||» Rezension «|| Jeder deiner Atemzüge [von Alexandra Fischer]

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6. Juni 2021 0 Von Patchis Books
JEDER DEINER ATEMZÜGE
Alexandra Fischer
Young Adult
Einzelband
438 Seiten
26. März 2021
Books on Demand
Paperback
14,90€
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#werbung #rezensionsexemplar


Sommer 2004: Nachdem ihre ältere Schwester Tara spurlos verschwunden ist, verbringt Allie den Sommer bei ihren Großeltern auf Kauai. Dort trifft sie Kale, einen merkwürdigen Jungen, dem das Meer wichtiger ist als alles andere. Allie, die Wasser nicht besonders mag, kann zunächst nicht viel mit Kale anfangen, doch sie spürt eine Verbindung zu ihm, die sie nicht mehr loslässt und die sie von den Problemen in ihrer Familie ablenkt. In den darauffolgenden Sommern kehrt Allie immer wieder nach Kauai zurück und die zarten Gefühle der beiden entwickeln sich zu etwas Großem. Alles könnte perfekt sein, wäre da nicht das Meer, das Kale als Apnoetaucher zu bezwingen versucht. Schon bald muss Allie erkennen, dass das Leben an Kales Seite ein ständiger Kampf gegen die unendliche Tiefe ist, die ihn immer mehr herausfordert, und gegen die sie zu verlieren scheint. Wird sie Kale am Ende aufgeben oder wird es ihr gelingen, ihn zu halten?

(c) by Alexandra Fischer

Nachdem mich die Autorin schon vor knapp 2 Jahren mit „Meine Sterne in deiner Nacht“ [» hier « geht’s zur entsprechenden Rezension] komplett begeistert hat, war ich doch sehr neugierig auf ihr neuestes Werk. Freundlicherweise hat mir Alexandra Fischer ein Exemplar für Rezensionszwecke zur Verfügung gestellt – vielen Dank an dieser Stelle. ♥ Ich hab mich auf ein emotionales Auf und Ab gefreut, auf eine traumhafte Kulisse und einzigartiges Flair. Heute kann ich euch endlich verraten, ob ich genau das bekam, ob ich überrascht wurde oder ob da doch die Enttäuschung überwiegt. Falls ihr also neugierig seid, bleibt jetzt gerne dran. Viel Spaß bei der Rezension ♥

