||» Rezension «|| Stille blutet [von Ursula Pozanski]

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16. Oktober 2022 1 Von Patchis Books
STILLE BLUTET
Ursula Poznanski
Thriller
Band 1 von ?
Mordgruppe – Reihe
400 Seiten
01. September 2022
Knaur Verlag
Paperback
16,99€
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#werbung #rezensionsexemplar

Nachrichtensprecherin kündigt ihre eigene Ermordung öffentlich an!
Bestseller-Autorin Ursula Poznanski sorgt in ihrem Thriller »Stille blutet« mit einer bizarren Mord-Serie für Gänsehaut – und eine geheimnisvolle Erzähler-Figur treibt ihr ganz eigenes Spiel mit den Leser*innen.

Wenige Worte machen die aufstrebende Wiener Nachrichtensprecherin Nadine Just über Nacht berühmt: Vor laufender Kamera kündigt sie ihre Ermordung an – zwei Stunden später ist sie tot! Ebenso ergeht es dem Blogger Gunther Marzik nach einer ganz ähnlich lautenden Ankündigung. Während die österreichische Medienwelt kopfsteht, trendet der Hashtag #inkürzetot, Nachahmer-Beiträge und Memes fluten das Netz. Wie soll die junge Ermittlerin Fina Plank im fünfköpfigen Team der Wiener »Mordgruppe« zwischen einer echten Spur, einem schlechten Scherz oder schlichtem Fake unterscheiden? Schließlich rückt Nadines Ex-Freund Tibor Glaser ins Zentrum von Finas Ermittlungen, ein aalglatter Werbefachmann und Weiberheld, der verzweifelt seine Unschuld beteuert.

Während sich die Schlinge um Tibors Hals langsam zuzieht, beobachtet von allen unbemerkt ein weiterer Spieler mit Interesse das Geschehen – und bereitet einen raffinierten Schachzug vor …

(c) by Knaur Verlag

Ursula Poznanski hat sich bereits vor Jahren mit ihren Jugendthrillern in mein Herz geschrieben. „Erebos“ zum Beispiel war ein absolutes Jahreshighlight für mich – ebenso wie „Saeculum“. Doch auch ihre Erwachsenenthriller begeisterten mich durch die Bank weg. Und obwohl ich sonst grundsätzlich ein Auge darauf habe, was meine Top Autoren so veröffentlichen, ist „Stille blutet“ zunächst erstmal komplett an mir vorbeigegangen. Zum Glück gibt’s den Knaur Verlag, der mir das Buch [sogar signiert … *kreisch*] als Ü-Post zugeschickt hat. Ein riesengroßes Dankeschön dieser Stelle; meine Freude hätte kaum größer sein können. Nun spanne ich euch aber nicht länger auf die Folter, sondern verrate euch endlich, ob mich die Autorin auch mit ihrem neuesten Werk wieder begeistern konnte, oder ob mir die anderen doch eine Nuance besser gefallen haben. Falls ihr also neugierig seid, dann bleibt jetzt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension. ♥

