline, die aus ihrer Abneigung gegenüber SICNA-Tek kein Geheimnis macht. Ihre Geschichte bringt uns die Zu,- und Umstände, die im 22. Jahrhundert herrschen, näher und dank ihrer Recherche erfahren wir so einiges über SICNA-TEK und den Mikrochip ganz allgemein. Selbst die technischen Daten wurden nicht unter den Tisch fallen gelassen, sondern verständlich und gut erklärt. Das gesamte Verständnis gegenüber der zukünftigen Welt, was wir zwingend brauchen um dem Verlauf folgen zu können, ist also nur durch Aline garantiert. Darüber hinaus animiert ihr Handlungsstrang auch zum Nachdenken, da ihre Ansichten oft etwas tiefes, fast poetisches an sich haben. Während also der Part der Journalistin eher mit Ruhe, Infos, Erklärungen und Erläuterungen gefüllt ist, bringt der zweite Handlungsstrang die Action, das Tempo und die Spannung mit ins Spiel. Und Himmel, die Geschichte von Mike und Alexandra war unfassbar mitreißend! Schon als ich den beiden jungen Menschen das erste Mal begegnet bin, fieberte ich wortwörtlich atemlos mit ihnen mit und war absolut gebannt von ihrem Erlebnissen. Der Bezirk, in dem sie leben, ist voller Gewalt, Brutalität und Grausamkeit und offenbart die tiefen Abgründe der menschlichen Seele, die sich auftun, wenn es an der Grundversorgung wie Wasser, Nahrungsmittel und Wohnraum, fehlt.
Die Kombination aus diesen zwei grundverschiedenen Handlungen empfand ich zu Beginn noch als äußerst interessant. Die Tempi-Wechsel sorgten für Abwechslung und lockerten die Geschichte auf. Gleichzeitig aber ist das auch mein größter Kritikpunkt. Ich bin es, seit jeher gewohnt, dass Handlungsstränge irgendwann zusammen laufen, sich verbinden, und am Ende ein großes Ganzes ergeben. Das war hier nicht der Fall. Als Leser merkt man schnell, dass das Haupt-Augenmerk auf der Geschichte von dem Mike und Alexandra lag, und nicht auf Aline. Dieser Handlungsstrang hat mich, genau genommen wirklich auf ganzer Ebene und bis zum Schluss überzeugt. Das Ende der beiden war fulminant, absolut überraschend und von Seiten des Autors echt einfallsreich. Aline’s Geschichte hingegen endet, ohne dass wir es merken. Sie wird einfach nicht mehr erwähnt und am Ende stand ich da, wie der Ochs vor dem Berg und fragte mich, ob mich da eventuell in Band 2 noch mehr erfahren werde – kurz um: nein werde ich nicht, weil es in dieser Hinsicht keinen zweiten Band geben wird (Info vom Autor).
Ich habe im Nachhinein sehr ausführlich mit Brian Deatt geschrieben und verstehe nun, wieso er das Buch so geschrieben hat, wie er es letztlich getan hat. Allerdings finde ich es schwer, dieses Gespräch jetzt nicht in diese Rezension einfließen zu lassen; immerhin möchte ich objektiv meine Meinung zum Buch, zur Handlung und zu meinen Leseeindrücken liefern, ohne von Hintergrund-Informationen beeinflusst zu werden. Brian’s Erklärungen sind stimmig, einleuchtend und absolut nachvollziehbar. Er erklärte mir, er wolle mit dem Buch nicht nur für Unterhaltung sorgen, sondern den Leser auch zum Nachdenken animieren und dem Ganzen Tiefgang verpassen. Außerdem, so sagt er, seie das Thema zu gegenwärtig, um es nicht mit einer Portion Pessimismus zu betrachten. Für mich eine logische Erklärung, nur denke ich persönlich, dass viele Leser das nicht allein durch das Lesen des Buches so verstehen. Ich jedenfalls, konnte das in dieser Form nicht auf dem Text herauslesen.
Ein weiterer, eher kritischer Punkt ist die Länge des Buches. Durch die geringe Länge von nur 134 Seiten hatte ich bis zuletzt immer das Gefühl, eine Einleitung zu lesen. Viele, nein.. unzählige Bücher beginnen genau da, wo „Mind Watch“ endet und dieses Gefühl von „es fehlt war“, lässt sich trotz Erklärungen nicht abschütteln. Außerdem fiel es mir dadurch auch schwer, eine richtige Bindung zu den Figuren aufzubauen. Ich mochte Alexandra und Mike unfassbar gerne und hatte keinerlei Probleme damit, mit ihnen mitzufiebern. Doch so einen richtig Zugang zu ihnen fand ich nicht. Bei Aline war das ganze noch viel schlimmer: ich hatte stets eine junge Journalistin voll jugendlichem Übermut vor mir, doch irgendwann wurde erwähnt, dass sie eine bereits 18-jährige Tochter hat. Sie blieben alle nur blasse Schatten, die meiner Meinung nach mit zu wenig Details ausgestattet wurden. Ob ich das nun als wirklichen Kritikpunkt betrachte, bleibt selbst für mich fraglich – denn eigentlich habe ich während des Lesens, bis auf das klare Bild vor meinem inneren Auge von den Charakteren, nichts großartig vermisst.
Von Stil her gibt es von meiner Seite aus nichts zu meckern. Ich kam trotz der teilweise sehr komplizierten Erklärungen im Technikbereich, sehr gut voran, der Lesefluss war definitiv gegeben und auch von den Kulissen hatte ich weitestgehend bildhafte Vorstellungen. Brian Deatt setzt manchmal auf ein wenig „seltsame“ Bezeichnungen; so wurden Personen beispielsweise immer mal wieder als „der/die Angesprochene“ erwähnt – das war für mich zwar ungewohnt, aber irgendwie doch abwechslungsreich. Erzählt wird übrigens stets aus der dritten Person, sodass der Leser der allwissende Erzähler ist und von den Protagonisten immer als er/sie liest. Das fand ich hier sehr passend. Ebenso passend war für mich die Sprache, die gerade bei Mike und Alexandra’s Handlungsstrang, manchmal sehr derb ausfiel. Ein Blatt wurde jedenfalls nicht vor den Mund genommen und die ungefilterten Informationen drangen mit aller Wucht durch die Zeilen durch. Fand ich klasse!
Wie man jetzt schon deutlich merkt, bin ich sehr zwiegespalten, was dieses Buch betrifft. „Mind Watch“ konnte mich auf der einen Seite komplett mitreißen und begeistern! Sogar einige überraschende Wendungen konnte ich entdecken. Leider aber gab es auch ein paar Punkte, die mich einfach eher enttäuscht zurücklassen, wie zum Beispiel der ins Leere gelaufene Handlungsstrang oder die fehlende Bindung zu den Figuren. Trotzdem kann ich dieses Buch allen SciFi,- und/oder Fantasylesern absolut ans Herz legen. Es ist eine spannende Geschichte mit einer sehr authentischen Thematik, die definitiv zum Grüblen und nachdenken animiert. Ich habe mich letztlich für folgende Bewertung entschieden, weil sich positives wie negatives die Waage halten.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne bei Brian Deatt bedanken: dafür alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen. Ein weiterer Dank gilt dem Autor, der mir das Buch nicht nur ans Herz gelegt hat, sondern es mir auch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.