Wir starten im Jahre 2004 in diesen Young Adult Roman und lernen Allie mit zarten 12 Jahren kennen. Ich bin zunächst erstmal davon ausgegangen, dies wäre nur ein kurzer Rückblick in die Vergangenheit der Hauptfiguren, allerdings ist dem nicht so – die Geschichte erstreckt sich über mehrere Jahre, sodass wir die Entwicklung von den Charakteren sehr genau verfolgen dürfen. Allie, aber auch Kale reifen mit der Zeit zu Teenies, und schlussendlich zu reifen Erwachsenen heran. Die riesige Zeitspanne vermittelt eine gewisse Nähe zu den beiden, allerdings komme ich nicht drum herum, auch anzumerken, dass ich weder zu Allie noch zu Kale einen richtigen Draht finden konnte. Allie war ein zuckersüßes Kind, das bereits einige Last auf ihren Schultern zu tragen hatte. Zu dem Zeitpunkt war sie mir auch noch irrsinnig sympathisch und ich freute mich daran, ihre Geschichte zu erfahren. Doch im Laufe der Zeit entwickelte sich eine immer größere Distanz zwischen uns. Ich hab den Zugang zu ihr verloren; wohl nicht zuletzt auch deswegen, weil sie sehr fragwürdige Entscheidungen traf und immer weniger nachvollziehbar wirkte. Ich verstand so vieles nicht, was sie dachte oder tat und wollte sie mehr als nur einmal kräftig schütteln. Man bedenke, sie verliebt sich mit 12 in einem Jungen, den sie allerhöchstens 1x im Jahr sieht; lässt sich aber überhaupt nicht einreden, dass die ganze Sache zwischen ihr und ihm vielleicht nicht das Richtige ist. Ich hätte mir auch mal Zweifel gewünscht, Ängste .. aber stattdessen rennt sie mit ihrer rosaroten Brille durchs Leben, verpasst quasi alles, was die Jugend ausmacht und muss sich dann auch noch echt fragwürdig von Kale behandeln lassen. Diese junge Frau hätte viel mehr Rückgrat gebraucht, um so richtig authentisch auf mich zu wirken; viel mehr Selbstbewusstsein und Stärke.. aber das hatte sie nicht und ich verzweifelte von Seite zu Seite mehr daran, zu hoffen, dass sie doch noch den richtigen Weg einschlug. Die Sympathie ging so natürlich immer mehr verloren und ich konnte mich auch schon recht früh nicht mehr mit ihr identifizieren. Viel zu nachgiebig und lasch, zu vertrauensvoll und zu wenig skeptisch – das war Allie. Ein Teenager, der stinkwütend werden konnte, aber nicht den Mut besaß, den eigenen Standpunkt zu vertreten.
Mit Kale verhielt es sich recht ähnlich. Anfangs war er noch wirklich liebenswert, mit seinem schlaksigen Auftreten und dem Talent, einen zum Lachen zu bringen. Allein die Sache mit den Friendly Floatees rührte mich beinah zu Tränen. Doch anstatt zu einem verantwortungsvollen Mann heranzuwachsen, entwickelte er eine Obsession, die sich nicht anders als als krankhaft bezeichnen lässt. Ich kenne mich ehrlich gesagt null in der Apnoetaucher-Szene aus, aber für mich grenzte es an Wahnsinn, mit wie viel Lässigkeit Kale sein Leben aufs Spiel setzt. Geradezu blind rennt er in sein Verderben und macht im selben Zuge Allie auch noch todunglücklich. Ich nahm ihm seine Leidenschaft fürs Tauchen problemlos ab; daran lag es nicht – aber seine Gefühle wirkten schlicht und einfach gestellt. Niemals – ich wiederhole: niemals würde ein Mann, der eine Frau aufrichtig liebt, sich so benehmen, wie Kale es getan hat. Er wehrte alles ab, belächelte, was Allie fühlte und nahm sie nur in den seltensten Fällen ernst. Außer beim Sex.. da war sie gut genug.
Es tut mir ehrlich leid, aber mit Allie und Kale konnte ich, menschlich betrachtet, überhaupt nichts anfangen. Auch die Randfiguren überzeugen nicht, außer Kale’s Vater und Allie’s Großeltern – die waren wirklich authentisch, ganz typische Hawaiianer und ein echter Segen für das Buch. Aber allein wenn ich an Allie’s Eltern denke, dreht sich mir der Magen um. Mag sein, dass genau das die Intension der Autorin war, aber mir gingen diese zwei Menschen unbeschreiblich auf die Nerven. Ansonsten dreht sich vieles eben um die Freediver-Szene, in der wir auch ein paar Gesichter kennenlernen durften. Und sie alle waren ausreichend detaillreich und tiefgründig ausgearbeitet, um sie sich vor Augen zu führen. Besonders Elah und Timmi schloss ich schlussendlich doch tief ins Herz, sodass ich immer gern an sie zurückdenken werde.

Der Schreibstil von Alexandra Fischer hatte mich schon bei ihrem letzten Buch komplett gecatcht – und auch „Jeder deiner Atemzüge“ ließ sich wieder wunderbar leicht, schnell und flüssig lesen. Besonders hervorheben möchte ich die Ausarbeitung des Settings. Ich hab mich Hals über Kopf in Kauai verliebt und vermisse die hawaiianische Insel mitsamt den Bewohnern und der Kultur schon jetzt schmerzlich. Ich konnte die mir einzelnen Szenen glasklar vor Augen führen und meinte an manch einer Stelle sogar, die heißen Temperaturen am eigenen Leib fühlen zu können. Die Palmen, das Meer, der Sand unter den Füßen; das alles hat die Autorin extrem lebendig eingefangen und wiedergegeben. Leider aber packte sie mich nicht mit den Emotionen. Das ganze Zusammenspiel aus Distanz zu den Figuren, zu großen und vor allem zu vielen Zeitsprüngen und die kaum vorhandene Nachvollziehbarkeit der Protagonistin haben mir die Gefühle schlicht verdorben. Ich hätte mir gewünscht, dass wieder der selbe Wohlfühl-Charakter erzeugt wird, doch im Endeffekt hatte ich viel mehr damit zu tun, mich über Allie zu ärgern. Dazu trug sicherlich auch bei, dass wir die gesamte Geschichte rein aus ihrer Sicht erfahren; Kale hat keine eigenen Kapitel erhalten. Das hätte zwar die Spannung etwas nach oben treiben können, doch leider erzeugte es nicht den gewünschten Effekt.