In „Stille blutet“ geht’s für uns Leser mal wieder nach Wien. Ein Schauplatz, den ich fiktiv bereits mehrfach besuchen durfte – vor allem in Büchern von Ursula Poznanski. Und genau so, wie ich es von ihr gewohnt bin, hat sie es auch hier wieder geschafft, das Setting unheimlich greifbar darzustellen und mir das Gefühl zu vermitteln, dass ich selbst durch die Gassen der österreichischen Hauptstadt spazierte. Obwohl „spazieren“ sicher das falsche Wort ist, wenn es um einen Thriller geht. Viel mehr hetzte, fuhr und schlich ich durch die Straßen. Denn das ist es, was das Buch ausmacht: stetige Spannung, rasantes Tempo und eine ganze Menge Undurchsichtigkeit. Aber fangen wir vorn an:
Der Einstieg gestaltete sich als extrem leicht. Und das lag vor allem daran, dass es im Grunde gar keinen richtigen Einstieg gab. Wir werden umgehend ins Geschehen geworfen und nur unmittelbar nach den ersten Zeilen, taucht bereits die erste Leiche auf und es geht direkt los mit den Ermittlungen. Und die gestalteten sich als nicht ganz so leicht, wie der Sprung in die Geschichte. Gemeinsam mit der Mordgruppe der Wiener Polizei versuchte ich beinah krampfhaft zu entschlüsseln, wer es da auf die bekannte Fernsehmoderatorin abgesehen, und wer um Himmels Willen ein glaubhaftes Motiv hatte.Gefühlt hätte es jeder sein können, aber schnell gerät Tibor, der Ex-Freund der Toten, ins Visier vom Leser – und von der Polizei. Er hat von Poznanski sogar eine eigene Perspektive innerhalb des Buches verpasst bekommen, sodass es uns ermöglicht wurde, auch seine Sicht der Dinge zu erfahren. Aber sein wasserdichtes Alibi steht der großen Auflösung schlicht im Weg. Er konnte es nicht gewesen sein, oder? Also ging’s weiter mit der Rätselraterei. Die Autorin baut zahlreiche kleine Wendungen ein; lenkt den Verdacht vom einen zum anderen und wieder zurück und über kurz oder lang war’s einfach kaum noch möglich, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden. Und das bereitete größtmögliches Lesevergnügen. Selten konnte ich innerhalb eines Thrillers so viele wilde Theorien aufstellen, wie hier. Ich hatte zig Ideen im Kopf, wie es wirklich abgelaufen sein könnte. Vermutungen, Gedankengänge und mögliche Ausgänge überschlugen sich regelrecht in meinem Kopf und lieferten sich einen erbitterten Kampf um die Oberhand. Und immer, wenn man glaubte, nun endlich alles durchschaut zu haben, gab’s das nächste Puzzleteilchen , das alles wieder durcheinanderwirbelte. Stück für Stück, und doch ohne nennenswerte Fortschritte in Bezug auf den Täter marschieren wir durch dieses Buch – begleiten nicht nur einen Verdächtigen, sondern auch eine Polizistin und eine weitere, unbekannte Sicht. Wo sollte das alles nur hinführen? Irgendwann fragte ich mich also nicht mehr, wer der Täter sein könnte, sondern eher, ob der Fall überhaupt jemals gelöst werden wird, bei all den Ungereimtheiten.
Besonders gut gefiel mir auch die erwähnte Polizei-Perspektive, die wohl den größten Raum innerhalb des Buches einnahm. Fina Plank als Protagonistin liefert viel mehr, als nur einen tieferen Einblick in die Polizei-Arbeit. Sie ist es auch, die die Menschlichkeit ins Spiel bringt und damit auch die privatere Ebene bedient. Mir gefiel, wie Ursula Poznanski mit den Emotionen vom Leser jonglierte und wie sie damit auch Tiefgang einwob. Hier geht’s längst nicht nur um Mord und Totschlag, sondern auch um menschliches Miteinander, was wiederum ganz andere Probleme aufwarf und am Ende sogar gewisse Messages aussandte. Und diese Mischung machte den Thriller erst so richtig perfekt.
Gen Ende spitzte sich die Lage, in der sich die Ermittler – und Tibor – befanden, immer mehr zu. Zum Teil war dies wohl dem eher weniger nachvollziehbaren Verhalten des Werbemanns geschuldet; der sich aufgrund Unbedachtheit immer wieder in recht ungeschickte Lagen manövrierte; andererseits auch der Polizei, die das offensichtliche nicht immer sofort erkannte. Beides trieb aber die Spannungsbogen massiv in die Höhe und ließ das große Finale dieses Auftakts in einem echten Feuerwerk an Action, Rasanz und Spannung gipfeln. Was für ein Schlusspart. Was für eine Auflösung. Die losen Enden der Fäden griffen perfekt ineinander; ergaben ein großes Ganzes und ließen mich stellenweise mit offenem Mund innehalten, um das, was hier geschah, kurz zu verarbeiten. Und obwohl es so viel zu entdecken gab, auf den letzten Seiten, blieben da immer noch ein paar Fragen offen – ungeklärt – und genau die es dann, die die Lust auf Band 2 der „Mordgruppe-Reihe“ so richtig anfachen.

Die Charaktere, die hier ins Rennen geschickt wurden, sind allesamt unheimlich gut durchdacht und ausgeklügelt. Jeder bietet zahlreiche Facetten, die sich nach und nach zeigen und damit einem jeden eine gewisse Undurchsichtigkeit verleihen. Dem Leser wird es alles andere als leicht gemacht, die Wahrheit von der Lüge zu unterscheiden und zu erkennen, was wirklich Tatsache, und was Schauspiel ist. Aber nicht nur die undurchsichtigen wissen zu überzeugen; auch auch die, bei denen von Anfang an klar ist, dass sie auf der guten Seite stehen. Wie zum Beispiel Fina. Fina Plank ist die Hauptermittlerin, gemeinsam mit ihrem Partner Oliver. Und die beiden zu begleiten, ist ein echtes Wechselbad der Gefühle. Während einem Fina direkt sympathisch ist, ist Oliver einer der Menschen, die es auf der Erde echt nicht braucht. Aufgeblasen, arrogant und dermaßen respektlos, dass es einem beinah körperlich weh tut, wenn man ihn über einen längeren Zeitraum begleiten muss. Dafür macht Fina wieder einiges wett. Und sie ist es auch, die die menschliche Ebene bedient. Wir erfahren unheimlich viel über die junge Polizistin, die neu in der Mordgruppe ist und sich als einzige Frau einiges gefallen lassen muss. Aber die kämpft sich durch, leistet großartige Arbeit, durchdenkt die Sache oft aus zahlreichen Blickwinkeln und ist einfach eine unheimlich starke Persönlichkeit, die aber nicht davor gefeit ist, zu zweifeln, sich zu ängstigen und anzuecken. Sie ist nicht perfekt, verliert sich manchmal in Gedankenspiralen und kaut private Sorgen wieder und wieder durch – aber genau das macht sie so realistisch, so authentisch, so greifbar und lebendig. Ich hätte mir keine bessere Besetzung für diesen Posten als Protagonistin vorstellen können, eben weil Fina neben ihrem Job eben auch nur ein Mensch ist, Gefühle hat und manchmal überfordert ist.
Außerdem dürfen wir, wie schon erwähnt, auch einen der Hauptverdächtigen kennenlernen. Und zwar ganz schön eingehend. Tibor Glaser ist nicht nur der Ex-Freund von der Toten, sondern eben auch der vermeindliche Täter. Aber je länger wir Tibor begleiten, umso mehr geraten wir ins zweifeln. Kann ein solcher Mann, der im Grunde seines Herzens wirklich sympathisch ist und das Herz am rechten Fleck trägt, wirklich zu eine Tat begehen? Man weiß es nicht. Man weiß es weder am Anfang, noch im weiteren Verlauf und genau das brachte Spannung. Tibor war eins der tragenden Elemente, was den Spannungsbogen betraf und liefert eine ganze Menge Raum für Spekulationen. Ich persönlich traute ihn den Mord nicht zu – aber lag ich damit wirklich richtig? Dazu kam, dass sein Auftreten längst nicht immer angenehm war. Er hatte gewisse arrogante Züge und seine Entscheidungen, Handlungen und Gedankengänge waren längst nicht immer nachvollziehbar. Aber ich hielt ihn trotz dessen, dass er manchmal derart unbedacht und kopflos agierte, weiterhin für keinen schlechten Kerl. Natürlich sorgten genau diese Aktionen auch dafür, dass die Handlung überhaupt in Schwung blieb. Und das milderte meinen Ärger über Tibor doch ganz schön ab. Ohne ihn hätte das ganze Buch schlicht nicht funktioniert.
Ansonsten gab es natürlich noch einige weitere Beteiligte, die alle ihren Teil zum Geschehen beitrugen, wie zum Beispiel die anderen Mitglieder der Mordgruppe, Tibor’s Kollegen, Nadine’s Umfeld und andere Figuren. Und sie alle waren ausreichend detailliert dargestellt. Nicht so, dass es zu viel hätte werden können – und auch nicht so, dass sie blasse Schemen blieben. Aber genau das war auch der Nervenkitzel, in gewisser Weise: jeder rückte mal ins Visier der eigenen Ermittlungen. Könnte nicht derjenige etwas damit zu tun haben? Vielleicht haben X und Y zusammengearbeitet? Oder der! Der hat doch garantiert auch was zu verbergen. Und so bereitete auch das Begleiten von eher nebensächlichen Charakteren eine Menge Spaß und bot einiges an Miträsel-Potential.