Die Idee hinter „Jeder deiner Atemzüge“ ist einzigartig; das verrät ja auch der Klappentext schon. Diese Young Adult Geschichte ist so fern ab von allem bekannten, dass es zunächst eine herrliche Erfrischung war, Allie und Kale zu begleiten. Das Setting, die Probleme, denen sich die beiden gegenüber sehen, das Flair.. das alles spielte der Handlung massiv in die Karten. Ich war ja allein schon bei den ersten Schritten auf Kauai verzaubert. Als dann auch noch der Umweltschutz und das Apnoe-Tauchen ins Spiel kam, dachte ich: ja wohl! Das wird großartig! Aber nein. Zu früh gefreut. Fangen wir mal vorn an:
Ich hatte euch oben schon verraten, dass ich zunächst annahm, dass diese ersten Kapitel lediglich als Rückblicke fungierten. Wir lernen, wie ebenfalls schon thematisiert, die Figuren im zarten Alter von gerade mal 12 Jahren kennen, und begleiten sie, bis sie erwachsen sind. Das ist ein unglaublich langwieriger Prozess, der eine Menge Zeit braucht, um sich richtig zu entfalten. Tut er aber nicht, weil die Zeitsprünge zu weitreichend sind. Trotzdem fühlte ich mich zu Beginn noch extrem wohl zwischen den Seiten und neben den Protagonisten. Schon während den ersten Zeiilen rührte mich das Geschehen zu Tränen, weil so viel Emotion in dieser einen Szene steckte. Das allein machte mir Mut und Hoffnung, dass es sich bei diesem Roman wieder um eine Achterbahnfahrt der Gefühle handeln würde. Aber zu Früh gefreut. Die Zeitsprünge ruinierten für mich jede Form von Fluss. Sie rissen mich immerzu aus dem Geschehen raus und dann 1-2 Jahre später wieder einzusteigen, fiel mir brutal schwer.Die ganze Gliederung war für mich ein Rätsel, denn die jeweiligen Kapitelüberschriften verrieten für meinen Geschmack zu viel. Ich bin mir inzwischen sicher, dass es klüger gewesen wäre, die Jahre als Rückblicke während der Gegenwart einzubauen – so hätte es Abwechslung gegeben und weniger Leerlauf. Die stetigen Sprünge tun der Handlung schlicht nicht gut, weil in der Zwischenzeit gefühlt nichts passiert. Aber das Leben geht weiter für Allie und Kale, auch wenn sie mal nicht beisammen sind. Das fehlte mir. Allie nahm so unbeschreiblich viel auf sich, und verhielt sich einfach nicht glaubhaft und authentisch für einen Teenager.
Was ich aber anmerken möchte: hinter diesem Buch muss eine unvorstellbare Arbeit stecken. Allein, was es an Recherche bedurfte für die Freediver-Szene, will ich mir nicht einmal ansatzweise vorstellen. Alexandra Fischer hat sich unbeschreiblich viel Mühe gegeben, diesen ungewöhnlichen Sport auszuarbeiten und möglichst ergreifend und packend darzustellen. Und das hat sie auch geschafft. Die ganzen Wettbewerbe, die Fakten drum herum – die körperliche Anstrengung und die Gefahr, die davon ausgeht – das alles war ganz nah an der Perfektion. Aber auch wenn ich diesen Aspekt sehr gern verfolgt habe, war es mir über kurz oder lang zu viel. Kale’s Obsession, seine Sucht war beinah krankhaft. Dazu hatte es schon fast etwas von Ratgeber oder Sachbuch, und nicht mehr von emotionaler Liebesgeschichte. Kale versteift sich komplett auf seine große Leidenschaft, und ich nahm ihm seine Gefühle für Allie eben irgendwann nicht mehr ab. Wie auch, wenn er sie so behandelt? Es war für mich nicht nachvollziehbar, wie man sich mit Haut und Haaren diesem lebensgefährlichen Sport widmen kann, ohne Rücksicht darauf, was das Umfeld davon hält. Versteht mich nicht falsch, natürlich gibt es sicher tausende Menschen da draußen, die eben diesen Nervenkitzel lieben, und das ist okay – das sollen sie tun! Ich gönne es jedem und keiner muss Rücksicht auf andere nehmen. Aber in dem Buch nahm es mir einen zu großen Stellenwert ein und verdrängte die Lovestory.
Gen Ende wurde es dann doch noch recht dramatisch, auch wenn ich das bereits kommen sah. Es war wenig überraschend, aber trotzdem extrem packend insziniert. Ich bin jetzt rückblickend froh, dass mir das letzte Viertel doch nochmal etwas besser gefiel; wohl auch, weil die Zeitsprünge endeten und wir uns dann in der lang ersehnten Gegenwart befanden. Nicht mehr an der Seite von Kindern oder von naiven Teenagern, sondern von erwachsenen Menschen, die Verantwortung übernehmen, für sich einstehen und ihren Standpunkt vertreten, anstatt sich klein zu machen. Schlussendlich konnte das Ende aber nicht mehr über das bisher geschehene hinwegtäuschen. Es war ein rundes, zufriedenstellendes und emotionales Finale des Romans, stimmig. Die offenen Fragen wurden beantwortet und alles fand dann am Ende doch dahin, wo es hingehörte.

 

„Jeder deiner Atemzüge“ von Alexandra Fischer ist ein Buch, von dem ich mir einfach viel mehr versprochen hatte. Der Zugang zu den Figuren war am Anfang zwar da, weil sie süße Kids waren, als wir sie kennenlernen, erlosch aber recht schnell. Ich konnte weder Allie noch Kale wirklich nachvollziehen und fand sie in ihrem Tun und Handeln oft einfach nervig, naiv und nicht glaubhaft. Dazu diese vielen Zeitsprünge, die oft mehrere Jahre der einzelnen Leben der Protagonisten verschlucken. Ich habe den Stil sowie das Setting abgöttisch geliebt, aber es scheiterte an gleich mehreren Punkten. Vielleicht auch ein bisschen an den spoilernden Überschriften, die einem so viel vorweg nehmen. Schade. Es war ganz nett; weckt Fernweh nach Hawaii; bringt uns die Kultur der Hawaiianer näher und gewährt sehr tiefe Einblicke in die Welt des Apnoetauchens, aber überzeugt, in Sachen Unterhaltung, für mich, trotz milde stimmigem Ende, nicht.

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Alexandra Fischer wurde in den wilden Siebzigern im schönen München geboren. Während ihre Freundinnen mit Puppen spielten, schrieb sie Geschichten, und das auch gerne mal mit Filzstift auf eines ihrer Kleidungsstücke. Nach ihrem Jurastudium ging sie in die Wirtschaft und arbeitete zehn Jahre für ein deutsches IT-Unternehmen. Leider ließ ihr der Job kaum Zeit zum Schreiben und deshalb fasste sie eines Tages den Entschluss, sich selbstständig zu machen und ihr Leben wieder den Buchstaben zu widmen. Seitdem arbeitet sie als Texterin und schreibt in ihrer Freizeit zwischen all ihren Tieren historische Romane, Jugendbücher sowie Dark Romance unter dem Pseudonym Bonnie Sharp.

(c) by Alexandra Fischer

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Rezension meiner ganz persönlichen Meinung entspricht und bei jedem Leser anders ausfallen kann. Außerdem möchte ich mich gerne bei Alexandra Fischer bedanken: für alle Bilder und Klappentexte sowie Zitate benutzen zu dürfen. Sowie natürlich auch für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.