Der Schreibstil von Ursula Poznanski rundete diesen Thriller mal wieder perfekt ab. Nicht nur, dass sie es schafft, jede einzelne Figur und jedes Setting zum Leben zu erwecken; sie schreibt auch unheimlich flüssig, verständlich und atmosphärisch. Alle Parts; sowohl die aus Polizei-Sicht, als auch die Kapitel, in denen Tibor im Fokus steht, sind enorm realistisch gehalten und boten trotz recht wenigen Beschreibungen eine authentische Stimmung. Man sah sich selbst im Polizeipräsidium sitzen; merkt aber auch die Anspannung, die während Tibor’s Sicht herrscht und so brachte sie, zusätzlich zum ohnehin facettenreichen Geschehen, auch dadurch nochmal Abwechslung ins Spiel, sodass jede Form von Eintönigkeit, oder gar Langeweile, keine Chance hatte, an die Oberfläche zu treten. So muss man einen Thriller erzählen: kurzweilig, wendungsreich und rasant! Immer wieder neue Richtungen; immer wieder neue Puzzleteile, die einem hingeworfen werden, immer wieder neue Erkenntnisse, die einen sprachlos machen. Für mich: grandios gelöst – aber ich hab auch nichts anderes von der Autorin erwartet.
„Stille blutet“ von Ursula Poznanski ist ein mehr als gelungener Einstieg in eine vielversprechende neue Thrillerreihe. Undurchsichtigkeit, Rasanz, Action und ein enorm hohes Miträtsel-Potential machen das Werk zu einem echten Pageturner und liefern gleichzeitig auch noch größtmögliches Lesevergnügen. Bis zuletzt führte mich die Autorin auf immer wieder wechselnde Fährten, und eines hatten sie alle gemeinsam: sie hätten nicht falscher sein können. Ausgeklügelte, vielschichtige und interessante Figuren tun ebenfalls alles dafür, dass dieser Thriller einen von den Füßen fegt. Besonders gut gefiel mir hier, dass nicht jeder durch Sympathie glänzt, und doch spannend genug ausgearbeitet wurde, um dennoch zu überzeugen. Wer gern Thriller liest, bei denen man selbst auch viel Mitraten und Mitermitteln kann; der wird hier fündig! Fürs Highlight fehlte mir noch eine kleine Spur Wow-Effekt, aber wer weiß… vllt. kommt das dann in Band 2? Ich freu mich jedenfalls riesig darauf!

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Ursula Poznanski lebt mit ihrer Familie in Wien. Die ehemalige Medizinjournalistin ist eine der erfolgreichsten Autorinnen deutscher Sprache: Mit ihren Jugendbüchern steht sie Jahr für Jahr ganz oben auf den Bestsellerlisten, ihre Thriller für Erwachsene erfreuen sich ebenso großer Beliebtheit.

(c) by Knaur Verlag

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne beim Knaur Verlag bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen.